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Jahresbericht für 2024

30. Bericht des Bürgerbeauftragten für 2024

30. Bericht des Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (PetBüG M-V) für das Jahr 2024

Der Jahresbericht ist öffentlich und erscheint als Drucksache des Landtages, aber auch eigenständig als Broschüre mit zusätzlichen Dokumenten.

Inhalt

  • Vorwort
  • A. Überblick zur Arbeit im Jahr 2024
    1. Aufgabenstellung, Zahlen und Fakten
    2. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
  • B. Arbeit des Bürgerbeauftragten, dargestellt nach Aufgabengebieten
    1. Inneres, Bau und Digitalisierung; Tätigkeit zur Landespolizei
      • a) Inneres, Bau und Digitalisierung
        • Wahlrecht auch für Betreute
        • Ausreichender Versicherungsschutz für Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter?
        • Führerscheinumtausch nicht möglich
        • Schließung von Postfilialen
        • Bestandsschutz im Straßenbau
        • Probleme bei der Straßenentwässerung
        • Nichtvermietung eines Gemeinderaumes
        • Zweitwohnungssteuer für Kleingartenlaube
        • Zweitwohnungssteuer für Gartenhaus
        • Wohngeld falsch berechnet
        • Entgegenkommendes kommunales Breitbandunternehmen
        • Falsche Information durch das Ordnungsamt
        • Rettungsfahrzeuge parken Behindertenparkplätze zu
        • Mangelhafte Reaktion des Ordnungsamtes nach Hundeangriff
        • Bauangelegenheiten
        • Dauerwohnen in Bungalowsiedlung
        • Dauerwohnen in Ferienhaussiedlung
        • Hauptwohnsitz auf Campingplatz
        • Trotz Baugenehmigung kein Bauen möglich
      • b) Eingaben von Polizeibeschäftigten an den Polizeibeauftragten
        • Polizeiliches Schießen und Schießstätten der Polizei
        • Dauer disziplinarrechtlicher Ermittlungen in der Landespolizei
        • Führung in der Polizei
        • Beschäftigung eines Polizeibeamten nach dem Eintritt in den Ruhestand
        • Polizeiliche Dienstplanung mit der Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit
      • c) Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern zur Tätigkeit der Landespolizei
        • Vorsorgevollmacht und polizeiliche Anzeigenaufnahme
        • Umgang mit psychisch beeinträchtigten Menschen durch Polizei und Justiz
        • Wenn die Polizei nicht kommt …
        • Einziehung Mobiltelefon
    2. Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz
      • Überlange Verfahrensdauer bei den Gerichten
      • Mehr Transparenz im Stiftungswesen
      • Endlich Besuche bei den Eltern (Fortsetzung aus dem Jahr 2019)
      • Löschung einer Eintragung im Bundeszentralregister
      • Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht per Fax erreichbar
    3. Finanzen
      • Höhere Grundsteuer für Ehrliche?
      • Falscher Bodenrichtwert
      • Doppelt hält nicht immer besser
      • Erbe verpflichtet
      • Kindergeld
    4. Wirtschaft, Infrastruktur, Energie, Tourismus und Arbeit
      • Rückforderung von Corona-Hilfen
      • Schäden durch Straßenbaumaßnahme
      • Schwimmen lernen ohne Schwimmhallen?
    5. Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt
      • Laubentsorgung
      • Fällung von Bäumen – Naturschutz in Zeiten des Klimawandels
      • Lärmbelästigung durch mehrtägige Veranstaltungen
      • Verschrottung eines Gaststättenschiffs
      • Pflanzenabfalllandesverordnung
    6. Bildung und Kindertagesförderung
      • Schlechte Beratung für Lehrerin bei der Rückkehr nach M-V
      • Fahrtkostenerstattung für Auszubildende
      • Persönliches Verhalten einer Lehrkraft gegenüber Schulkind
      • Sprachniveau beim „Abitur für Nichtschüler“
      • Schulflucht trotz Schulpflicht
      • Der vergessene Schuleinzugsbereich
      • Erneut Rechtsfehler bei Schülerbeförderung für Kinder mit Behinderung
    7. Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten
      • Härtefallfonds für politische Häftlinge in der DDR (Fortsetzung aus dem Vorjahr)
      • Jagdschloss Granitz mit Barrieren
      • Musikschulförderung nach Urteil zur Scheinselbständigkeit
      • Halbes Dorf unter Denkmalschutz
      • Historischer Treppenaufstieg – „Fridolin-Wanderung“
    8. Soziales, Gesundheit und Sport
      • a) Kinder- und Jugendhilfe
        • Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII
        • Hilfe zur Erziehung, Medikamentengabe für ein Pflegekind
      • b) Arbeitsförderung SGB III
      • c) Grundsicherung für Arbeitsuchende
        • Dauerbrenner: Fehlende Eingangsbestätigung
        • Meldeversäumnisse
        • Kabelfernsehgebühren ab Juli 2024
      • d) Sozialhilfe
        • Grundsicherung und Kindergeld für ein volljähriges Kind
        • Leistungskürzung ohne Änderungsbescheid
        • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
        • Fahrtkosten zur integrativen Kindertagesstätte für Kind mit Behinderung
      • e) Gesetzliche Sozialversicherungen
        1. Gesetzliche Krankenversicherung
          • Beitragsschulden bei der Krankenkasse
          • Unzumutbarkeit der Weiterbehandlung beim bisherigen Zahnarzt
          • Nachzahlung von Krankengeld
          • Schnelle Hilfe bei Anträgen auf Stromkosten für Hilfsmittel
        2. Gesetzliche Rentenversicherung
        3. Gesetzliche Unfallversicherung
          • Anerkennung Berufskrankheit, berufliche Wiedereingliederung und Folgen von Long Covid
        4. Gesetzliche Pflegeversicherung
          • Umzugskosten als wohnumfeldverbessernde Maßnahme der Pflegekasse
      • f) Soziales Entschädigungsrecht
      • g) Wahrnehmung der Belange von Menschen mit Behinderungen
        • Petitionen von Menschen mit Behinderungen
        • Fehlende Plätze in besonderen Wohnformen
        • Hortbetreuung für Kinder mit einer Behinderung
        • Begleitung in der Kita oder Schule bei Diabetes, geänderte Rechtslage
        • Eingliederungshilfe SGB IX
        • Gebärdensprachdolmetscherin als Assistenz in der Schule
        • Anbieter von Integrationsassistenz droht mit Einstellung der Leistung
        • Lange Bearbeitungszeiten in der Eingliederungshilfe
        • Unterstellmöglichkeiten für E-Scooter
        • Zusätzliche Ampelschaltung für Rollstuhlfahrer
        • Behindertenparkplatz an einem Gerichtsgebäude
        • Verkehrsunternehmen bietet „Rollatortraining“ an
        • Merkzeichen aG
        • Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in Vergabeverfahren
    9. Was sonst so war
      • Zu lauter Bass bei der Einheitsfeier in Schwerin
      • Inobhutnahme und Übergabe eines Kindes an den leiblichen Vater
      • Motocrossbahn
      • Nutzungsordnung des FKK-Strandes
      • Festung Dömitz
      • Nur scheinbar öffentliche Wege
  • C. Zusammenarbeit mit anderen Ombudsinstitutionen
    • Petitionsausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern
    • Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
    • Arbeitsgemeinschaft der parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten

 

Zusammenhalt heißt nicht, dass alle einer Meinung sind. Zusammenhalt heißt, zu wissen, dass wir einander brauchen, auch wenn wir unterschiedlich sind. Dieses Wissen entsteht aus Erfahrung, aus Begegnung – und die müssen wir stärken.

(Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes)

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

ersten Jahr meiner Amtszeit habe ich vom segensreichen Wirken meines Vorgängers Matthias Crone profitiert. Das ihm entgegengebrachte Vertrauen habe ich in vielen Gesprächen und aus zahlreichen Eingaben ebenfalls erleben dürfen. Erneut – und wenig überraschend – lag der Schwerpunkt der Arbeit im sozialen Bereich. Besonders hier sind mein Team und ich gefordert: als Partner für unbürokratische Hilfe.

Mein Jahresbericht soll einen Überblick geben, welche Themen die Menschen in unserem Land beschäftigen. Er ist aber nicht nur Bilanz, sondern gibt auch Handlungsempfehlungen. Der Landtag hat folgerichtig die Beratung des Vorjahresberichts zum Anlass genommen, drei konkrete Forderungen an die Landesregierung zu formulieren (Beschluss vom 26.09.2024, Drs. 8/4140). Auch zum vorliegenden Bericht erwarte ich eine intensive Diskussion. Das wünsche ich mir jedenfalls für die Beratungen in den Ausschüssen des Landtags ebenso wie für meine weiteren Gespräche im Land.

Meine Überzeugung ist, dass ein enger Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern die Grundvoraussetzung ist, um mehr Verständnis für die Entscheidungen von Politik und Verwaltung zu erreichen. Der Staat muss besser erklären. Dann sind die Menschen auch zu notwendigen Veränderungen bereit. Und durch mehr Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger kann der Staat auch seine Abläufe vereinfachen und auf die eine oder andere Regelung verzichten.

Damit würde auch der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssen wir ernst nehmen und ihnen nachgehen. Zu unterscheiden sind immer die Lebensumstände vor Ort und die große Sorge um die Zukunft. Dabei werden wir nie alle Sorgen nehmen können, aber jede und jeder von uns kann einen Teil dazu beitragen.

Bei aller Kritik im Einzelnen müssen wir immer auch darauf schauen, was unsere Gesellschaft ausmacht. Wir müssen denjenigen den Rücken stärken, die Verantwortung übernehmen und sich für das Gemeinwohl einsetzen: der ehrenamtlichen Bürgermeisterin ebenso wie den Vorständen der zahlreichen Vereine und Träger in den Bereichen Sport, Kultur, Heimat, Sozialberatung, Kleingärten, aber auch bei der Freiwilligen Feuerwehr oder dem Rettungsdienst. Unsere Demokratie lebt vom gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wo der Zusammenhalt als stark wahrgenommen wird, sind die Menschen auch zufriedener mit der Lebensqualität vor Ort und damit zugleich mit der Demokratie und den staatlichen Institutionen. 

Auf lokaler Ebene empfindet eine Mehrheit der Menschen ein „Wir-Gefühl“. Sie vertraut den Mitmenschen und der gegenseitigen Hilfsbereitschaft vor Ort. Dies gilt es entsprechend wertzuschätzen und auszuweiten. Denn: Alle Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft und sind bereit, etwas dafür zu tun. Aus voller Überzeugung verspreche ich, mich mit meinem Team weiterhin dabei einzubringen.

Dr. Christian Frenzel
Bürgerbeauftragter des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Schwerin, im März 2025

A. Überblick zur Arbeit im Jahr 2024

Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern regelt in Artikel 10 das Petitionsrecht. Danach hat jede und jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit Bitten oder Beschwerden an Behörden und an die Volksvertretung zu wenden. Ergänzend dazu ist das Amt des Bürgerbeauftragten in Artikel 36 der Landesverfassung verankert, den das Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz (PetBüG M‑V) von 1995 konkretisiert. 

Gemäß § 6 Absatz 1 PetBüG M-V ist es die Aufgabe des Bürgerbeauftragten,

  • die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren,
  • die Bürgerinnen und Bürger in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen sowie
  • insbesondere die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrzunehmen.

Mit diesem gesetzlichen Auftrag obliegt dem Bürgerbeauftragten nicht nur die Behandlung von Petitionen im klassischen Sinne. In sozialen Angelegenheiten und bei der Wahrnehmung der Belange von Menschen mit Behinderungen ist das Amt besonders auf Beratung und Unterstützung ausgerichtet. Seit Frühjahr 2021 nimmt der Bürgerbeauftragte zudem gemäß § 6 Absatz 5 PetBüG M‑V die besondere Aufgabe des Beauftragten für die Landespolizei wahr.

Im Jahr 2024 haben sich die Bürgerinnen und Bürger mit 1.728 Anliegen an den Bürgerbeauftragten gewandt. Dabei betrug der Anteil der Eingaben und Anfragen zu sozialen und sozialrechtlichen Themenbereichen 43 Prozent (739 Fälle). 

In der Regel erfolgte durch den Bürgerbeauftragten eine vertiefte Bearbeitung, beispielsweise durch Einholung ausführlicher Auskünfte bei den zuständigen Behörden, durch Prüfung der Sach- und Rechtslage und die Beratung der Bürgerinnen und Bürger. Einfache mündliche Anfragen und Auskünfte, die keinen größeren Bearbeitungsaufwand verursachten, wurden beim Petitionsaufkommen nicht mitgezählt, jedoch vereinfacht dokumentiert. 

Die Entwicklung des Petitionsaufkommens der letzten Jahre zeigt die folgende Übersicht:

Diagramm zur Petitionsentwicklung von 2013 bis 2024

Bei der Verteilung nach Sachthemen zeigten sich einige Verschiebungen in den Schwerpunkten. Während Anfragen zum Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende) und zu „besonderen sozialen Angelegenheiten“ erneut leicht rückläufig waren, stieg die Anzahl der Eingaben zu kommunalen Angelegenheiten, zum Polizei- und Ordnungsrecht und in Justizangelegenheiten an. In den anderen Bereichen bewegte sich das Petitionsaufkommen mit leichten Schwankungen auf dem Vorjahresniveau.

Übersicht der Verteilung der Petitionen nach Sachthemen
Themen: Jahre 2024 2023 2022
Sozialgesetzbuch (außer SGB IX) gesamt 439 460 478
darunter:      
SGB II 141 160 218
SGB V 37 36 37
SGB VIII 60 65 71
Besondere soziale Angelegenheiten, Gesundheit   159 222 282
Belange der Menschen mit Behinderung, insb. Sozialgesetzbuch IX   141 138 142
Kommunale Angelegenheiten   224 243 132
Wirtschaft, Arbeit, Fördermittel, Verkehr   150 176 145
Schule, Ausbildung, Kultur, Denkmalschutz   117 86 84
Baurecht, Landesplanung   76 71 99
Umwelt- und Naturschutz   88 83 79
Steuern und Abgaben   36 42 75
Polizei- und Ordnungsrecht, Justiz, Liegenschaftsrecht   260 188 259
Eingaben aus der Landespolizei   38 38 5
  Gesamt 1.728 1.747 1.817

Gemäß § 1 Absatz 1 Satz 3 PetBüG M-V können Eingaben an den Bürgerbeauftragten auch mündlich vorgetragen werden. Der überwiegende Anteil der Anliegen wurde auch in diesem Jahr von den Bürgerinnen und Bürgern mündlich oder telefonisch geschildert, nämlich in 964 Fällen. So wurden 272 Anliegen im persönlichen Gespräch bei den Bürgersprechstunden (Sprechtagen) und 51 in der Dienststelle des Bürgerbeauftragten aufgenommen; weitere 641 gingen telefonisch ein. Insgesamt waren dies wieder deutlich über die Hälfte aller Petitionen (Vorjahr: 999). Dieser niedrigschwellige Zugang wird demnach am meisten genutzt.

Weiterhin wandten sich wieder viele Bürgerinnen und Bürger über elektronische Medien (E‑Mail, Kontaktformular der Webseite, seltener per Fax) an die Dienststelle. Dies wurde 591 Mal genutzt. Per Brief gingen 172 Petitionen ein (Vorjahr: 164). In einem Fall wurde der Bürgerbeauftragte von Amts wegen aktiv. Dies betraf die Verlängerung der Bahnstreckensperrung zwischen Hamburg und Berlin.

Übersicht: Petitionen nach Art des Eingangs
Art des Eingangs Aufteilung
mündlich 964 telefonisch 641
persönlich 51
Sprechtag 272
schriftlich 763 Brief 172
Fax 12
E-Mail 579
von Amts wegen 1
Gesamt 2024
(Vorjahr 2023)
1.728
(1.747)

Ziel der Arbeit des Bürgerbeauftragten ist es, die Bürgerinnen und Bürger möglichst schnell zu beraten und ihre Anliegen – soweit notwendig – an die zuständigen Behörden heranzutragen. Das gesetzliche Ziel, auf eine zügige und einvernehmliche Lösung hinzuwirken, lässt sich deswegen nicht immer gleich erreichen, weil beispielsweise erst der Sachverhalt ermittelt und die Rechtslage bewertet werden muss oder unterschiedliche Positionen mit den Behörden zu diskutieren sind. Auch kann die praktische Umsetzung möglicher Hilfen an verschiedenen Ursachen scheitern, insbesondere an der finanziellen und personellen Ausstattung der Aufgabenträger. Teilweise muss der Bürgerbeauftragte nach seiner Überprüfung den Petenten auch mitteilen, dass die von ihnen erhoffte Lösung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht, nur teilweise oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erreichbar ist.

Von den 1.728 Petitionen, die 2024 an den Bürgerbeauftragten gerichtet wurden, waren im März 2025 bereits 1.466 abgeschlossen. In circa 23 % dieser Erledigungen wurde dem Anliegen voll oder teilweise entsprochen. Der große Beratungsbedarf spiegelt sich ebenfalls in der Statistik wider, denn bei über 57 % der erledigten Petitionen konnte den Bürgerinnen und Bürgern durch Auskunft und Beratung geholfen werden. In acht Fällen erfolgte eine Weiterleitung an den Petitionsausschuss des Landtages.

Übersicht: Petitionen nach Art des Erledigung
Erledigungsart Anzahl
Dem Anliegen wurde entsprochen 262
Dem Anliegen wurde teilweise entsprochen 78
Dem Anliegen wurde nicht entsprochen 98
Auskunft wurde erteilt 457
Beratung wurde erteilt 382
Abgabe an den Petitionsausschuss des Bundestages 0
Abgabe an den Petitionsausschuss des Landtages 10
Abgabe an sonstige Dienststellen 10
Anregung zur Bundesgesetzgebung übermittelt 0
Anregung zur Landesgesetzgebung übermittelt 0
Zurückgezogen 27
Gemäß § 2 PetBüG nicht behandelt 38
Erledigung in sonstiger Art und Weise (z. B. anderweitige Klärung) 104
Gesamtzahl der erledigten Petitionen aus dem Jahr 2024 1.466

Gemäß § 6 Absatz  3 PetBüG M-V führt der Bürgerbeauftragte im ganzen Land Bürgersprechstunden durch. Auf diese Weise eröffnet der Bürgerbeauftragte ein Angebot an die Bürgerinnen und Bürger, ihn persönlich vor Ort sprechen zu können. Dabei werden nicht nur neue Anliegen aufgenommen, sondern mit den Petentinnen und Petenten auch der Fortgang in laufenden Verfahren beraten.

Die Sprechtage werden in gut erreichbaren öffentlichen Räumen durchgeführt, zumeist in Kommunalverwaltungen. Damit unterstützen die Verwaltungen vor Ort die Arbeit des Bürgerbeauftragten, ebenso durch die Bekanntmachung der Bürgersprechstunden. Der Bürgerbeauftragte nutzt die Termine in der Regel auch dazu, Probleme und Anliegen mit den örtlichen Leitungen der Verwaltung zu beraten, Ortstermine durchzuführen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Schulen oder Polizeidienststellen zu besuchen.

Im Jahr 2024 führte der Bürgerbeauftragte in folgenden Orten insgesamt 46 Bürgersprechstunden durch:

Übersicht: Orte der 46 Bürgersprechstungen im Jahr 2024
Datum Ort Datum Ort
10.01.2024 Hagenow 22.08.2024 Demmin
17.01.2024 Neubrandenburg 29.08.2024 Bützow
31.01.2024 Stralsund 02.09.2024 Wismar
08.02.2024 Pasewalk 05.09.2024 Bergen auf Rügen
20.02.2024 Wismar 10.09.2024 Strasburg (Uckermark)
06.03.2024 Demmin 19.09.2024 Boizenburg
20.03.2024 Parchim 24.09.2024 Goldberg (Vormittag)
26.03.2024 Bergen auf Rügen 24.09.2024 Sternberg (Nachmittag)
04.04.2024 Rostock 01.10.2024 Neubrandenburg
17.04.2024 Waren (Müritz) 08.10.2024 Barth
24.04.2024 Greifswald 10.10.2024 Heringsdorf
02.05.2024 Güstrow 16.10.2024 Rostock
07.05.2024 Wolgast 29.10.2024 Plau am See
15.05.2024 Ludwigslust 05.11.2024 Neustadt-Glewe
25.05.2024 Schwerin 05.11.2024 Wittenburg
28.05.2024 Grimmen 07.11.2024 Güstrow
11.06.2024 Anklam 12.11.2024 Stavenhagen
25.06.2024 Stralsund 19.11.2024 Anklam
04.07.2024 Bad Doberan 26.11.2024 Malchow
09.07.2024 Ueckermünde 28.11.2024 Greifswald
18.07.2024 Röbel 05.12.2024 Teterow
13.08.2024 Neustrelitz 10.12.2024 Sassnitz
20.08.2024 Ribnitz-Damgarten 12.12.2024 Schwerin

 

Dem Bürgerbeauftragten ist es ein besonderes Anliegen, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger über seine Arbeit zu informieren. Dies geschah auch 2024 über die klassische Pressemitteilung, Beiträge im Rundfunk und Informationen in sozialen Medien sowie die Mitwirkung an öffentlichen Veranstaltungen.

So hat sich der Bürgerbeauftragte mit einer Pressemitteilung zum „Dritten Tag der Menschen mit Behinderung“ des Landtages geäußert und eine konkrete Umsetzung der Beschlüsse gefordert. Nach dem Anschlag auf einen Polizisten in Mannheim rief er zur gegenseitigen Achtung in unserer Gesellschaft auf. Den 75. Geburtstag des Grundgesetzes nahm er zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass sich der Staat auch im vermeintlich Kleinen als funktionsfähig erweisen müsse, um seine Akzeptanz zu bewahren. 
Die Sprechtage des Bürgerbeauftragten werden vorab im Internet und in den jeweiligen Medien vor Ort angekündigt. Die Resonanz ist regelmäßig sehr gut.

Die Website des Bürgerbeauftragten ist 2024 noch barrierefreier und auch teilweise in leichter Sprache gestaltet worden. Das Kontaktformular ermöglicht einen unkomplizierten und schnellen Zugang zum Bürgerbeauftragten. Weiter ausgebaut wurden die Aktivitäten auf Instagram, über 1.000 Follower interessieren sich mittlerweile auf diesem Weg für die Arbeit des Bürgerbeauftragten.

Der Jahresbericht, den der Bürgerbeauftragte dem Landtag vorlegt, ist alljährlich Grundlage für eine Broschüre, in der über aktuelle Fälle und inhaltliche Schwerpunkte informiert wird. Ein Flyer mit Kurzvorstellung des Bürgerbeauftragen und seines Teams wurde aktualisiert.

Am Tag der offenen Tür des Landtages, auf einem Bürgerfest zum Jahrestag des Grundgesetzes im Innenhof des Schweriner Schlosses und im Rahmen eines Demokratiefestes in Parchim anlässlich „35 Jahre Friedliche Revolution“ konnten sich der Bürgerbeauftragte und sein Team vor Ort vorstellen und unmittelbar mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen.

„WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ ist eine Landesinitiative, die sich für ein demokratisches, freiheitliches und weltoffenes Mecklenburg-Vorpommern einsetzt. Seit vielen Jahren schon beteiligt sich der Bürgerbeauftragte mit seinem Team an dem landesweiten Aktionstag der Initiative, so auch im Februar 2024 im Schlosspark-Center Schwerin. Die Veranstaltung fand viel Zuspruch.

In einem „Jahresinterview“ mit der dpa hat der Bürgerbeauftragte zahlreiche Themen angesprochen. Schwerpunkt waren die Sorge um Kostensteigerungen in der Pflege und enttäuschte Hoffnungen beim Härtefallfonds.

B. Arbeit des Bürgerbeauftragten, dargestellt nach Aufgabengebieten

Wie auch in den Vorjahren bewegte sich im Jahr 2024 die Anzahl der Petitionen in der Zuständigkeit des Innenausschusses mit 586 weiter auf hohem Niveau (Vorjahr 605). Der Schwerpunkt lag bei kommunalen Angelegenheiten. 

Insgesamt 83 Eingaben hatten Polizeithemen zum Inhalt, davon stammten 45 Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich über das Handeln der Polizei beschwerten. Die Gesamtzahl hat stetig zugenommen, was sicherlich auch mit der höheren Bekanntheit des Bürgerbeauftragten als Beauftragten für die Landespolizei zusammenhängt. Die nachfolgende Statistik zeigt die Entwicklung auf:

Jahr 2021 2022 2023 2024
Anzahl der Eingaben 22 27 36 45

Die Anzahl der Petitionen aus der Polizeiorganisation blieb mit 38 auf dem Vorjahresniveau.

Insgesamt 224 Eingaben bezogen sich auf kommunale Angelegenheiten. Dabei wurden von den Bürgerinnen und Bürgern meist lokale Themen kritisiert, die den eigenen Wirkungskreis der Kommunen betreffen und damit der Rechtsaufsicht des Innenministeriums unterfallen. Dies betraf beispielsweise Fragen zum Verkauf oder zur Nutzung kommunaler Grundstücke (41), den Zustand der Gemeindestraßen (20), die fehlende oder defekte Straßenbeleuchtung (8) und die Fällung oder die Pflege öffentlicher Bäume (4). 

In 20 Petitionen wurden Themen zur Kommunalverfassung angesprochen. Dabei kam der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Informationen zu kommunalen Abläufen und Entscheidungen sowie einer stärkeren Bürgerbeteiligung zum Ausdruck. In weiteren 67 Petitionen ging es um Probleme mit gemeindlichen Wohnungen beziehungsweise kommunalen Wohnungsunternehmen oder Wohngeldangelegenheiten.

Zu kommunalen Gebühren und Abgaben wurden 44 Eingaben an den Bürgerbeauftragten herangetragen (Vorjahr: 48). Davon bezogen sich 12 Petitionen auf Kurabgaben und 9 Petitionen auf Fragen zur Zweitwohnungssteuer. 

Die Anzahl der Petitionen mit ausländerrechtlichem Bezug stieg auf 48 an (Vorjahr: 39). Ein wesentliches Thema waren Probleme mit der Einbürgerung, insbesondere vor dem Hintergrund des Mitte 2024 novellierten Staatsangehörigkeitsrechts und der sich daraus ergebenden geänderten Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Daneben waren Fragen zum Aufenthaltsrecht, auch in Verbindung mit drohenden Abschiebungen, zur Unterbringung von Geflüchteten und zum Familiennachzug Gegenstand der Petitionen.

Ein Hauptproblem, das in diesem Zusammenhang an den Bürgerbeauftragten herangetragen wurde, war die sehr lange Bearbeitungsdauer von Anträgen in den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden sowie deren mangelnde Erreichbarkeit. Die Bearbeitungszeit reichte von einigen Monaten bis hin zu über zwei Jahren. Begründet wurde dies von den Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer sehr hohen Zahl an Anträgen und allgemeinem Personalmangel. Trotz Erhöhung des Personals in den Behörden ist eine zeitgerechte Bescheidung aufgrund der Vielzahl an Altfällen kaum möglich. 

Die Anzahl der Petitionen im Baubereich liegt bei 76 (Vorjahr: 71). Die Themen waren ähnlich gelagert wie in den Vorjahren. So ging es um abgelehnte Baugenehmigungen, um erteilte Baugenehmigungen für Nachbarn, wodurch die Petentinnen und Petenten ihre Rechte verletzt sahen, um lange Bearbeitungszeiten und Nachforderungen fehlender Unterlagen. Andere Petitionen betrafen die Aufstellung oder Änderung gemeindlicher Satzungen, hier insbesondere Bebauungspläne.

Wie vielfältig die Themen in der Zuständigkeit des Innenausschusses im Berichtsjahr waren, zeigen die nachfolgend dargestellten Einzelfälle.

Wahlrecht auch für Betreute

Die Leiterin einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderungen meldete sich für zwei ihrer Bewohner beim Bürgerbeauftragten. Beide Bewohner stehen unter Vollbetreuung und hatten für die seinerzeit unmittelbar bevorstehende Europa- und Kommunalwahl 2024 keine Wahlbenachrichtigungen erhalten. Bei ihrer Nachfrage erhielt die Wohnstättenleiterin von der Gemeindewahlbehörde die Auskunft, dass unter Vollbetreuung stehende Personen nicht wählen dürften und somit auch nicht im Wählerverzeichnis eingetragen seien.

Diese Auskunft der Gemeindewahlbehörde war jedoch unzutreffend. Seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2019 dürfen auch Menschen wählen, die unter Vollbetreuung stehen und deshalb früher von Wahlen ausgeschlossen waren.

Der Bürgerbeauftragte teilte dem Innenministerium seine Rechtsauffassung mit und bat um eine schnelle Lösung. In seiner umgehenden Antwort bestätigte das Ministerium, dass die Aussage der Wahlbehörde nicht zutreffe und für die beiden Betreuten selbstverständlich ein Wahlschein beantragt werden könne. Die Eintragung in das Wählerverzeichnis sei zudem von Amts wegen jederzeit möglich, auch noch am Tag der Wahl.

Das Innenministerium nahm sich der Sache an und veranlasste eine sofortige Korrektur des Wählerverzeichnisses durch die Kreiswahlleitung des betroffenen Landkreises. Durch das Tätigwerden des Bürgerbeauftragten und die sofortige unbürokratische Unterstützung des Ministeriums erhielten die beiden betreuten Personen ihre Briefwahlunterlagen noch rechtzeitig und konnten an den Wahlen teilnehmen.

Ausreichender Versicherungsschutz für Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter?

Viele Bürgerinnen und Bürger sind ehrenamtlich tätig. Sie leisten damit einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag für das Gemeinwohl. Auch in den Gemeinden engagieren sich viele ehrenamtlich in der Gemeindevertretung beziehungsweise als Bürgermeisterin oder als Bürgermeister, übernehmen Verantwortung und tragen damit wesentlich zur gelebten Demokratie bei. Daher ist es wichtig, dass die Gemeinden für einen umfassenden Versicherungsschutz einschließlich möglicher Aufwendungsersatzansprüche ihrer ehrenamtlich Tätigen sorgen.

Ein ehrenamtlicher Gemeindevertreter bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung. Er hatte auf dem Weg zu einer Gemeindevertretersitzung bei der Auffahrt auf einen Parkplatz einem entgegenkommenden Fahrzeug ausweichen müssen und dabei einen außerhalb des Verkehrsraums liegenden großen Stein gestreift. Den Schaden an seinem Fahrzeug teilte er dem Bürgermeister sofort mit. Der Petent war von einem umfassenden Versicherungsschutz ausgegangen.

Die Gemeinde verwies den Petenten an den Kommunalen Schadenausgleich (KSA), einen nicht rechtsfähigen Zusammenschluss von Gemeinden als eine Form der Versicherung. Dieser lehnte eine Schadensregulierung zunächst mit der Begründung ab, die Gemeinde habe den Deckungsschutz für Aufwendungsersatzansprüche bei Kraftfahrtschäden für die privaten Kraftfahrzeuge der Haltergruppe „Vertretungskörperschaften“ bisher nicht beantragt.

Deswegen hat der Petent schließlich seinen Schaden durch seine private Kaskoversicherung regulieren lassen und musste dabei eine Selbstbeteiligung in Höhe von 300 Euro zahlen. Er kritisiert, dass sich die Gemeinde offenbar gegen den Abschluss einer Zusatzversicherung entschieden hatte. Die Gemeindevertreter hätten dann aber auf einen eingeschränkten Versicherungsschutz hingewiesen werden müssen, was unterblieben war.

Der Bürgerbeauftragte fragte bei der Gemeinde zum Deckungsschutz für Aufwendungsersatzansprüche bei Kraftfahrtschäden nach und bat um Prüfung, ob nicht zumindest die vom Petenten an seine private Kaskoversicherung geleistete Selbstbeteiligung von der Gemeinde ausgeglichen werden kann. 

Die Gemeinde teilte daraufhin mit, nun den erweiterten Deckungsschutz beim KSA beantragt zu haben. Damit ist zumindest künftig ein umfassender Versicherungsschutz der ehrenamtlichen Gemeindevertreter und Bürgermeister sichergestellt. Nachdem der KSA auch nach nochmaliger Prüfung eine Schadensregulierung abgelehnt hatte, erklärte sich die Gemeinde bereit, dem Petenten kulanzweise die geleistete Selbstbeteiligung zu erstatten.

Führerscheinumtausch nicht möglich

Nach der Dritten EU-Führerscheinrichtlinie sollen in der EU alle Führerscheine einheitlich und fälschungssicher gestaltet werden. Gemäß § 24a Absatz 2 Fahrerlaubnis-Verordnung sind daher alle vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten deutschen Führerscheine gestaffelt bis spätestens zum 19. Januar 2033 in den neuen EU‑Führerschein umzutauschen. Findet kein Umtausch statt, verlieren die Führerscheine zu gestaffelten Terminen ihre Gültigkeit. Wer daraufhin mit ungültigem Führerschein fährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, welche mit einer Geldbuße von 10 Euro geahndet werden kann.

Auch im Berichtsjahr betrafen Petitionen die Terminvergabe bei der Führerscheinstelle eines Landkreises. Die Bürger wollten zum Umtausch ihres alten Führerscheines einen Termin buchen, was beim Landkreis nur online möglich war. Allerdings waren keine freien Termine verfügbar. Die Bürger befürchteten negative Konsequenzen, sollten sie mit dem veralteten Führerschein in eine Polizeikontrolle geraten, und wandten sich an den Bürgerbeauftragten.

Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten stellte der Landkreis klar, dass die Petenten kein Bußgeld befürchten müssten, da der Polizei die Probleme beim Führerscheinumtausch bekannt seien. Sie sollten jedoch weiterhin versuchen, einen Termin zu buchen. Der Landkreis hatte zur Behebung des Problems Anfang des Jahres 2024 bereits weitere Stellen in der Führerscheinstelle geschaffen. Sobald diese besetzt seien, solle sich die Situation entspannen. Da im weiteren Verlauf des Jahres noch immer keine oder nur ein einzelner Termin zum Führerscheinumtausch buchbar waren, wandte sich der Bürgerbeauftragte erneut an den Landkreis. 

Nach Auskunft des Landkreises sei die Situation sowohl auf längerfristige Krankheitsfälle als auch auf die hohe Terminanfrage zum Jahresende aufgrund des nächsten Umtauschstichtages am 19.01.2025 zurückzuführen. Das Personal in der Führerscheinstelle sei innerhalb der vergangenen zwei Jahre bereits aufgestockt worden. Zudem kündigte der Landkreis die Einrichtung einer weiteren „Service-Linie“ ausschließlich für den Führerscheinumtausch an, um die Situation weiter zu entspannen. Der Bürgerbeauftragte wird die Entwicklung der verfügbaren Terminkapazitäten weiter beobachten.

Die Situation ist aus Sicht des Bürgerbeauftragten besonders ärgerlich, da die Betroffenen sich gerade erst mit der Umtauschpflicht ihrer ursprünglich unbefristet gültigen Führerscheine arrangiert hatten und nun mit neuen Hürden konfrontiert wurden. Die Umstellung auf ein elektronisches Antragsverfahren könnte die persönliche Antragstellung überflüssig machen und würde sowohl für die Antragstellenden als auch die Führerscheinstellen zu Erleichterungen führen. Hierzu wäre allerdings eine Änderung der bundesgesetzlichen Vorgaben erforderlich, wofür keine Aktivitäten erkennbar sind.

Schließung von Postfilialen

Vermehrt erreichten den Bürgerbeauftragten Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern, die von der Schließung von Postfilialen betroffen waren. Gemäß der Post-Universaldienstleistungsverordnung muss in allen Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine Postfiliale oder -agentur vorhanden sein. In Gemeinden mit mehr als 4.000 Einwohnern ist grundsätzlich zu gewährleisten, dass in zusammenhängend bebauten Gebieten eine Filiale oder Agentur in maximal 2.000 Metern erreichbar ist.

Dem Bürgerbeauftragten ist die Mindestversorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Postdienstleistungen ein wichtiges Anliegen. Er nahm daher Kontakt zum Regionalen Politikbeauftragten der Deutschen Post AG auf. Dabei war festzustellen, dass sich auch die Deutsche Post AG intensiv um Lösungen in den jeweiligen Gemeinden bemühte. Oft scheitere dies daran, dass für eine eigene Postfiliale kein Filialpartner beziehungsweise keine geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung stehen oder diese nicht wirtschaftlich betrieben werden könne.

Eine Lösung könne nach Auffassung der Deutschen Post AG eine Automatisierung durch die Aufstellung einer Poststation sein. Dies sei insbesondere für den ländlichen Raum eine Alternative. Damit sollen nahezu alle Dienstleistungen rund um die Uhr angeboten werden können. Seit Juli 2024 können diese Automaten von der Bundesnetzagentur als vollwertige Postfiliale anerkannt werden. 

Der Bürgerbeauftragte wird die weitere Entwicklung im Auge behalten und auf die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Mindestversorgung der Einwohnerinnen und Einwohner in ihren Gemeinden mit einer Postfiliale drängen. Ob automatisierte Poststationen den Bedarf angemessen decken können, erscheint allerdings fraglich.

Bestandsschutz im Straßenbau

Auch Straßenbaumaßnahmen beschäftigen den Bürgerbeauftragten immer wieder. So berichtete ein Bürger von einer teilweise bereits erfolgten Straßensanierung durch die Stadt. Dabei sei eine zuvor über 30 Jahre vorhandene Bordsteinabsenkung, die ihm die Zufahrt auf sein Grundstück ermöglichte, nicht mehr hergestellt worden. Versuche, eine Klärung mit der Stadt zu erreichen, blieben erfolglos. Die Stadt begründete ihre Entscheidung mit den entgegenstehenden Festsetzungen im Bebauungsplan.

Nachdem der Bürgerbeauftragte beim Bürgermeister nachfragte und auf den Bestandsschutz hinwies, erfolgte eine Nachbetrachtung durch die Stadt, die zu einem erfolgreichen Abschluss der Petition führte. Dem Petenten konnte mitgeteilt werden, dass die Stadt den Bestandsschutz anerkennt und die Absenkung des Bordsteins wiederherstellt.

Probleme bei der Straßenentwässerung

Ein wiederkehrendes Thema bei Petitionen sind Probleme mit der Straßenentwässerung. Die jeweiligen Straßenbaulastträger sind nach dem Straßen- und Wegegesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für eine ordnungsgemäße Entwässerung verantwortlich. Dabei haben sie auch sicherzustellen, dass das Straßenwasser nicht auf angrenzende Grundstücke abläuft. 

In einem Beispielfall beklagte eine 80-jährige Bürgerin, dass bei stärkeren Regenfällen ihr von der Straße abschüssig gelegenes Wohnhaus überschwemmt wird und bereits Schäden eingetreten seien. Sie hatte sich schon mit Sandsäcken eingedeckt, sei jedoch mit der Sicherung ihres Grundstücks überfordert. 

Die Nachfrage bei der Stadt als Straßenbaulastträgerin ergab, dass das Problem bekannt war und nur mit einem grundhaften Straßenausbau Abhilfe geschaffen werden könne. Diese Straßenbaumaßnahme sei allerdings erst ab 2027 geplant. Andere Lösungen kämen nicht in Betracht. Die Petentin könne ihre Schäden beim Kommunalen Schadenausgleich geltend machen. 

Da der Kommunale Schadenausgleich Schäden oft nur sehr zurückhaltend reguliert, wies der Bürgerbeauftragte die Stadt erneut auf ihre Verantwortung zur Straßenentwässerung hin. Die Petentin müsse bereits vor einer endgültigen Lösung unterstützt und dürfe nicht mit der Aussicht auf eine mögliche Schadenregulierung vertröstet werden. Denn auch schon vor einer endgültigen Lösung gilt es, Schäden an den anliegenden Grundstücken zu verhindern. 

Die Stadt veranlasste daraufhin provisorische bauliche Maßnahmen zur Straßenentwässerung. So wurden kurzfristig eine große Rinne und ein Rundbord zwischen Straße und Zufahrt der Petentin errichtet, um einen Ablauf des Straßenwassers auf das Grundstück der Petentin und damit weitere Schäden am Wohngebäude zu verhindern.

Der Bürgerbeauftragte ist zuversichtlich, dass damit Verbesserungen erreicht werden konnten und die Petentin nicht mehr bei jedem stärkeren Regen Überschwemmungen befürchten muss.

Nichtvermietung eines Gemeinderaumes

Ein Bürger wollte für eine Familienfeier Räumlichkeiten der Gemeinde anmieten. Hierfür hatte die Gemeinde zunächst eine schriftliche Zusage gegeben, diese dann allerdings wieder zurückgenommen. Grund hierfür sei, dass sich der Bürger und seine Familie nicht „in das Dorfleben einfügten“. 

Der Bürgerbeauftragte konnte die Gemeinde mit dem Argument, dass sich diese auf sachfremde Begründungen stützt, nicht zum Überdenken ihrer Entscheidung bewegen. Die Feier musste an einem anderen Ort stattfinden. Da die Gemeinde eine Vermietung der Gemeinderäume an den Petenten und seine Familie generell auch für künftige Anlässe ablehnt, wurde der Landkreis als untere Rechtsaufsichtsbehörde einbezogen. Dabei wies der Bürgerbeauftragte auch auf die Widmung des Gemeinderaumes als öffentliche Einrichtung hin. Die Gemeinde hatte sogar eine Benutzungssatzung erlassen. Danach können die Einrichtungen der Gemeinde auch für die Freizeit der Gemeindeeinwohner genutzt werden. Eine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis nimmt die Satzung nicht vor. Insofern dürfte die Entscheidung der Gemeinde rechtswidrig sein und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz verstoßen.

Der Landkreis teilte dem Bürgerbeauftragten mit, dass auch er die Gemeinde nicht zu einer anderen Entscheidung bewegen konnte. Der Bürgerbeauftragte hat daraufhin den Innenminister als oberste Rechtsaufsichtbehörde um Klärung gebeten. 

Das Ministerium teilte die rechtliche Einschätzung des Bürgerbeauftragten. Der Landkreis als untere Rechtsaufsichtsbehörde wies die Gemeinde daher nochmals darauf hin, dass bei der Nutzungsüberlassung von gemeindeeigenen Liegenschaften die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze zu beachten sind. Insbesondere dürfen keine sachwidrigen Erwägungen angestellt werden, die eine Ungleichbehandlung darstellen könnten. Auch wenn sich das Miteinander in der Gemeinde zwischenmenschlich schwierig gestaltet, müssen alle Einwohnerinnen und Einwohner durch die staatlichen und demokratisch gewählten Akteure gleichbehandelt werden. Sollte die Gemeinde auch künftig eine Vermietung an den Petenten und seine Familie ablehnen, bleibt ihm nur die gerichtliche Durchsetzung.

Zweitwohnungssteuer für Kleingartenlaube

Manchmal gilt der Rat des Bürgerbeauftragten nicht dem Bürger, sondern der Behörde, wie der folgende Fall zeigt. 

Eine Bürgerin beklagte, dass für ihre baulich primitive Laube in einer Kleingartenanlage Zweitwohnungssteuer erhoben wurde, und zwar im Herbst 2023 rückwirkend für vier Jahre. Die Laube verfügt über keinen Trink- oder Abwasseranschluss, sondern nur über einen über einer Grube angelegten Abort ohne Wasserspülung (umgangssprachlich „Plumpsklo“); die Laube ist nicht ausgebaut, gedämmt oder beheizbar.

Parallel zu ihrem Widerspruch wandte sich auch der Bürgerbeauftragte an den Amtsvorsteher, der den Bescheid erlassen hatte, und bat um Überprüfung. Denn eine Zweitwohnungssteuer setzt voraus, dass die Laube zur dauerhaften Wohnnutzung geeignet ist. Hierfür müssen nach der Rechtsprechung Mindestanforderungen erfüllt sein, zum Beispiel eine ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Im vorliegenden Fall sah der Bürgerbeauftragte die Mindestvoraussetzungen nicht als erfüllt an. Der Amtsvorsteher schloss sich in seiner Antwort dieser Auffassung an und hob den Steuerbescheid auf.

Ein weiterer Bürger aus demselben Kleingartenverein wandte sich in einem gleichgelagerten Fall an den Bürgerbeauftragten; für ihn konnte das Gleiche erreicht werden.

Zweitwohnungssteuer für Gartenhaus

Eine Bürgerin hatte gegen einen Zweitwohnungssteuerbescheid Widerspruch erhoben. Da ein Widerspruch im Abgabenrecht regelmäßig keine sogenannte aufschiebende Wirkung hat, hatte sie die Steuer vollständig bezahlt. Mit Hilfe ihres Rechtsanwalts gelang es ihr, den Zweitwohnungssteuerbescheid „zu Fall zu bringen“, sodass die Bürgerin bei der Behörde ein Guthaben hatte. 

Jedoch erließ die Gemeinde jahrelang keinen neuen Bescheid, sodass auch keine „Abrechnung“ über das Guthaben und dementsprechend auch keine Rückzahlung einer eventuellen Überzahlung erfolgte. Die Bürgerin bat den Bürgerbeauftragten, sich für eine Beschleunigung der Neubescheidung einzusetzen. Nach telefonischer Rücksprache mit der Amtsverwaltung konnte dem Anliegen kurzfristig entsprochen und der Bescheid erlassen werden. 

Das Amt erklärte die Verzögerung mit technischen Problemen bei der rückwirkenden Veranlagung mit gleichzeitiger Korrektur. Das Ziel, die neuen Festsetzungsbescheide für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zeitgleich zu versenden, habe sich technisch nicht wie erhofft umsetzen lassen. Im Interesse der Petentin an einer Abrechnung über ihr Guthaben habe man ihren Bescheid vorgezogen.

Wohngeld falsch berechnet

Kinder, die nach der elterlichen Trennung im Wechselmodell leben, werden bei der Wohngeldberechnung als Haushaltsmitglieder berücksichtigt. Wenn ein Elternteil mindestens ein Drittel der Betreuung übernimmt, gilt das Kind auch bei ihm als Haushaltsmitglied. Der Umfang der Betreuung ist für jedes Kind glaubhaft zu machen. Eine gerichtliche Regelung oder eine schriftliche Vereinbarung der Eltern oder sonstige Unterlagen sind mit dem Antrag auf Wohngeld vorzulegen. 

Ein Bürger betreut seinen vierjährigen Sohn im sogenannten Wechselmodell. Der Sohn lebt also zeitweilig bei seiner Mutter und zeitweilig bei seinem Vater, der ab April 2024 Wohngeld beantragt hatte. Mit dem Antrag reichte er auch die Entscheidung des Familiengerichts über das zu praktizierende Wechselmodell ein. Im Juni 2024 forderte die Stadt Unterlagen nach, was er nicht nachvollziehen konnte. Die Unterlagen reichte er dennoch ein. 

Es stellte sich heraus, dass die Sachbearbeiterin eine falsche Bewertung vorgenommen hatte. Wegen der mehr als 500 km weiten Entfernung zwischen den beiden Elternhäusern erschien ihr die Wohnsituation nicht plausibel. Noch bevor der Bürgerbeauftragte gegenüber der Wohngeldstelle tätig wurde, teilte der Bürger mit, dass er den beantragten Wohngeldbescheid erhalten habe. Auch sein Sohn wurde richtigerweise als anspruchsberechtigtes Haushaltsmitglied berücksichtigt.

Entgegenkommendes kommunales Breitbandunternehmen

Wenn der Bürgerbeauftragte in rechtlich aussichtslosen Fällen helfen kann, ist das besonders erfreulich. So konnte er bei einem Unternehmen der Breitbandversorgung (in privater Rechtsform, aber in öffentlicher Trägerschaft) ein großzügiges Entgegenkommen für eine Petentin erreichen.

Die Petentin teilte mit, sie habe vor einigen Jahren gemeinsam mit ihrem kürzlich verstorbenen Ehemann einen Glasfaseranschluss mit zweijähriger Vertragslaufzeit bei dem Unternehmen beauftragt. Als Miteigentümerin des Grundstückes habe sie den Vertrag seinerzeit mitunterschrieben. Sie selbst habe aber kein Interesse am Breitbandanschluss und könne – anders als ihr verstorbener Ehemann – nicht einmal mit einem Computer umgehen. Der bisherige Telefonanschluss bei einem anderen Unternehmen sei zudem für sie günstiger. Der neue Breitbandanschluss sei bereits vorhanden. Die Laufzeit des neuen Vertrags habe aber noch nicht begonnen. Ihre nach dem Tod ihres Mannes erklärte Kündigung sei durch das Unternehmen nicht akzeptiert worden.

Rechtlich war die Petentin an den von ihr geschlossenen Vertrag gebunden. Daher bat der Bürgerbeauftragte das Unternehmen um eine kulante Entscheidung. Das Unternehmen antwortete, dass man mit der Petentin unmittelbar Kontakt aufnehmen und sie wahlweise aus dem Vertrag entlassen oder ihr preislich entgegenkommen werde. Der neue Anschluss würde sie dann nicht mehr kosten als der bisherige Anschluss.

Falsche Information durch das Ordnungsamt 

Im Berichtsjahr gab es mehrere Petitionen, in denen die Petenten eine Anzeige beim örtlich zuständigen Ordnungsamt erstatten wollten. Ihnen wurde mitgeteilt, dass das Ordnungsamt in der Sache nicht zuständig sei. Die Angelegenheit müsse zivilrechtlich durchgesetzt werden.

So hatte sich eine Bürgerin über das Rasenmähen am Sonntag beschwert. Vom Ordnungsamt erhielt sie die Auskunft, ihren Unterlassungsanspruch zivilrechtlich durchsetzen zu müssen. Hier lag das Ordnungsamt falsch. Denn das Rasenmähen ist sonntags aufgrund der Lärmbelästigung verboten. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Das Ordnungsamt hätte also tätig werden müssen.

Der Bürgerbeauftragte informierte die Petentin über ihr Recht, beim Ordnungsamt und bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Für Haus- oder Wohnungseigentümer gelten die gleichen Regeln wie für Mieterinnen und Mieter. Motorisiertes Rasenmähen ist an Sonn- und Feiertagen nicht gestattet.

Rettungsfahrzeuge parken Behindertenparkplätze zu

Ein Bürger teilte dem Bürgerbeauftragten mit, dass Rettungsfahrzeuge eines Landkreises häufiger zwei Behindertenparkplätze blockierten, ohne dass sie im Einsatz waren. Obwohl weitere Parkplätze verfügbar waren, seien die Fahrer der Rettungswagen seiner Bitte zur Räumung der Behindertenparkplätze nicht nachgekommen. Im November 2023 habe er deshalb den Leiter des Eigenbetriebes des Landkreises informiert. Es sei jedoch keine Reaktion erfolgt. Daraufhin habe sich der Petent auch an die Behindertenbeauftragte des Landkreises gewandt. Diese habe unverzüglich reagiert und eine entsprechende Information an den Betriebsleiter und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Eigenbetriebes zugesichert.

Im April 2024 sah der Petent an derselben Stelle erneut ein Rettungsfahrzeug stehen, das sich nicht im Einsatz befand. Der Petent informierte erneut den Landkreis, da in unmittelbarer Nähe ausreichend freie Parkplätze verfügbar gewesen seien. Der Landkreis reagierte erneut nicht. 

Nachdem sich der Bürgerbeauftragte an den Landrat wandte, versicherte dieser, es stehe nicht zur Diskussion, dass Rettungsfahrzeuge nicht auf Behindertenparkplätzen parken dürfen oder dies nur im Ausnahmefall zulässig sei, wenn ein spezifisches Einsatzgeschehen das erfordere. Die erste Beschwerde des Petenten sei bereits zum Anlass genommen worden, im Rahmen der regelmäßigen Abstimmungs- und Informationsrunden mit allen Rettungswachen darauf hinzuweisen, dass solches Parken nicht zulässig sei. Die negative Außenwirkung, die Einschränkungen für die Betroffenen und der Widerspruch zum Selbstverständnis des Rettungsdienstes sei aufgezeigt worden. Die Verantwortlichen seien gebeten worden, diesen Punkt auf den Rettungswachen zu besprechen. Auf Grund der Beschreibung in der zweiten Beschwerde konnten die Verantwortlichen der betroffenen Rettungswachen direkt angesprochen werden. Diese seien aufgefordert worden, die erfolgten Hinweise mit den damals im Dienst befindlichen Kollegen zu besprechen. 

Da sich der Petent nicht mehr meldete, kann davon ausgegangen werden, dass weitere Verstöße unterblieben sind und die Behindertenparkplätze wieder ordnungsgemäß genutzt werden können.

Mangelhafte Reaktion des Ordnungsamtes nach Hundeangriff

Eine Bürgerin schilderte, dass ihre beiden Pinschermischlinge beim Gassigehen mit ihrer 13-jährigen Tochter von Schäferhunden attackiert worden seien. Die Schäferhunde hätten zuvor das unzureichend eingezäunte Grundstück der Halterin verlassen. Bei dem Beißvorfall seien die Hunde der Petentin von den Schäferhunden getötet worden. Sie habe die Polizei, das zuständige Ordnungsamt sowie das Veterinäramt informiert. Es seien jedoch lediglich Auflagen erteilt worden, welche nicht eingehalten wurden. Die Hundehalterin würde sämtliche Auflagen ignorieren. Von den Hunden sei weiterhin eine Gefahr ausgegangen. 

Der Landkreis informierte den Bürgerbeauftragten über die bisher getroffenen Maßnahmen. So habe das zuständige Ordnungsamt zwei Tage nach dem Beißvorfall eine Ordnungsverfügung erlassen, die einen Leinenzwang für die Hunde sowie eine Sicherung des Grundstückes vorsah. Es erfolgten zwar weitere Kontrollen, die angeordneten Maßnahmen wurden aber nicht durchgesetzt. Allerdings habe das Veterinäramt die Schäferhunde begutachtet. Trotz der tödlichen Beißvorfälle habe es keinen Grund zu Beanstandungen gegeben. Aggressionen seien nicht erkennbar gewesen. Es erfolgte die Anordnung, einen Maulkorb anzulegen. Auch dies wurde offensichtlich nicht eingehalten. Erst einen Monat nach dem Vorfall und nach Intervention durch den Bürgerbeauftragten wurden die Schäferhunde sichergestellt.

Der Landkreis stellte abschließend fest, dass der Fachaufsichtsbehörde die Probleme im (Ordnungs-)Amt erst mit Eingang der durch den Bürgerbeauftragten eingereichten Petition bekannt geworden seien. Ein früheres Einschreiten des zuständigen Sachgebietes sei nicht möglich gewesen. Hier funktionierte die Kommunikation im Landkreis offensichtlich nicht, da zuvor neben der Jagdbehörde auch die Veterinärbehörde des Landkreises über die Verhaltensauffälligkeiten der Hunde informiert war.

Bauangelegenheiten

In diesem Berichtsjahr wandten sich häufig Bürgerinnen und Bürger, die Bauvorhaben umsetzen wollten, an den Bürgerbeauftragten. Diese waren aber an den gewünschten Standorten so nicht genehmigungsfähig, weil dafür entweder gemeindliche Bauleitplanungen erforderlich sind oder aber vorhandene gemeindliche Satzungen dem Vorhaben entgegenstehen.

Mehrfach ging es auch um die Frage des Dauerwohnens in Bungalow- beziehungsweise Ferienhaussiedlungen oder auf Campingplätzen. Die Petenten glaubten, wenn sie in solchen Gebieten gemeldet seien, dann könnten sie dort auch dauerhaft wohnen.

In § 10 Baunutzungsverordnung sind als Sondergebiete, die der Erholung dienen, Wochenendhaus-, Ferienhaus- und Campingplatzgebiete benannt. Für solche Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung im Bebauungsplan darzustellen und festzusetzen. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte, der Eigenart des Gebiets entsprechende Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung des Gebiets und für sportliche Zwecke allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. In Wochenendhausgebieten sind Wochenendhäuser als Einzelhäuser zulässig. In Ferienhausgebieten sind Ferienhäuser zulässig, die auf Grund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. In Campingplatzgebieten sind Camping- und Zeltplätze zulässig. Umnutzungen der Gebäude in dauernde Wohnnutzung sind hier in aller Regel ausgeschlossen.

Die Einordnung eines Gebäudes hat sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff des „Wohngebäudes“ zu orientieren. Der für die bauplanungsrechtliche Einordnung eines Gebäudes als „Wohngebäude“ maßgebliche Begriff des Wohnens ist vor allem gekennzeichnet durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit. Hinsichtlich dieses Kriteriums ist der in der Baunutzungsverordnung festgelegte Unterschied zwischen Wohngebäuden einerseits und Wochenendhäusern andererseits von Bedeutung. Auch die Differenzierung „Wochenendhäuser“ und „Ferienhäuser“ ist bundesrechtlich vorgegeben. Sowohl einem Wochenend- als auch einem Ferienhaus fehlt die rechtliche Eignung zur dauernden Benutzung, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich zum dauernden Wohnen eignet.

Die Regelungen des Melderechts lassen hingegen grundsätzlich die Anmeldung als Hauptwohnsitz zu, da eine Anmeldung für jeden umbauten Raum unabhängig von dessen Größe und Ausstattung erfolgen kann. Hiervon zu trennen sind aber die Fragen einer erforderlichen Baugenehmigung und der Einhaltung baurechtlicher Vorschriften. Ohne die entsprechenden baurechtlichen Voraussetzungen legt die Anmeldung mit Hauptwohnsitz eine unerlaubte Nutzung als Dauerwohngebäude nahe.

Dauerwohnen in Bungalowsiedlung

In einem Fall bewohnt die Petentin ihren Bungalow in einem Wochenendhausgebiet aus DDR-Zeiten dauerhaft und ist dort auch mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet.

Nach einer Gerichtsentscheidung in einem anderen Fall, das gleiche Gebiet betreffend, musste die untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises eine Überprüfung erfolgter Umnutzungen vornehmen. Deshalb hörte der Landkreis die Petentin zur dauerhaften Wohnnutzung an. Das dauerhafte Bewohnen eines Wochenendhauses/Bungalows stelle eine baurechtswidrige Nutzung dar. Bestandsschutz könne es nur für die Errichtung des Bungalows sowie seine Nutzung als Wochenendhaus geben. Bei dem dauerhaften Wohnen handele es sich um eine Nutzungsänderung, für die weder eine Genehmigung vorliege noch Bestandsschutz gegeben sei. 

Das war auch für die Petentin nachvollziehbar. Ihr Ziel war es dann, eine Duldung zu erreichen, da sie aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht in ein anderes Wohnumfeld umziehen wollte. 

Der Bürgerbeauftrage wandte sich an den Landrat. Dieser wies darauf hin, dass die Gemeinde vor Jahren schon die Ortslage mit einer Klarstellungs- und Ergänzungssatzung überplant und die Wochenendhaussiedlung in den räumlichen Geltungsbereich aufgenommen habe. Die Satzung sei daher nicht geeignet, eine Dauerwohnnutzung des Bungalows zu gestatten. Zudem sei eine Duldung nur bei einer unbilligen Härte möglich. Eine unbillige Härte ist ein Rechtsbegriff, der eine Situation beschreibt, in der eine Person von einer Regelung oder Entscheidung in unverhältnismäßiger Weise betroffen ist. Dies sei bei der Petentin nicht ersichtlich.

Der Bürgerbeauftragte konnte der Petentin nicht helfen. Das Handeln des Landkreises war rechtmäßig. Eine Duldung der schon formell rechtswidrigen Nutzung zum Dauerwohnen kam nicht in Betracht.

Dauerwohnen in Ferienhaussiedlung

In einer anderen Konstellation wandte sich ein Bürger an den Bürgerbeauftragten, bei dem es ebenfalls Probleme mit einer Dauerwohnnutzung in einer Ferienhaussiedlung und einer angekündigten Nutzungsuntersagung gab. Die Ferienhaussiedlung liegt in einem Sondergebiet, das der Erholung dient. Die Nutzung zu Dauerwohnzwecken verstoße nach Ansicht der Gemeinde gegen die Eigenart der näheren Umgebung.

Der Petent berichtet, dass in der Ferienhaussiedlung über 80 ältere Menschen wohnen, die in der Regel über 70 Jahre alt seien. Einige wohnten bereits seit über 30 Jahren in ihren Bungalows. Ziel sei es, das Gebiet als eine Art „Alten-WG“ zu betrachten, in der sich die Bewohnerinnen und Bewohner so lange wie möglich gegenseitig unterstützen könnten. 

In diesem Sinne wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Stadt. Wenig später teilte der Petent mit, dass es Ortstermine mit der Verwaltung gegeben habe sowie Gespräche zur Lösungsfindung. Der Petent ist guter Dinge, dass eine Lösung auch zustande kommt. 

Hauptwohnsitz auf Campingplatz

Ein weiterer Bürger wandte sich an den Bürgerbeauftragten und wollte wissen, ob er einen dauerhaften Wohnsitz auf einem Campingplatz haben dürfe.

Diese Frage kann nicht klar mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden. Die Möglichkeit, dauerhaft auf einem Campingplatz zu wohnen, hängt vom Platz selbst ab und ob es dort Dauerstellplätze gibt. Auf einigen Campingplätzen ist es erlaubt, einen Hauptwohnsitz anzumelden.

Nach dem Melderecht kann auch ein Wohnwagen als Wohnsitz akzeptiert werden. Allerdings nur, wenn er nicht oder nur selten bewegt wird. Der Wohnwagen auf einem Campingplatz darf als Hauptwohnsitz angemeldet werden, wenn es sich dabei um die Hauptwohnung handelt. Das ist dann der Fall, wenn es die Wohnung ist, in der sich der Betreffende die meiste Zeit aufhält. Der Eigentümer des Campingplatzes muss seine Zustimmung zur Anmeldung geben. Im Übrigen kommt es auf den für das Gebiet des Campingplatzes geltenden Bebauungsplan an.

Dem Petenten wurde empfohlen, sich zum einen beim Eigentümer des Campingplatzes zu erkundigen, unter welchen Bedingungen ein Dauerwohnen gestattet ist. Zum anderen sollte er sich von dem für seine Gemeinde zuständigen Bauamt oder der unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises beraten lassen.

Trotz Baugenehmigung kein Bauen möglich

Eine junge Familie wandte sich an den Bürgerbeauftragten, da sie ihr geplantes Bauvorhaben nicht umsetzen konnte. Etwa zwei Jahre zuvor hatten die Eheleute ein Grundstück erworben, um darauf ein Einfamilienhaus mit Carport zu errichten. Da sich das Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans befindet, war das Bauvorhaben nach § 62 Absatz 2 Nummer 1 LBauO M-V zunächst genehmigungsfrei. Dies bedeutet, dass der Bauherr keine Baugenehmigung beantragen muss, sondern er das Bauvorhaben bei der Gemeinde anzuzeigen und Unterlagen einzureichen hat. Die Festsetzungen des Bebauungsplans und die öffentlichen rechtlichen Bauvorschriften sind aber einzuhalten.

Zum Problem wurde nun, dass es sich um ein Hanggrundstück handelt, welches einige Meter unter dem Straßenniveau liegt. Das Grundstück hätte aufgeschüttet werden müssen, um die gleiche Höhe wie die Straße zu erreichen. Der Bebauungsplan und der mit der Bauanzeige eingereichte Höhenplan sahen jeweils auch Aufschüttungen vor. Sie widersprachen sich jedoch insoweit, als dass der Bebauungsplan den angrenzenden Abschnitt (Hecken) als äußerst schützenswerten Bereich beschreibt, wonach Heckenstrukturen zu erhalten sind. Auf dem Höhenplan war die geplante Böschung ersichtlich sowie die Fläche, die bei einer Aufschüttung überschüttet wird, wozu auch ein Teil der Hecke gehörte. 

Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans kam nicht in Betracht, da Aufschüttungen in den Heckenbereich hinein dem Bebauungsplan widersprochen hätten. Die untere Naturschutzbehörde erhob daher Einwände, weil mit den Aufschüttungen der Böschungsfuß in die Bestandshecken hineinragen und damit die festgesetzten (äußerst schützenswerten) Heckenstrukturen beeinträchtigen würde. 

Die Petenten wussten nun nicht, ob und wie sie überhaupt bauen können. Mehrfach hatten sie mit dem Bürgermeister, dem Amt und dem Landkreis gesprochen. Jedoch führten diese Gespräche zu keiner Lösung, obwohl die Gemeinde sogar zu einer Änderung des Bebauungsplans bereit war.

Im Petitionsverfahren wandte sich der Bürgerbeauftragte an den Landrat und den Bürgermeister. Ein gemeinsamer Besprechungstermin wurde vor Ort durchgeführt. Hierbei wurde deutlich, dass die Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans nicht eingehalten werden konnten. Auch ein denkbarer Bauantrag hätte nicht bewilligt werden können, weil aus naturschutzrechtlichen Gründen von den Festsetzungen nicht befreit werden konnte.

Damit wurde eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich. Das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans wurde dann durch die Gemeinde zügig eingeleitet und ist mittlerweile abgeschlossen. Die nach dem neuen Bebauungsplan erforderliche Baugenehmigung wurde erteilt. Die Petenten haben mit dem Bau bereits begonnen.

Als Beauftragtem für die Landespolizei obliegt dem Bürgerbeauftragten, sich mit Eingaben zu befassen, die von Polizeibeschäftigten an ihn herangetragen werden. Die Schwelle dafür wurde durch den Gesetzgeber bewusst sehr niedrig gesetzt. Die Eingaben müssen lediglich ein persönliches oder dienstliches Fehlverhalten einzelner Polizeibeschäftigter oder Mängel oder Fehlentwicklungen in der Landespolizei behaupten. Polizeibeschäftigte können sich bei derartigen Problemen ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an den Polizeibeauftragten wenden. Dabei sind auch vertrauliche Eingaben zulässig, bei denen die Polizeibeschäftigten ausdrücklich um Geheimhaltung ihrer Identität ersucht haben. 

Wie auch im vorigen Berichtszeitraum waren die Hilfesuchenden überwiegend Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen. Der deutlich höhere Anteil der Hilfesuchenden wünschte sich dabei eine offene Bearbeitung seines Anliegens. Die Polizeibeschäftigten, die sich jedoch für eine vertrauliche Bearbeitung ihrer Anliegen entschieden, nannten als Beweggründe die Sorge vor dienstlichen Benachteiligungen in Form von schlechten Beurteilungen oder gar Ausgrenzung und Diskreditierung in der Dienststelle. Überwiegend hatten die Polizeibeschäftigten zunächst vergeblich versucht, polizeiintern eine Lösung zu finden.

Seit der Übernahme der Aufgaben eines Beauftragten für die Landespolizei haben sich Polizeibeschäftigte zunehmend stärker mit dieser Rolle des Bürgerbeauftragten beschäftigt und suchten seinen Rat. Und dies im wortwörtlichen Sinne: Den Polizeibeschäftigten ging es weniger um eine Petition, in der der Bürgerbeauftragte für sie tätig werden sollte. Vielmehr suchten sie jemanden, der ihnen (für die in der Polizei gemachten Erfahrungen mit Führungskräften, Kollegen oder auch mit beamtenrechtlichen Maßnahmen) einen Rat gab oder einfach nur zuhörte. Insbesondere in Führungsfragen, wo Vorgesetzte sich nicht immer angemessen durchsetzen wollten oder auch durchgesetzt haben, führte dies die Ratsuchenden zum Bürgerbeauftragten. Einzelbeispiele zeigen, wie erfolgreich derartige Petitionen sein können.

In der Petition eines Polizeivollzugsbeamten wurden beispielsweise ausbleibende Erstattungen der Dienstunfallfürsorge für physiotherapeutische Leistungen angesprochen und kritisiert. Die beantragte Leistungserstattung war durch das Landesamt für Finanzen (LAF) um 225 Euro gekürzt worden, da der Polizeibeamte nicht die günstigste Physiotherapiepraxis gewählt hatte, sondern eine Praxis, die am schnellsten Termine für die Behandlung bereitstellen konnte. 

Der Beauftragte für die Landespolizei wandte sich an den Finanzminister und wies auf die Vorteile einer schnelleren Genesung im Vergleich zu einer kostengünstigeren Behandlung hin. Das Finanzministerium, welches bereits ähnliche Feststellungen gemacht hatte, nahm dies zum Anlass, die Kriterien zur Bewilligung physiotherapeutischer Leistungen im Rahmen der Unfallfürsorge zu überarbeiten. Zukünftig werden bei der Entscheidung über physiotherapeutische Leistungen nach einem Dienstunfall nicht nur die Kosten der Behandlung, sondern auch die Verfügbarkeit von Behandlungsterminen eine Rolle spielen. Konkret bedeutet dies, dass Physiotherapiepraxen, die schnellere Behandlungstermine anbieten, trotz eines höheren Behandlungspreises gegebenenfalls genutzt werden können. Die abschließende Entscheidung im Einzelfall trifft jedoch immer das LAF. Dieses ist vorher mit dem dafür vorgesehenen Vordruck „Erklärung zur physiotherapeutischen Behandlung nach einem Dienstunfall“ zu beteiligen. Dem Polizeibeamten wurden letztendlich die 225 Euro erstattet.

Polizeiliches Schießen und Schießstätten der Polizei

Schon seit Längerem beklagen sowohl Polizeigewerkschaften wie auch einige Polizistinnen und Polizisten die unzureichende Möglichkeit zum Training mit Schusswaffen. So könnten Probleme in Situationen entstehen, die den Einsatz von Schusswaffen erfordern. In den vergangenen Jahren verringerte sich (wegen Schließung einzelner externer Schießanlagen, teilweise wegen erheblicher baulicher Mängel) das Angebot geeigneter Schießstände. Polizeieigene Schießstätten gibt es nur wenige, und diese sind zum Teil selbst mängelbehaftet oder überlastet.

Bereits im Jahr 2020 hatte die Landespolizei umfangreiche Bedarfs- und Zustandsprüfungen durchgeführt. Schon damals wurde festgestellt, dass die Schießstätten einer modernen Aus- und Fortbildung für den Bereich der polizeilichen Waffen- und Schießausbildung nicht mehr gerecht werden.

Die Landespolizei hat deswegen bereits im Februar 2021 ein Schießstättenkonzept mit Lösungsansätzen erarbeitet. Dieses Konzept stellt auch fest, dass der Landespolizei lediglich zwei landeseigene Schießstätten für die Schießtrainings zur Verfügung stehen. Durch die zusätzlich erforderliche Anmietung ergebe sich eine Abhängigkeit von privaten Schießplatzbetreibern.

Die Landespolizei hat ihren Bedarf in dem Konzept mit fünf zusätzlichen Raumschießanlagen beschrieben. Umgesetzt oder gebaut wurde davon bislang keine.
Gespräche mit dem Innenministerium haben zwar aufgezeigt, dass das Problem dort erkannt wurde. Finanzielle Mittel stehen jedoch im Landeshaushalt nicht ausreichend zur Verfügung.

Zudem fielen immer mehr privat betriebene Schießstätten für das polizeiliche Training weg. Dort, wo es in Betracht kommt, versucht die Polizei, gemeinsam mit den Betreibern die Schießstätten zu ertüchtigen. Da gesundheitsgefährdende Stoffe verbaut wurden, musste zuletzt auch ein polizeieigener Schießcontainer gesperrt und zunächst erneuert werden. Nach Auskunft der Polizei könnten Schießstätten im Haushalt der Polizei priorisiert werden. Aber dann würden andere Bauvorhaben, für die ebenfalls Bedarf besteht und auf die auch schon lange gewartet wird, wegfallen. 

Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass in diesen unmittelbar sicherheitsrelevanten Bereich investiert werden muss, trotz der angespannten Haushaltslage.

Dauer disziplinarrechtlicher Ermittlungen in der Landespolizei

Mit einem Disziplinarverfahren wird ermittelt, ob ein Dienstvergehen vorliegt und wie es zu ahnden ist. Die Verfahren sind beschleunigt durchzuführen (§ 4 Landesdisziplinargesetz). Der Bund und die Länder gehen übereinstimmend davon aus, dass das behördliche Disziplinarverfahren nach einem halben Jahr abgeschlossen sein sollte. Denn nach sechs Monaten kann sich der Beamte an das Disziplinargericht wenden. Das Beschleunigungsgebot steht damit in einem Spannungsverhältnis zu der gleichfalls bestehenden Pflicht, den disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt umfassend zu ermitteln. In der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern dauern die disziplinaren Ermittlungsverfahren teilweise mehr als neun Monate; in einem dem Bürgerbeauftragten bekannten Fall mehr als 18 Monate, ohne dass es zu einer Disziplinarentscheidung gekommen ist.

Mehrere Polizeibeamtinnen und -beamte wandten sich an den Bürgerbeauftragten als Beauftragten für die Landespolizei, weil ihnen die gegen sie eingeleiteten Disziplinarverfahren zu lange dauerten. Auch wenn es gilt, die Sachverhalte umfassend aufzuklären, ist eine Verfahrensdauer von mehr als 18 Monaten – nur für die disziplinaren Ermittlungen – den betroffenen Polizeibeamtinnen und -beamten nicht zumutbar.

Auf die Nachfragen beim Innenministerium und bei den Polizeibehörden wurde vereinzelt auf den erheblichen Umfang des auszuwertenden Materials im Rahmen der Disziplinarermittlungen verwiesen. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass die Ermittlungen aufgrund der erforderlichen Beteiligung vorgesetzter Dienstbehörden oder der Personalvertretung ihre Zeit bräuchten.

Um dem Beschleunigungsgebot zu entsprechen und die gesetzlichen Fristen einzuhalten, müssen die Disziplinarermittlerinnen und -ermittler bei Bedarf von sonstigen Aufgaben entlastet werden. Gegebenenfalls sollte zusätzliches Personal eingesetzt werden.

Führung in der Polizei

Die Polizei steht – wie die öffentliche Verwaltung insgesamt – mit ihren Führungskräften in der Verantwortung, adäquate Arbeitsbedingungen zu schaffen, Arbeitszeiten und ihre Flexibilisierung im Blick zu behalten, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu berücksichtigen sowie den Erfolg der „Organisation Polizei“ im Sicherheitsgefüge des Staates zu gewährleisten. Führungskräfte mit einer spürbar mitarbeiterorientierten Haltung, geprägt von Vertrauen, Respekt und Wertschätzung, sind dabei ein entscheidender Faktor. In einigen Petitionen spiegelt sich wider, dass diese Anforderungen noch nicht überall erfüllt werden.

Auch in der Polizei ist der Anspruch an die heutigen Führungskräfte deutlich gewachsen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben – auch in einem hierarchischen Struktursystem wie der Polizei – ausgeprägte Vorstellungen von der Organisation ihrer Arbeit. Diesen Vorstellungen müssen sich Führungskräfte stellen und ihren eigenen Führungsstil auf der Basis polizeilicher Werte entwickeln. Das Delegieren von Verantwortung und die Motivation der Mitarbeitenden sind wichtige Bestandteile eines modernen Führungsstils.

Viel hängt auch von der Persönlichkeit der jeweiligen Führungskraft und deren Geschick ab, (Führungs-)Fachwissen in der Praxis umsetzen zu können. Verschiedene Polizistinnen und Polizisten haben dies vermisst. Das aktive Annehmen einer polizeilichen Fehlerkultur, also die Art und Weise, wie ein soziales System mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen umgeht, wurde dabei thematisiert. Aus Sicht der Petenten habe die Polizei Nachholbedarf bei der Führungskultur.

In der Landespolizei gibt es viele gute und sehr gute Vorgesetzte. Aber in einigen Polizeibehörden werde immer noch ein starres Bild von hierarchischen Strukturen „von oben nach unten“ erkennbar, in denen Kommunikation teils nur schriftlich erfolgt. Modernes Führungsverhalten sei nur in Ansätzen zu erkennen. Und zugleich sei es sehr verbreitet, sich abzusichern und jeden noch so kleinen Fehler zu vermeiden. Die Petenten beklagten fehlende Rückendeckung von Vorgesetzten, die sich „nach oben“ absichern würden, vor allem dann, wenn gegen sie Vorwürfe und Beschuldigungen erhoben würden. Weiterhin berichteten sie von Mobbing, Diskriminierung und einem ungesunden Arbeitsklima.

  • In einer Polizeidienststelle wurden Büros mehrerer Mitarbeitender ausgeräumt, obwohl diese krankheitsbedingt fehlten. Private Dinge wurden dabei auf dem Flur abgestellt. Die Kommunikation (einschließlich dienstlicher Weisungen) fand über einen privaten Messenger-Dienst statt. 
  • Ein Dienststellenleiter fotografierte während eines Krankenbesuches das häusliche Umfeld und versandte die Bilder anschließend über das polizeiliche Intranet an Vorgesetzte, Personalvertretung und Gleichstellungsbeauftragte. 
  • In einer weiteren Polizeidienststelle war es Praxis, dass der Dienststellenleiter aus nicht immer nachvollziehbaren Motiven heraus Dienstpläne, die zuvor entsprechend der „Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit“ abschließend erstellt worden waren, fortlaufend änderte.
  • Die Arbeitsbelastung der Polizei ist sehr hoch. Dazu haben sich Petenten gemeldet, die durch als mangelhaft empfundene Führungsleistungen mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen mussten. Im Bereich einer Kriminalpolizeidienststelle war ein Petent mit Wissen seiner Führungskräfte zeitgleich in zwei hintereinanderliegenden Schichten in unterschiedlichen Rollen tätig. Ebenso seien mehrere sehr schwierige Ermittlungsverfahren nebeneinander bearbeitet worden, weil nicht genug personeller Ausgleich zur Verfügung gestanden habe. Nachdem das Arbeitszeitkonto „im roten Bereich“ war, hätte der Vorgesetzte weniger auf die gute Erfüllung der Arbeitsaufgaben, sondern verstärkt auf den Abbau der zu viel geleisteten Arbeitsstunden geachtet. Dies entsprach zwar der Fürsorgepflicht gegenüber dem Mitarbeiter, das Problem hätte aber gar nicht erst entstehen dürfen.

Der Bürgerbeauftragte hat die dargestellten Sachverhalte in verschiedenen Gesprächen mit den Führungskräften der Polizeibehörden und des Innenministeriums vorgetragen. Die Themen wurden auch in Beratungen mit Personalvertretungen, Gleichstellungsbeauftragten, der Hauptschwerbehindertenvertretung und den Polizeigewerkschaften erörtert. Dadurch konnten zum einen erste Lösungsansätze entwickelt und zum anderen erkannte Defizite behandelt werden. Gemeinsam mit den Beteiligten wird der Bürgerbeauftragte die Weiterentwicklung der Führungskultur in der Polizei begleiten und sich auch in die Ausbildung einbringen. Das kann dabei helfen, die vielfältigen polizeilichen Aufgaben trotz knapper Ressourcen möglichst effektiv zu bewältigen.

Beschäftigung eines Polizeibeamten nach dem Eintritt in den Ruhestand

Durch die freiwillige Weiterbeschäftigung von Polizeibeamten nach Pensionierung in Tätigkeiten, die nicht durch Polizeivollzugsbeamte wahrgenommen werden müssen, kann in diesem begrenzten Rahmen dem Fachkräftemangel in der Landespolizei begegnet werden.

Ein Polizeibeamter wollte nach dem Eintritt in den Ruhestand als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer bei der polizeilichen Präventionsarbeit weiter unterstützen. Im August 2022, weit vor seinem regulären Eintritt in den Ruhestand, hatte sich der Beamte mit der Idee der Weiterbeschäftigung im Angestelltenverhältnis an den Leiter der Polizeiinspektion gewandt, der das Ansinnen unterstützte. Trotz vieler Nachfragen erhielt er erst elf Monate später, im Juli 2023, die Auskunft, das Anliegen sei im Innenministerium eingebracht worden und eine Entscheidung erfolge zeitnah. 

Als er auch Anfang Dezember 2023 noch nichts gehört hatte, wandte sich der Polizeibeamte an den Bürgerbeauftragten. Für den Petenten war es unverständlich, dass es immer noch keine Entscheidung gab. Vor allem deshalb, weil derartige Beschäftigungsmodelle bei anderen Landespolizeien und der Bundespolizei durchaus üblich sind. Der Bürgerbeauftragte bat das Innenministerium um eine Stellungnahme.

In der Antwort versicherte der Innenminister, dass das Anliegen des Petenten für die Weiterführung der Präventionsarbeit nach seiner Versetzung in den Ruhestand ausdrücklich unterstützt werde. Das Innenministerium habe die Anfrage der Polizeiinspektion lediglich aufgrund eines Büroversehens nicht beantwortet. Ungeachtet dessen habe es in der Vergangenheit bereits vereinzelt ähnliche Anfragen gegeben. Die seien dahingehend beantwortet worden, dass die Finanzierung geringfügiger Beschäftigung aus einer freien oder nicht ausgelasteten Arbeitnehmerstelle möglich sei. 

Der Bürgerbeauftragte teilte dem Petenten im Januar 2024 – wie sich nachträglich herausstellte, voreilig – den erfolgreichen Abschluss seines Anliegens mit. Einer nahtlosen Weiterbeschäftigung nach dem Eintritt in den Ruhestand sollte nichts im Wege stehen.

Allerdings hatte der Petent im März 2024 immer noch keinen Arbeitsvertrag erhalten. Vielmehr sollte er diesen entwerfen und dem Polizeipräsidium eine Tätigkeitsbeschreibung vorlegen.

Das dazu durch den Bürgerbeauftragten erneut befragte Innenministerium teilte nun mit, dass das Polizeipräsidium nach der Zusage zunächst habe prüfen müssen, welche freien Stellenanteile zur Verfügung stünden. Dazu sei auch eine Zuarbeit aus dem Landesamt für Finanzen erforderlich gewesen. Letztendlich konnte das Polizeipräsidium dem Petenten eine geringfügige Beschäftigung anbieten. Der Petent hat im Juli 2024 die Tätigkeit aufgenommen und hilft damit, nicht besetzte Fachdienstposten in der Polizei zu entlasten sowie vorhandenes Fachwissen zu erhalten und weiterzugeben.

Polizeiliche Dienstplanung mit der Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit

Die Dienstplanung der Polizei muss sehr flexibel möglich sein, um den Erfordernissen der polizeilichen Arbeit gerecht werden zu können. Das Innenministerium und der Hauptpersonalrat der Polizei haben dafür eine (Rahmen-) Dienstvereinbarung abgeschlossen, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch flexible Arbeitszeitregelungen fördern soll. In dem zulässigen Rahmen sollen Vorgesetzte die Arbeitszeit der Beschäftigten möglichst individuell und zugleich flexibel mit Blick auf die persönlichen Umstände der Beschäftigten und die dienstlichen Erfordernisse planen. Ein wichtiges Grundelement der Dienstvereinbarung ist eine monatliche Dienstplanung, die bis zum 21. des Vormonats abgeschlossen sein muss.

In dem vorgetragenen Fall geht es um die Stundenabrechnung in einem Polizeirevier, das im Rahmen eines „bedarfsorientierten Schichtdienstmanagements“ arbeitete. Die Petenten machten dem Bürgerbeauftragten deutlich, dass es Fälle gebe, in denen auch ein bereits bestätigter Dienstplan noch einmal geändert werden müsse. Dies sei zum Beispiel bei kurzfristigen Einsätzen, Fortbildungen oder Erkrankungen der Fall.

Ein Polizeibeamter hatte zwei Nachtschichten geplant. Diese waren ursprünglich in den bestätigten Dienstplan verbindlich aufgenommen worden. Dann hatte der Beamte eine Fortbildung beantragt, die auch genehmigt wurde. Deshalb sind die zwei Nachtschichten gestrichen und durch einen Fortbildungstag ersetzt worden. Der Beamte konnte diese Fortbildung wegen einer Erkrankung aber gar nicht antreten. Im Rahmen der Arbeitszeitabrechnung ist für den Polizeibeamten zunächst ein Tag Fortbildung angerechnet worden. Das hatte dem zuletzt genehmigten Dienstplan entsprochen. Nachdem der Polizeibeamte dies beanstandete, wurden unter Hinweis auf die Rahmendienstvereinbarung die ehemals geplanten zwei Nachtschichten angerechnet. Denn Grundlage für die vorgeplante Dienstleistungspflicht bei Dienst zu wechselnden Zeiten sei der Dienstplan zum 21. des Vormonats. Kann ein Dienst wegen Krankheit nicht erbracht werden, so wird für diesen Tag die Sollarbeitszeit angerechnet. Der Beamte hatte argumentiert, dass zum 21. des Vormonats für ihn zwei Nachtschichten eingeplant waren und diese müssten nun für das Jahresarbeitszeitkonto angerechnet werden. So wurde dann auch durch die zuständigen Vorgesetzten entschieden, obwohl zwischenzeitlich der Dienstplan geändert worden war und der betreffende Polizeibeamte, wäre er nicht erkrankt, seine eintägige Fortbildung angetreten und abgerechnet hätte.

Diese Abrechnung ist kaum vermittelbar. Auch wenn zum 21. des Vormonats ein verbindlicher Dienstplan in der Dienststelle bestanden hatte, ist es geübte Praxis, den Dienstplan bei Erfordernis zu ändern (zum Beispiel bei Einsätzen oder Fortbildung). Daher hätte bei Krankheit dann auch der zum Zeitpunkt der Abrechnung gültige (geänderte) Dienstplan herangezogen werden müssen. 

Auf Nachfrage bei den Vertragsparteien der Rahmendienstvereinbarung (Hauptpersonalrat der Polizei und Innenministerium) wurde deutlich, dass die Rahmendienstvereinbarung unterschiedlich ausgelegt wird. Das Innenministerium antwortete im Wesentlichen, dass Änderungen des Dienstplanes nach dem 21. des Vormonats nicht vorgesehen sind.

Der Hauptpersonalrat der Polizei betonte, dass es durch eine Dienstplanänderung nach dem 21. nicht ohne weiteres zu einem neu bestätigten Dienstplan komme. Denn die notwendigen Änderungen seien erneut zustimmungspflichtig. Der Hauptpersonalrat der Polizei stellt damit im Wesentlichen auf die bereits zum 21. des Vormonats zugrunde gelegten Daten des Dienstplans ab, erkennt aber auch die dienstlich bedingten Änderungsbedarfe. Dabei dürfen jedoch aus Sicht des Hauptpersonalrates die Änderungen nur im Einvernehmen erfolgen und nicht zu Lasten der Mitarbeitenden gehen. Wenngleich der Hauptpersonalrat darauf besteht, dass es bei einer Dienstplanänderung nach dem 21. nicht zu einem „neu bestätigten“ Dienstplan kommt, gesteht er jedoch zu, dass es sich bei Änderungen „in der Theorie um eine erneut zustimmungspflichtige Änderung des Dienstplanes“ handele. Das heißt, nach Ansicht des Hauptpersonalrates kann es einen neuen Dienstplan geben, wenn die Dienststellenleitung diesen neu bestätigt. Dies entspricht auch der derzeitigen Praxis in den Polizeidienststellen mit Schichtdienst.

Demnach sind sich die Vertragsparteien bei der Auslegung der Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit nicht einig. Trotz eines ausdrücklichen Hinweises des Bürgerbeauftragten, dass die Praxis in den Polizeidienststellen anders gelebt wird, besteht das Innenministerium weiterhin darauf, dass nach dem 21. des laufenden Monats für den Folgemonat keine Änderungen im Dienstplan mehr möglich sind. Diese Ansicht verkennt, dass nicht nur eine außerordentliche Fortbildung zu Änderungen im Dienstplan führen kann, sondern auch die durch das Innenministerium oder die Polizeibehörden angeordneten außerordentlichen Einsätze. Nicht jeder Einsatz ist am 21. des Vormonats planbar.

Beide Vertragsparteien legen die Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit an dieser Stelle sehr unterschiedlich aus. Der Bürgerbeauftragte hat daher angeregt, die Rahmendienstvereinbarung Arbeitszeit neu zu fassen oder zu konkretisieren. Hierzu haben entsprechende Verhandlungen begonnen.

Die an den Bürgerbeauftragten herangetragenen Fälle lassen erkennen, dass teilweise nicht immer angemessen reagiert wird. Sie zeigen aber auch, wie mit festgestellten Fehlern umgegangen wird. Dabei wird erneut deutlich, dass nur ein sehr kleiner Teil der Polizeiarbeit Anlass zur Kritik bietet und damit der weit überwiegende Teil nicht zu beanstanden war.

Bürgerinnen und Bürger nutzten vermehrt die Sprechstunden sowie die persönlichen Gespräche mit dem Bürgerbeauftragten, um ihre Erlebnisse und Sorgen mit der (Landes-)Polizei darzustellen. Die nachfolgenden Fallbeispiele zeigen die Bandbreite der an den Bürgerbeauftragten herangetragenen Themen, die im Zusammenhang mit polizeilichem Handeln stehen, auf. Darunter waren überwiegend Beschwerdefälle, die sich mit einer unzulänglichen Arbeitsweise der Polizei oder einem unangemessenen Auftreten und Verhalten der handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten beschäftigten. Zugenommen haben auch Fälle, in denen sich Bürgerinnen und Bürger über polizeiliche Maßnahmen beschwerten, die eine erkennungsdienstliche Behandlung, verkehrspolizeiliche Kontrollen oder auch Durchsuchungen und Beschlagnahmen zum Gegenstand hatten.

Aber auch Einzelfälle, die nicht prägend für das sonstige polizeiliche Handeln sind, wurden dem Bürgerbeauftragten zur Lösung vorgetragen. Dabei war auch der Versuch eines Polizeibeamten, in einem Social Media Chat behilflich zu sein. In einer privat geäußerten Personensuche äußerte der Polizeibeamte, dass er helfen könne. Die angebotene Hilfe bezog sich auf die private und damit missbräuchliche Nutzung polizeilicher Auskunftssysteme, um Erkenntnisse über andere Personen zur Verfügung stellen zu können. Bereits der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern hatte in seinem Jahresbericht für den Berichtszeitraum 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 derartige Fälle aufgezeigt.

Vorsorgevollmacht und polizeiliche Anzeigenaufnahme

Die vorsorgebevollmächtigte Ehefrau eines Bürgers wollte bei einer Polizeidienststelle eine Strafanzeige erstatten, da ihr Ehemann bei einem Krankenhausaufenthalt bestohlen worden sei. Dafür legte sie die Vorsorgevollmacht für ihren an Demenz erkrankten Ehemann vor. Da die Vollmacht nach Ansicht der Polizei nicht vollständig leserlich war, wurde sie nicht berücksichtigt. Der Polizeibeamte ließ zur Anzeigenaufnahme nur den Ehemann in die Dienststelle hinein.

Im Anschluss wandte sich die Ehefrau an den Bürgerbeauftragten. Im Rahmen der von ihm erbetenen Stellungnahme stimmte die Polizei überein, dass die Vorsorgevollmacht hätte beachtet werden müssen, beispielsweise durch Vorlage der Originalvollmacht. Auch hätte bei Zweifeln an der wirksamen Vollmachtserteilung der Ehemann angehört werden müssen, der zur Anzeigenerstattung zugegen war. Denn auch eine mündliche Vollmachtserteilung ist möglich. Auch die Aussage der bevollmächtigten Ehefrau hätte aufgenommen werden müssen. 

Die Aufnahmesituation wurde mit dem aufnehmenden Polizeibeamten und seinem Dienstgruppenleiter kritisch ausgewertet. Letztendlich können die Hinweise des Bürgerbeauftragten dazu führen, dass in der Polizei künftig sorgfältiger mit Vorsorgevollmachten und den damit betrauten Personen umgegangen wird.

Umgang mit psychisch beeinträchtigten Menschen durch Polizei und Justiz

Der persönliche Umgang mit Menschen, die in bestimmten Situationen anders als erwartbar reagieren und einen anderen emotionalen Zugang beziehungsweise eine andere Empfindlichkeit haben, kann herausfordernd sein. Besonders dann, wenn die Situation als solche konfliktbeladen ist, so bei polizeilichen Einsätzen oder Gerichtsverhandlungen.

Ein Petent hatte den Bürgerbeauftragten gebeten, die Polizei auf die Folgen eines Einsatzes hinzuweisen. Der Petent gehört mit einem Grad der Behinderung von 60 zum Personenkreis der Menschen mit einer Schwerbehinderung (Epilepsie mit Autismus-Spektrum-Störung). Der Kontakt mit Menschen und der Umgang mit ungewöhnlichen Situationen falle ihm daher oftmals schwer.

Die Polizei hatte den Petenten in der Annahme bevorstehender häuslicher Gewalt der Wohnung verwiesen. Eine Anhörung oder ein Gespräch darüber, wie der Petent die Situation einschätzt und welche Beweggründe ihn leiten, fand nicht statt. Dies führte der Petent auch darauf zurück, dass die Polizeibeamten im Umgang mit Menschen, die eine psychische Beeinträchtigung haben, nicht oder nicht hinreichend geschult seien. 

Das Innenministerium berichtete dem Bürgerbeauftragten, dass zum Umgang und zur Kommunikation mit nicht oder nur bedingt steuerbaren oder auch beeinträchtigten Personen (zum Beispiel durch Erkrankungen oder Missbrauch von Suchtmitteln) in der Landespolizei Schulungen stattfinden. Flächendeckende Fortbildungen im Rahmen des Angebots der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege gebe es jedoch nicht. Hier sieht der Bürgerbeauftragte, auch aufgrund der Hinweise aus den Reihen der Polizeibeamten und Führungskräfte, noch Nachholbedarf.

Das Thema des polizeilichen Umgangs mit psychisch erkrankten oder beeinträchtigten Menschen ist auch auf der Tagung der Polizeibeauftragten der Länder am 28. November 2024 in Mainz thematisiert worden. Die Polizeibeauftragten stellten fest, dass die Polizei zunehmend mit Situationen konfrontiert wird, an denen Menschen mit psychischen Erkrankungen oder in psychischen Ausnahmesituationen beteiligt sind. Allgemeingültige Handlungsanleitungen für die Polizei gibt es jedoch nicht, was sich ändern muss.

In einem weiteren Fall wurde ein Petent mit psychischer Beeinträchtigung während einer Gerichtsverhandlung aus dem Saal geführt, weil er sich laut und aggressiv verhalten hatte. Auch hier klagte der Petent über mangelnde Erfahrung im Umgang mit Menschen, die nicht wie andere reagieren. 

Das Justizministerium führte in seiner Stellungnahme aus, dass für die anwesenden Justizwachtmeister die psychische Erkrankung des Petenten in der Situation nicht unmittelbar erkennbar war. Gleichwohl würden auch die Justizwachtmeisterinnen und ‑wachtmeister regelmäßig an Sicherheitsschulungen teilnehmen, um in schwierigen Situationen angemessen zu reagieren.

Wenn die Polizei nicht kommt …

Ein Rettungsschwimmer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. wandte sich an den Bürgerbeauftragten, da er über den polizeilichen Notruf keine Hilfe bekommen hatte. Es wollte sich nicht nur über die ausbleibende Reaktion der Polizei nach einem Notruf beschweren, sondern benötigte tatsächlich immer noch Hilfe.

Der Petent berichtete am Telefon, er sei ehrenamtlicher Rettungsschwimmer auf einem Rettungsturm an der Ostsee. Dort gingen im Bereich der Badegäste Kitesurfer ihrem Hobby nach und würden dabei die Badegäste erheblich gefährden. Er habe zwar ein Weisungsrecht, nur würden die Kitesurfer auf ihn nicht hören. So habe er am 20. August 2024 nachmittags erfolglos versucht, mit den Kitesurfern ins Gespräch zu kommen, um auf die Gefahrensituation für die Badegäste und das Fahrverbot für Kitesurfer aufmerksam zu machen. 

Letztendlich sei ihm nichts anderes übriggeblieben, als das Baden an dem Strandabschnitt zu verbieten, weil die Gefahr für die Badenden durch die Geschwindigkeit der Kitesurfer zu groß gewesen wäre. Badegäste hätten mit Unverständnis reagiert. Zugleich habe er über den polizeilichen Notruf 110 die Polizei um Hilfe gebeten. Auf ausdrückliche Nachfrage der Polizeibeamtin am Telefon habe er darauf bestanden, dass die Polizei ihm zu Hilfe komme. Der Petent wiederholte im Verlaufe des Gespräches nochmals, dass er die Polizei, möglichst mit Boot, vor Ort wünsche, um die Gefahr zu beseitigen. Die Zuständigkeit für Gefahrenabwehr liege bei der Polizei. 

Die Polizeibeamtin habe daraufhin zugesichert, dass sie einen Streifenwagen schicken würde. Der Petent fand das zwar erstaunlich, da dieser auf dem Wasser nicht tätig werden könne. Er habe jedoch damit gerechnet, dass die Polizei sich die Situation erst einmal anschauen wolle, um dann gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen. So lange die Polizei nicht gekommen sei, habe er das Badeverbot aufrechterhalten. Auch zwei bis drei Stunden nach seinem Notruf sei immer noch keine Polizei erschienen. 

Die Polizei nannte dem Bürgerbeauftragten verschiedene Gründe, die dazu geführt hätten, dass sie an dem Tag nicht mehr bei dem Petenten erscheinen konnte. So habe es zeitgleich zwei hochpriorisierte Einsätze gegeben – zum einen ein vermisstes Kind am Strand und zum anderen einen tödlichen Reitunfall. Diese Anlässe hätten die verfügbaren Einsatzkräfte gebunden. Auch Kräfte der Wasserschutzpolizei hätten in angemessener Zeit nicht zum Einsatz kommen können.

Da der Petent am nächsten Tag erneut mit dem Auftauchen von Kitesurfern rechnete und nicht wusste, wie er die Polizei richtig erreichen kann, rief er beim Bürgerbeauftragten an. Der zuständige Referent informierte umgehend das Einsatzdezernat des Polizeipräsidiums. Infolge dieses Telefonates bekam das zuständige Polizeirevier den Auftrag, den Petenten zu unterstützen. Bäderdienstkräfte der Polizei suchten dann den Petenten auf, um den Sachverhalt aufzunehmen beziehungsweise die aktuelle Gefahrenlage vor Ort zu bewerten.

Der Petent bedankte sich beim Bürgerbeauftragten und kündigte an, auch im Jahr 2025 wieder mindestens zehn Wochen an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern seinen ehrenamtlichen Dienst als Rettungsschwimmer versehen zu wollen. Er betonte darüber hinaus ausdrücklich, dass sich seine Petition nicht gegen die Polizei gerichtet habe, sondern vielmehr gegen deren personelle Ausstattung, die eine Reaktion auf seinen Notruf kurzfristig nicht zugelassen habe.

Einziehung Mobiltelefon

Ein Petent berichtete dem Bürgerbeauftragten, dass sich sein an Krebs erkrankter Vater seit geraumer Zeit in einem Krankenhaus befinde. Dort werde er palliativ mit Medikamenten behandelt. Seit kurzem werde ihm hoch dosiertes Morphin zur Linderung der Schmerzen verabreicht. Häufige Nebenwirkungen des Medikaments seien Benommenheit, Schläfrigkeit und psychische Veränderungen.

Eines nachts sei der Vater wach geworden und desorientiert sowie verängstigt gewesen. In seiner Verzweiflung habe er den Notruf der Polizei angerufen und mitgeteilt, dass er in einer Kirche eingesperrt sei und Hilfe benötige. Durch die Polizei seien Suchmaßnahmen eingeleitet worden. Nach einem Rückruf der Polizei habe er den Beamten mitteilen können, dass er sich im Krankenhaus aufhalte.

Polizeibeamte hätten daraufhin den Vater noch in der Nacht aufgesucht. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass die Telefonnummer seines Mobiltelefons vor einigen Monaten einem Geschädigten zugeordnet worden sei, dessen Mobiltelefon als gestohlen gemeldet wurde. Das Telefon sei durch die Beamten (nur) auf Grund der äußeren Erscheinung (schwarzes Smartphone) als mögliches Diebesgut identifiziert und für weitere Prüfungshandlungen gegen den Willen des Vaters beschlagnahmt worden. Dieser habe darauf hingewiesen, dass er das Telefon rechtmäßig in einem Geschäft erworben habe. Gegen die Maßnahme habe er mündlich Widerspruch eingelegt. Die Polizeibeamten hätten ihm dann noch mitgeteilt, dass sie ihn wegen des Missbrauchs des Notrufes anzeigen werden.

Der Petent war wegen des als unsensibel empfundenen Verhaltens der handelnden Polizeibeamten erschüttert. Am nächsten Tag sei der Petent durch die Lebensgefährtin seines Vaters darüber informiert worden, dass sein Vater telefonisch nicht mehr erreichbar sei. Der Umstand, dass der Vater keinen Kontakt zu den Angehörigen mehr habe herstellen können und keine weiteren Informationen zum Verfahren von der Polizei gekommen seien, veranlasste den Petenten, seine Schwägerin, die in Mecklenburg-Vorpommern Polizeibeamtin ist, um Unterstützung zu bitten. Ihr Wirken gegenüber dem Polizeirevier führte nicht dazu, dass das Mobiltelefon wieder herausgegeben wurde.

Sechs Tage, nachdem das Mobiltelefon dem Vater entzogen worden war, informierte das Krankenhaus, dass das Telefon nun per Post nach Hause zum Petenten geschickt werde. Seitens des Polizeireviers sei keine weitere Stellungnahme erfolgt, sondern an die Staatsanwaltschaft verwiesen worden. Erst nach 22 Tagen erreichte das Mobiltelefon wieder die Familie.

Auf die Bitte des Bürgerbeauftragten übermittelte das zuständige Polizeipräsidium eine Stellungnahme und versuchte das Verhalten der Polizei zu erklären. Die Beschreibung des Polizeipräsidiums verweist einerseits auf unglückliche Umstände, die zur Sicherstellung des Mobiltelefons geführt haben. Andererseits waren offensichtlich die internen Arbeitsabläufe der Polizeidienststelle nicht optimal organisiert. Aber auch das Handeln der Polizeibeamten war nicht fehlerlos, da bereits vor Ort durch die Überprüfung spezifischer Merkmale des Mobiltelefons hätte festgestellt werden können, ob es sich um das abhandengekommene Mobiltelefon handelte.

Der Sachverhalt soll mit dem Polizeirevier besprochen und die fehlerhafte Bearbeitung durch eine Änderung der Bearbeitungsprozesse abgestellt worden sein.

Im Bereich des Rechtsausschusses gingen im Berichtsjahr 80 Anfragen und Eingaben beim Bürgerbeauftragten ein (Vorjahr: 63).

Den überwiegenden Teil der Petitionen bildeten mit 46 Eingaben wie auch in den Vorjahren Anfragen und Beschwerden zu staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Verfahren. Hier beschränkt sich die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten auf allgemeine Nachfragen und Beratung zur Dauer der Verfahren, da ihm ein Eingriff in laufende und abgeschlossene Justizverfahren gesetzlich untersagt ist.

Weitere 13 Eingaben betrafen den Bereich des Betreuungsrechts. Hierbei ging es einerseits um Probleme mit den gerichtlich bestellten Betreuerinnen und Betreuern, andererseits um die lange Bearbeitungsdauer.

In einem Fall beklagte ein Petent, dass die betreuungsgerichtliche Genehmigung zum Verkauf eines Grundstücks zwar zügig erteilt, ihm aber erst Monate später zugestellt wurde. Hierdurch konnte die Abwicklung des Kaufvertrages erst später erfolgen, was für den Petenten mit Folgekosten verbunden war. Der Bürgerbeauftragte konnte dem Petenten erläutern, dass ähnliche Fälle zum gleichen Betreuungsgericht an ihn herangetragen wurden. Hintergrund war, dass das Amtsgericht durch Personalengpässe und die gleichzeitige Umstellung auf die elektronische Akte mit der Abarbeitung von Verfügungen im Rückstand war.

In einem anderen Fall beantragte ein Petent als Betreuer die Genehmigung zur Auflösung des Sparkontos seiner durch ihn betreuten Tante. Das Betreuungsgericht reagierte hierauf nicht. Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten stellte sich heraus, dass durch das Betreuungsgericht ein Verfahrenspfleger bestellt worden war, der die Akte aufgrund eines Büroversehens nicht bearbeitet hatte. Über den Antrag wurde sodann zügig entschieden.

Überlange Verfahrensdauer bei den Gerichten

Wie auch in den Vorjahren beschäftigten sich viele Petitionen mit überlangen Verfahrensdauern an den Gerichten. Dies betraf die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit ebenso wie die Verwaltungs- und Sozialgerichte sowie in einem Fall das Grundbuchamt. Einzelne Verfahren dauerten bereits fast zehn Jahre.

Einige der älteren Petenten hinterfragten aufgrund der langen Dauer ihrer Gerichtsverfahren, ob sie deren Ausgang noch erleben würden. Dies macht deutlich, dass überlange Verfahrensdauern dazu führen können, bei den Beteiligten das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erschüttern.

Der Bürgerbeauftragte befindet sich zu diesem wiederkehrenden Thema im Austausch mit dem Justizministerium. Die Ministerin stellte in einem Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten dar, wie das Ministerium mit Hilfe eines Bestandsmonitorings und daraus abzuleitender Maßnahmen den langen Verfahrensdauern entgegenwirken will. Der Bürgerbeauftragte bat in diesem Zusammenhang auch darum, insbesondere im organisatorischen Bereich den weitergehenden Einsatz von IT-Lösungen zu prüfen, beispielsweise bei der Terminkoordinierung.

Die Ministerin und der Bürgerbeauftragte verständigten sich darauf, den gegenseitigen Austausch regelmäßig fortzusetzen.

Mehr Transparenz im Stiftungswesen

In Mecklenburg-Vorpommern ist das Justizministerium für die Stiftungsaufsicht über die rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts zuständig, die in einem Stiftungsverzeichnis geführt werden. Da das Stiftungsgesetz nur für Stiftungen des bürgerlichen Rechts gilt, sind auch nur diese ins Stiftungsverzeichnis des Landes aufzunehmen. Dementsprechend finden sich die drei durch das Land gegründeten Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht im Stiftungsverzeichnis. Diese unterliegen auch nicht der Stiftungsaufsicht des Justizministeriums, sondern der Aufsicht des jeweils fachlich zuständigen Ministeriums.

Ein Bürger wandte sich an den Bürgerbeauftragten und bemängelte, dass die öffentlich-rechtlichen Stiftungen in Mecklenburg-Vorpommern nicht auf der Internetseite des Justizministeriums mit aufgelistet sind. In anderen Bundesländern sei dies der Fall. 

Nachdem der Bürgerbeauftragte die Staatskanzlei auf das Problem hinwies, konnte nach Abstimmungen innerhalb der Landesregierung erreicht werden, dass auf der Internetseite des Justizministeriums auch eine Übersicht über die Stiftungen des öffentlichen Rechts veröffentlicht wurde. Dies führt zu mehr Transparenz für eine übergreifende Darstellung beider Arten von Stiftungen.

Endlich Besuche bei den Eltern (Fortsetzung aus dem Jahr 2019)

Zuletzt im Jahresbericht 2019 wurde über den Fall eines Straftäters mit autistischer Behinderung berichtet, der aufgrund einer Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit im Maßregelvollzug untergebracht ist, mittlerweile seit über 15 Jahren.

Zum Hintergrund: Das Strafgericht ordnet einen Maßregelvollzug in einem psychiatrisch-forensischen Fachkrankenhaus oder in der entsprechenden Abteilung einer psychiatrischen Klinik (Forensik) an, wenn Täter wegen psychischer Erkrankungen schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sind und wenn bei ihnen weitere Straftaten zu erwarten sind. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist im Gegensatz zur Freiheitsstrafe nicht von vornherein zeitlich befristet. Mögliche Lockerungen, vom begleiteten Ausgang über den Freigang bis hin zu Langzeiturlaub oder zur Entlassung auf Bewährung, hängen von den Therapiefortschritten des Einzelnen ab. Interne und externe Gutachter beurteilen regelmäßig die Erfolge der therapeutischen Arbeit. Dabei geht es nicht nur um Lockerungen für den Patienten, sondern bei Misserfolgen auch um die Frage, ob ein Straftäter im Maßregelvollzug noch richtig untergebracht ist.

Der Bürgerbeauftragte begleitete und unterstützte den Patienten und seine Mutter seit dem Jahr 2016 immer wieder bei den Bemühungen, Besuche bei den Eltern zu erreichen. Im September 2023 fand dazu ein Gespräch des Bürgerbeauftragten mit der Chefärztin im Klinikum für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie statt, in dem die Unterbringung erfolgt.

Ende 2023 hat sich die Mutter erneut mit der Bitte um Hilfe an den Bürgerbeauftragten gewandt. Das Sozialministerium hatte ihr im Mai 2023 mitgeteilt, dass aus Sicht des forensischen Klinikums stundenweise begleitete Besuche des Sohnes in der elterlichen Wohnung denkbar seien, sobald er eine „stabilere Phase“ erreiche. Im Februar 2024 kamen dann sowohl das Klinikum als auch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts zu der Überzeugung, dass die seit langem vorbereiteten Beurlaubungen zu den Eltern vertretbar und notwendig seien. 

Im April 2024 informierte die Petentin den Bürgerbeauftragten, dass das Sozialministerium, obwohl es mit dem Sachverhalt vertraut sei, noch nicht über den Antrag des Klinikums auf Besuche bei den Eltern entschieden habe. Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten teilte das Sozialministerium mit, dass mittlerweile auch das für die Sicherheitsfragen zuständige Justizministerium zugestimmt habe. Zunächst wurden – unter Einhaltung umfassender Sicherungsmaßnahmen – bis zu zwei Besuche bei den Eltern im Jahr 2024 für maximal zwei Stunden genehmigt. Sollten zwei aufeinanderfolgende Besuche beanstandungsfrei verlaufen und sich zugleich die beobachtete Stabilisierung auf der Verhaltensebene fortsetzen, könne das Klinikum den Sohn der Petentin bis zu viermal pro Kalenderjahr ausführen. Es kämen dann nicht mehr nur Besuche in der Wohnung der Eltern, sondern auch andere Gestaltungen in Betracht.

Nach Auskunft der Petentin haben 2024 zwei Besuche bei den Eltern für je eine Stunde stattgefunden, welche ohne Probleme verlaufen seien. Dem Anliegen der Petentin konnte somit entsprochen werden.

Löschung einer Eintragung im Bundeszentralregister

Eine Petentin, die einmalig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt worden war, fragte den Bürgerbeauftragten, welche Möglichkeiten es gibt, die Eintragung im Bundeszentralregister schon vor Ablauf der allgemeinen Tilgungsfrist zu löschen. Denn die Eintragung belastete die Petentin bei Bewerbungen auf für sie relevante Stellen.

Der Bürgerbeauftragte informierte die Petentin über die Möglichkeit eines Antrages auf vorzeitige Tilgung der Eintragung nach § 49 Absatz 1 Bundeszentralregistergesetz. Ein solcher Antrag ist schriftlich beim Bundesamt für Justiz einzureichen. Dieses entscheidet, ob die vorzeitige Tilgung geboten ist, um eine unbillige Härte für die Betroffene abzuwenden. Dem darf aber das öffentliche Interesse nicht entgegenstehen. Der bei dieser Prüfung angelegte Maßstab ist regelmäßig sehr streng, da die vorzeitige Löschung den schwerwiegendsten Eingriff in den Registerbestand darstellt. 

Im Rahmen der Prüfung werden neben den negativen Auswirkungen der Eintragung auch weitere Aspekte, wie die Begleichung der Strafe, der Ausnahmecharakter der Straftat sowie deren Schwere und schließlich die noch verbleibende Zeit bis zum Ende der Tilgungsfrist berücksichtigt. In jedem Fall sollte in dem Antrag auf vorzeitige Tilgung sehr detailliert dargestellt und begründet werden, warum die fortbestehende Eintragung im Bundeszentralregister eine unbillige Härte ist.

Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht per Fax erreichbar

Ein weiteres Thema, das den Bürgerbeauftragten im Berichtsjahr beschäftigte, waren Probleme beim Empfang von Telefaxen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes.

Eine Petentin berichtete von Problemen beim Faxversand an Gerichte und Staatsanwaltschaften in Mecklenburg-Vorpommern. In einem Fall konnte sie deswegen sogar eine Rechtsmittelfrist nicht wahren. Auf den Internetseiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften findet sich zwar ein Hinweis, der den Versand von Telefaxen nur in Ausnahmefällen anrät und empfiehlt, sich durch Nachfrage den Eingang bestätigen zu lassen. Für anwaltlich nicht vertretene Bürgerinnen und Bürger stellt das Fax in Gerichtsverfahren gerade bei Termindruck aber oft das einzige Kommunikationsmittel dar. Anders als eine gängige E-Mail kann ein Faxschriftsatz das Schriftformerfordernis erfüllen.

Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten teilte das Justizministerium mit, dass das Problem seit der vor einigen Jahren erfolgten Umstellung der Telefonsysteme auf IP-Telefonie bestehe. Diese Situation sei jedoch nicht auf die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern beschränkt. Auf Nachfragen des Ministeriums beim IT-Dienstleister des Landes und bei den Netzbetreibern sei mitgeteilt worden, dass die Datenübermittlung per Telefax für ein analoges Übertragungssystem konzipiert worden sei und daher bei der digitalen Datenübertragung Störungen nicht zu vermeiden seien.

Das Ministerium empfiehlt, über die vom Bund bereitgestellte Webanwendung „Mein Justizpostfach“ (www.mjp.justiz.de) zu kommunizieren. Hierüber sei die verschlüsselte elektronische Kommunikation für jede Bürgerin und jeden Bürger mit der Justiz sowie Behörden, Anwälten, Notaren und Steuerberatern alternativ zum Telefax möglich. Zudem verweist das Ministerium auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sollte eine Rechtsmittelfrist aufgrund technischer Probleme bei der Faxübermittlung versäumt worden sein. Schließlich würde das Ministerium den Hinweis auf den Internetseiten der Justiz noch einmal überprüfen. Dabei soll es auch um die Argumentation des Bürgerbeauftragten gehen, ob ein Anruf beim Gericht wirklich ein sinnvolles Mittel ist, um sich den Zugang eines Faxes bestätigen zu lassen. Zwischenzeitlich ist der Hinweis auf den Internetseiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften geändert worden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Justiz die technischen Vorkehrungen treffen muss, um Telefaxe verlässlich empfangen zu können, solange diese Technologie für die Entgegennahme von Schriftsätzen weiter angeboten wird.

Die Zahl der Petitionen sank im Berichtsjahr auf 64 (Vorjahr: 77). Hierbei war insbesondere bei Eingaben zur Grundsteuerreform ein deutlicher Rückgang von 12 auf 4 Petitionen zu beobachten. 

Darüber hinaus haben sich auch die Petitionen im Zusammenhang mit der Beantragung oder Rückforderung von Kindergeld von 21 im Vorjahr auf 13 rückläufig entwickelt.

Weitere 21 Eingaben betrafen das Steuerrecht, wobei verschiedene Steuerarten betroffen waren. Häufig wurden Probleme im Rahmen der Vollstreckung angeführt. Sei es, dass keine Aussetzung der Vollziehung gewährt oder ein Ratenzahlungsangebot in Verbindung mit einer Stundung durch das Finanzamt abgelehnt wurde.

Einzelne Petitionen bezogen sich auf Fragen der Beamtenversorgung oder des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes, unter anderem zur Inflationsausgleichsprämie oder der Einführung einer pauschalen Beihilfe. Petitionen zur langen Dauer der Beihilfebearbeitung gingen im Berichtszeitraum auf lediglich eine Petition zurück. Die im 29. Jahresbericht zum Ende des Jahres 2023 beschriebene Verbesserung bei der Bearbeitung von Beihilfeanträgen hielt erfreulicherweise im Jahr 2024 an.

Höhere Grundsteuer für Ehrliche?

Der Inhaber einer Eigentumswohnung in einem großen Mehrfamilienhaus mit einer Vielzahl gleich großer Eigentumswohnungen wandte sich wegen der Grundsteuerreform an den Bürgerbeauftragten. Er habe nach seiner Steuererklärung einen Bescheid erhalten, der auf einen höheren Wert laute als die Bescheide seiner Nachbarn. Seine Sorge war, dass andere falsche Angaben gemacht hätten und nur er aufgrund wahrheitsgemäßer Erklärung im Verhältnis zu den anderen stärker belastet werde.

Der Bürgerbeauftragte wollte hierzu ohne Namensnennung vom Finanzminister wissen, ob man in solchen Wohnanlagen zum Beispiel durch Quervergleiche die Steuergerechtigkeit sicherstellen könne. Der Minister antwortete, dass zwar durch die Reform eine gerechtere Besteuerung erreicht werden soll, aber in diesen Massenverfahren die Steuererklärungen unter Nachbarn nicht abgeglichen werden könnten, zumal sie nicht zeitgleich eingingen. Die Software könne bei vielen möglichen Sachverhaltsdarstellungen auch nicht erkennen, ob Angaben zuträfen. Nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzämter könnten dies von Hand prüfen, was nicht praktikabel sei. Es bleibe jedoch dabei, dass bewusste Falschangaben in der Steuererklärung strafbar seien. Steuerdelikte würden unverzüglich angezeigt.

Falscher Bodenrichtwert

Eine weitere Petition zur Grundsteuerreform betraf im Berichtsjahr die Frage, welcher Bodenrichtwert bei mehreren in Frage kommenden Bodenrichtwerten anzuwenden sei.

Der Petentin gehörte ein Gartengrundstück mit einer kleinen Laube. Für die Bodenrichtwertzone, in der sich das Grundstück befindet, waren verschiedene Bodenrichtwerte festgelegt, je nach konkreter Nutzung. Für „Freizeitgärten“ lag dieser bei 2,50 Euro/m², während jener für „Wohnbauflächen“ 50 Euro/m² betrug. Obwohl die Petentin in ihrer Grundsteuererklärung zutreffend den Bodenrichtwert für Freizeitgärten angegeben hatte, legte das Finanzamt in den anschließend übersandten Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheiden den höheren Wert von 50 Euro/m² zugrunde. Hiergegen legte die Petentin Einspruch ein. Nachdem sie über Monate nichts vom Finanzamt gehört hatte, wandte sie sich an den Bürgerbeauftragten.

Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten stellte das Finanzministerium fest, dass dem Finanzamt ein Fehler unterlaufen und selbstverständlich der geringere Bodenrichtwert für Freizeitgärten anzusetzen sei. Wegen der vordringlichen Hauptfeststellungsarbeiten sowie einer Vielzahl an Einsprüchen habe das Finanzamt bislang den Einspruch der Petentin noch nicht bearbeiten können. Jedoch sollte die Petentin in Kürze geänderte Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide erhalten, mit denen ihrem Einspruch abgeholfen werde.

Doppelt hält nicht immer besser

Eine Bürgerin wandte sich an den Bürgerbeauftragten, da sie Probleme mit den Abläufen im Finanzamt hatte. Als Rentnerin hatte sie fristgerecht ihre Steuererklärungen für mehrere Jahre im Finanzamt abgegeben. Auf Nachfrage wurde der Petentin mitgeteilt, dass durch das Finanzamt keine Eingangsbestätigung ausgestellt werden könne. 

Als die Petentin sich mehr als ein halbes Jahr später telefonisch nach dem Sachstand erkundigte, wurde ihr mitgeteilt, dass sie nicht zur Sachbearbeiterin durchgestellt werden könne. Sie möge sich noch etwas gedulden. Nach fast einem Jahr erhielt die Petentin mehrere Schreiben des Finanzamtes, mit denen sie zur Abgabe der Einkommensteuererklärungen für die Jahre aufgefordert wurde, für welche sie bereits die Erklärungen abgegeben hatte. Auf Nachfrage teilte ihr das Finanzamt mit, dass keine Erklärungen vorlägen. Die Petentin reichte die Steuererklärungen daher ein zweites Mal ein.

Wenig später erhielt die Petentin schließlich Steuerbescheide für die jeweiligen Jahre. Allerdings wurde hierin deutlich gemacht, dass die Bescheide auf einer Schätzung basierten, da sie trotz wiederholter Aufforderung keine Erklärungen abgegeben habe. Zugleich wurde ein Verspätungszuschlag erhoben. Trotz einer Reduzierung des Verspätungszuschlags durch das Finanzamt ging der Petentin eine Mahnung und einige Wochen später eine Vollstreckungsankündigung über den ursprünglichen höheren Betrag zu. Die Petentin legte Einspruch gegen die Steuerbescheide ein. Erst als es der Petentin nach mehreren Versuchen gelang, direkt in Kontakt mit der Rechtsbehelfsstelle des Finanzamtes zu treten, zeichnete sich eine Lösung ab. 

Auf Anfrage des Bürgerbeauftragten entschuldigte sich der Finanzminister. Der Sachverhalt sei nicht beispielhaft für die Abläufe in den Finanzämtern. Zudem würden in der Regel alle im Finanzamt abgegebenen Erklärungen elektronisch erfasst. Er sicherte aber zugleich zu, die Arbeitsschritte im Finanzamt auf Basis der Erfahrungen der Petentin noch einmal zu überprüfen.

Im Fall der Petentin wurden die Vollstreckungen gestoppt und die Steuer aufgrund der nachgereichten Erklärungen festgesetzt.

Erbe verpflichtet

Im Bereich der Grundsteuer beschäftigte den Bürgerbeauftragten im Berichtsjahr auch die Frage, wer im Rahmen einer Erbengemeinschaft zur Zahlung der Grundsteuer und Abgaben für ein geerbtes Grundstück herangezogen werden kann. Der Petent war als Teil einer größeren Erbengemeinschaft Miterbe eines Waldgrundstücks geworden. Obwohl im Grundbuch noch der verstorbene Großvater eingetragen war, zahlte er seit Jahren die Grundsteuer sowie Gebühren an den Bodenverband. Der Petent fragte an, wieso er zur Zahlung herangezogen werden kann, wenn er doch gar nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sei, und ob eine Möglichkeit bestehe, das Grundbuch von Amts wegen zu korrigieren.

Dem Petenten wurden durch den Bürgerbeauftragten die geltende Rechtslage und die Verwaltungspraxis erläutert. Bei einem Sterbefall ergeht regelmäßig eine Meldung durch das Nachlassgericht an das zuständige Finanzamt. Dieses bittet entweder die Erbengemeinschaft um Benennung eines Steuerschuldners für die Grundsteuer oder benennt von Amts wegen einen der Erben als Steuerpflichtigen. Hierbei greift das Finanzamt regelmäßig auf den Miterben zurück, welcher räumlich am nächsten zum Grundstück wohnt. An die im Grundlagenbescheid des Finanzamtes benannte steuerpflichtige Person („Bekanntgabe-Adressat“) richten sich die Grundsteuer- und Gebührenbescheide der Gemeinde. Allerdings schuldet der benannte Erbe die Grundsteuer und Abgaben nicht allein, sondern kann diese entsprechend der Erbschaftsanteile gegenüber den Miterben geltend machen. Denn Schuldnerin ist gemäß §§ 2058, 421 BGB die gesamte Erbengemeinschaft.

Von Amts wegen ist eine gebührenfreie Berichtigung des Grundbuchs nicht möglich. Allerdings können die Erben innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall eine gebührenfreie Berichtigung beantragen. Da die Frist bereits abgelaufen war, war dies im Fall des Petenten jedoch nicht mehr möglich. Die Grundbuchberichtigung verursachte deshalb zusätzliche Kosten, die von der Erbengemeinschaft zu tragen waren. Bei einer rechtzeitigen Antragstellung hätten die Gebühren des Grundbuchamtes vermieden werden können.

Kindergeld

Der Bürgerbeauftragte beriet wie in den Vorjahren zu den Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld sowie zur Korrektur von Bescheiden und Rückerstattungen. Überwiegend war es erforderlich, dass sich der Bürgerbeauftragte zur Klärung an die Familienkasse wandte. Die Beschwerden werden von der Familienkasse sehr zügig überprüft. Dabei wird nach Lösungen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen gesucht. Durch die enge Abstimmung zwischen dem Bürgerbeauftragten und der Familienkasse sowie den schnellen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern waren diese jederzeit in die 
Verfahren mit eingebunden.

Mehrfach wollten Eltern volljähriger Kinder mit einer Behinderung wissen, warum die Zahlung des Kindergeldes eingestellt wurde. Ein volljähriges Kind ist zu berücksichtigen, wenn es wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Wenn also die eigenen finanziellen Mittel ausreichend sind, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Eigene finanzielle Mittel sind beispielsweise Renteneinkünfte, Wohngeld oder auch Erwerbseinkommen. Der Bürgerbeauftragte prüfte die Entscheidungen und erläuterte den Bürgerinnen und Bürgern die Rechtslage. Wenn erforderlich, beteiligte er die Familienkasse.

Kindergeldberechtigte baten auch um Hilfe, weil sie Kindergeld für ihre in Ausbildung befindlichen Kinder zurückzahlen sollten. Grundsätzlich besteht für ein Kind, das volljährig, aber noch nicht 25 Jahre alt ist, Anspruch auf Kindergeld in der Berufsausbildung. Wichtig ist, dass Nachweise eingereicht und Änderungen angezeigt werden.

Die Statistik weist für die Themenbereiche des Wirtschaftsausschusses 165 Petitionen aus (Vorjahr: 199). In 19 Eingaben zur Wirtschaftsförderung (Vorjahr: 7) spiegelten sich vermehrte Nachfragen wegen Rückforderungen von Corona-Soforthilfen wider. 

Die Anzahl der Petitionen mit 32 Eingaben zum Öffentlichen Personennahverkehr entsprach in etwa dem Petitionsaufkommen der Vorjahre. 

Statistisch bedeutsam war zudem der Verkehrsbereich mit 36 Fällen zu Verkehrsregelungen, 22 Vorgängen zum Straßenverkehrsgesetz und Straßenrecht sowie 16 Eingaben zum staatlichen Straßenbau. In vielen Fällen hatten Einwohnerinnen und Einwohner Vorschläge für Verbesserungen oder Änderungen bei der verkehrsrechtlichen Ausgestaltung der Straßen und Wege ihrer Gemeinde. So wurden Zebrastreifen, Bedarfsampeln oder verkehrseinschränkende Straßenschilder ebenso aktiv eingefordert wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder -überwachungen. Die zuständigen Ämter und Behörden hatten nach Ansicht der Petenten entweder nur ungenügend oder teilweise überhaupt nicht reagiert. Zudem meldeten sich beim Bürgerbeauftragten auch Petentinnen, die ihren Führerschein (wieder-) erwerben oder umtauschen wollten.

Anfang 2024 kritisierten Bürgerinnen und Bürger die bevorstehenden langanhaltenden Bahnsperrungen, die vor allem die Strecke Hamburg-Berlin betrafen. Pendler, die nach Hamburg oder Schleswig-Holstein zur Arbeit mussten, waren auf verlässliche Informationen zu Umleitungen angewiesen, die sie den allgemeinen Nachrichten nicht entnehmen konnten. 

Der Wirtschaftsminister teilte dem Bürgerbeauftragten Einzelheiten zu den Umleitungen mit, sodass auf Nachfragen der Bürgerinnen und Bürger geantwortet werden konnte. Über die Ersatzleistungen auf Schiene und Straße für die Sperrungen 2025/2026 informierte der Minister ebenfalls. Diese waren zwischenzeitlich auch der Presse zu entnehmen. Der Fernverkehr wird über Stendal und Uelzen (Berlin-Hamburg) oder über Lübeck (Binz-Rostock-Hamburg) umgeleitet.

Aus dem Bereich der Arbeitsförderung gingen 21 Eingaben ein. Die Einzeldarstellung erfolgt im Bericht unter der Überschrift „Soziales, Gesundheit und Sport“.

Rückforderung von Corona-Hilfen

Corona ist zurück – zumindest als Thema der öffentlichen Diskussion. Und auch beim Bürgerbeauftragten gab es Eingaben zur Rückforderung der im Jahr 2020 gezahlten Corona-Soforthilfen für Unternehmerinnen und Unternehmer.

Rückblick: Im März 2020 erreichte die Corona-Pandemie Deutschland. Politik und Verwaltung begegneten ihr mit dem Lockdown und einer generellen Kontaktsperre. Deswegen befürchtete man erhebliche Umsatzrückgänge in der Wirtschaft und damit Liquiditätsengpässe von Unternehmern. Um diese abzumildern, reichte der Staat betont unbürokratisch Geldzahlungen aus. In Mecklenburg-Vorpommern war dafür im Auftrag des Wirtschaftsministeriums das Landesförderinstitut (LFI) zuständig. Die Beträge waren – so die bundesweite Kommunikation – ausdrücklich keine Darlehen, sondern „nicht rückzahlbare Zuschüsse“. Bürokratie vermied man dadurch, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vor der Auszahlung geprüft, sondern Anträge bewilligt wurden mit der Maßgabe, die Leistungen gegebenenfalls zurückzufordern, je nach dem Ergebnis einer noch vorzunehmenden Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen.

Im Jahr 2023 schrieb das LFI viele Unternehmen an und forderte eine Abrechnung auf Grundlage der maßgeblichen Liquiditätszahlen. Soweit Unternehmer nicht antworteten oder ihre Zahlen rückwirkend keinen Bewilligungsanspruch ergaben, erließ das LFI im Laufe des Jahres 2024 Rückforderungsbescheide. Im Herbst 2024 informierte es über circa 9.300 Rückforderungsbescheide und rund 4.500 Widersprüche von Unternehmern gegen solche Bescheide.

Gegenüber dem Bürgerbeauftragten rügten einzelne Betroffene, mit einer Rückforderung nicht gerechnet zu haben, habe der Staat die Hilfen doch als „nicht rückzahlbar“ bezeichnet. Der Bürgerbeauftragte wies darauf hin, dass die Hilfe nur dann nicht zurückgezahlt werden muss, wenn ein Anspruch auf diese Hilfe tatsächlich bestanden hatte. Wenn kein Anspruch bestanden hat, durfte der Bewilligungsbescheid auch nach vier Jahren zurückgenommen werden.

Andere Unternehmer berichteten, nie das Aufforderungsschreiben aus dem Jahr 2023, ihre Lieferengpässe rückwirkend zu belegen, erhalten zu haben. Dies sei vielen so ergangen.

Was zudem für besonderen Unmut sorgte, war die hohe Zinsforderung, die im Jahr 2024 mit der Rückforderung geltend gemacht wurde. So sollte der Betrag seit der Auszahlung im Frühjahr 2020 mit 5 Prozentpunkten über dem (halbjährlich variablen) Basiszins verzinst werden – das ergibt einen Zinssatz von 4,12 % in den Jahren 2020 bis 2022 und bis zu 8,37 % im zweiten Halbjahr 2024. Ein solcher Zinssatz wäre für die Unternehmen regelmäßig sogar dann nicht erzielbar gewesen, wenn sie die Corona-Hilfe nach Erhalt nicht angetastet, sondern fest angelegt hätten. Die Zinsforderung entspricht – auch mit dem Zeitpunkt des Zinsbeginns ab Auszahlung der Corona-Hilfe – der Rechtslage, an die sich die Landesverwaltung zu halten hat, zumal sie hier größtenteils Bundesmittel verwaltet.

Für den Bürgerbeauftragten kommt es darauf an, dass man den Bürgerinnen und Bürgern, soweit sie keine Abrechnungsaufforderung erhalten hatten, die Möglichkeit gibt, ihren Liquiditätsengpass nachträglich zu belegen, und dass man ihnen mit Zahlungserleichterungen wie Ratenvereinbarungen oder Stundungen unkompliziert entgegenkommt. Denn es handelt sich trotz aller rechtlicher Begründetheit des Verwaltungsvorgehens um Nachwirkungen einer besonderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ausnahmesituation.

In einem besonderen Fall hatte eine Unternehmerin eine Corona-Überbrückungshilfe erhalten, die von einem Steuerberater als „prüfendem Dritter“ beantragt worden war. Die notwendige Schlussabrechnung erstellte der Steuerberater allerdings nicht mehr. Denn er hatte sein Mandat niedergelegt, ohne die Unternehmerin zu informieren. Ihr war es nun nicht mehr möglich, nach Ablauf der Frist die Schlussabrechnung nachzuholen, da diese nur digital über ein Bundesportal möglich war. Das Portal war zwischenzeitlich geschlossen worden. 

Der Bürgerbeauftrage bat den Wirtschaftsminister in diesem besonders gelagerten Fall um eine Einzelfallentscheidung. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass eine Ausnahmelösung angeboten werden kann. Die Petentin erhielt die Möglichkeit, die versäumte Schlussabrechnung durch einen neuen „prüfenden Dritten“ nachholen zu lassen. So konnte anhand der tatsächlichen Verhältnisse eine Prüfung erfolgen, ob die Corona-Überbrückungshilfe zu Recht bewilligt worden war.

Schäden durch Straßenbaumaßnahme

Eine Bürgerin bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung ihres 83-jährigen Vaters. Durch Straßenbaumaßnahmen an einer Kreisstraße seien Schäden an dessen Wohnhaus entstanden. Bereits vor Baubeginn habe der Vater in einer Einwohnerversammlung seine Befürchtung geäußert, sein unmittelbar an der Kreisstraße gelegenes Wohnhaus könne unter den Baumaßnahmen leiden. Der Landkreis als Baulastträger hatte seinerzeit erklärt, dass für diesen Fall ein Schaden reguliert werden könnte. Hierauf hatte der Vater der Petentin vertraut. Nachdem tatsächlich die befürchteten Schäden durch Rissbildungen am Wohnhaus eintraten, wurde er vom Landkreis an den Kommunalen Schadenausgleich verwiesen. Der Kommunale Schadenausgleich ist ein nicht rechtsfähiger Zusammenschluss von Gemeinden als eine Form der Versicherung. Dieser lehnte eine Schadenregulierung jedoch ab. Unter anderem wurde bestritten, dass die Straßenbaumaßnahme maßgebliche Ursache der Risse war.

Der Bürgerbeauftragte trat daraufhin an den Landkreis heran und verwies auf ein Sachverständigengutachten, das im Auftrag des Landkreises den Zustand des Wohnhauses vor und nach der Baumaßnahme dokumentiert hatte. Das Gutachten stellte fest, dass die Straßenbaumaßnahmen für die neu hinzugetretenen Schäden ursächlich waren. 

In seiner Antwort erklärte der Landkreis, die Sichtweise des Kommunalen Schadenausgleichs nicht zu teilen. Nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage sei man zu dem Ergebnis gekommen, den Vater der Petentin im Rahmen einer Kulanzregelung anteilig bei der Risssanierung zu unterstützen. 

Dieses Beispiel zeigt, dass die Kommunen auch selbst die Sach- und Rechtslage prüfen sollten, um eine eigenständige Entscheidung treffen zu können. Dann können sie sich auch entgegen der Argumentation des Kommunalen Schadenausgleichs für eine eigene Schadenregulierung entscheiden.

Schwimmen lernen ohne Schwimmhallen?

Ein Bürger, der in der Mecklenburgischen Seenplatte als Schwimmlehrer tätig ist, wies den Bürgerbeauftragten auf den Mangel an Schwimmhallen hin. Die Schwimmausbildung der Kinder könne nicht sichergestellt werden. 

Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten erklärte das Sozialministerium, dass es den Schwimmunterricht mit dem Landesprogramm „M‑V kann schwimmen“ unterstütze. Für die Förderung des Neubaus von Schwimmhallen sei die Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen für den Sportstättenbau einschlägig. Danach kann das Land Zuwendungen für den Bau von Sportstätten im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) mit EU- und Landesmitteln gewähren und damit auch Baumaßnahmen an Schwimmhallen innerhalb der EU-Förderperiode fördern. 

Diese ELER-Mittel in Höhe von 7,5 Millionen Euro stehen in dem Fünfjahreszeitraum (2023 bis 2027) für alle kommunalen Sportanlagen im Land M V zur Verfügung. Diese Summe ist offensichtlich zu gering, um den Bau von Schwimmhallen wirksam zu unterstützen. Zudem dürfen die Investitionsausgaben je Bauvorhaben nicht höher als 10 Millionen Euro sein, sodass die Förderung des in der Regel deutlich teureren Neubaus von Schwimmhallen kaum in Betracht kommen dürfte.

Der Bürgerbeauftragte wandte sich hierzu an den Wirtschaftsminister. In seiner Antwort teilte dieser mit, dass es kein Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums gebe, das den Bau von Schwimmhallen unterstützen könne. 

Der Bürgerbeauftragte wird sich weiter bei der Landesregierung für eine Aufstockung der Fördermöglichkeiten einsetzen. Denn ohne die erforderliche Ausstattung wird es nicht gelingen, den Kindern im Küstenland Mecklenburg-Vorpommern das Schwimmen beizubringen.

Zu den Themengebieten Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt erreichten den Bürgerbeauftragten insgesamt 88 Petitionen (Vorjahr: 98). Die Zahl der Eingaben zu Geruchs-, Staub- und Lärmbelästigungen ist mit 24 am höchsten (Vorjahr: 33). Diese Petitionen betrafen überwiegend Emissionen und Immissionen, ausgehend von gewerblichen Betrieben, Gaststätten oder öffentlichen Veranstaltungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnbebauungen. 

Den Bürgerbeauftragten erreichten auch Petitionen zu Belästigungen, ausgehend von Schiffen am LNG-Terminal in Mukran, insbesondere vorgetragen beim Sprechtag in Sassnitz. 

Der Deutsche Bundestag hatte im Mai 2022 den Hafen Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung durch das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Naturschutz Vorpommern erging am 09.04.2024. Bereits zuvor, ab Februar 2024, gab es einen Probebetrieb, der mit durchgehenden Lärmmessungen durch das Landesamt für Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern und der Einrichtung einer Dauermessstation einherging. Der Regelbetrieb begann am 02.09.2024.

Die Petentinnen und Petenten beschwerten sich einerseits über unzureichende Informationen zum jeweiligen Stand des Vorhabens und andererseits über unzumutbare Lärmbelästigungen. Bei den Lärmmessungen im Rahmen des Probebetriebs wurden Schallimmissionen verzeichnet, die über dem zugrundeliegenden Immissionsrichtwert (nachts) gelegen haben, wobei die Ursachen teilweise nicht abschließend ermittelt werden konnten. Hier gilt es, weiterhin darauf zu achten, dass unzulässige Lärmbelästigungen vermieden werden und die Beachtung der Lärmwerte überwacht wird.

Für die mittelbaren Eingriffe in die Natur plane der Betreiber als Ausgleichsmaßnahme die Inanspruchnahme von Ökokonten. Für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes solle eine Ersatzgeldzahlung und die dauerhafte Pflege einer Graudüne erfolgen. 

In einer öffentlichen Sondersitzung hat die Sassnitzer Stadtvertretung im Oktober 2024 den Vorhabenträger angehört. Bürgerinnen und Bürger konnten vorab Fragen stellen. Im 1. Quartal 2025 hat sich zudem der Umweltminister in Sassnitz den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Der Bürgerbeauftragte wird das berechtigte Anliegen der Bevölkerung auch im weiteren Verlauf des Jahres im Blick behalten. 

Im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege waren 19 Eingaben zu verzeichnen. Hier ging es meist um Heckenschnitte, Baumpflegemaßnahmen, Baumgutachten und Fällgenehmigungen, Ersatzpflanzungen sowie mangelnde Entkrautungen von Bach- oder Flussläufen.

Im Bereich Landwirtschaft, Forst, Jagd und Fischerei gab es 15 Petitionen. Diese betrafen zum Beispiel die Förderung von Agraranträgen, Waldzustand, Forstinventur, Jagdverpachtung, vermehrtes Auftreten von Wildschweinen und Angelkarten.

Einige Beschwerden betrafen die Genehmigung von Windkraftanlagen, den Umwelt- und Tierschutz sowie abfallrechtliche Fragen.

Laubentsorgung

Auch im Berichtsjahr erreichten den Bürgerbeauftragten Eingaben zur Laubentsorgung, meist weil die Straßenreinigungspflicht von den Gemeinden auf die Grundstückseigentümer übertragen wurde. Nicht selten müssen die Eigentümer erhebliche Mengen an Laub, das von den öffentlichen Straßenbäumen stammt, (häufig kostenpflichtig) entsorgen. In vielen Gemeinden werden für die Entsorgung dieses Straßenlaubes keine Container mehr in der Nähe angeboten, sodass die Bürgerinnen und Bürger entweder zu einem Wertstoffhof fahren oder das Laub auf dem eigenen Grundstück kompostieren müssen. Dies kann in einigen Fällen zu einer unzumutbaren Belastung führen. Deshalb sollten die Gemeinden Alternativen zur Entsorgung beim Wertstoffhof anbieten.

Bedauerlicherweise ist festzustellen, dass immer seltener Grünschnittcontainer aufgestellt oder „Big Bags“ durch die Gemeinden verteilt werden. Da ein Anspruch der Bürgerinnen und Bürger hierauf nicht besteht, kann der Bürgerbeauftragte die Gemeinden nur bei unverhältnismäßig viel Straßenlaub um Unterstützung bitten.

Fällung von Bäumen – Naturschutz in Zeiten des Klimawandels

Eine Bürgerin beklagte die Abholzung von etwa 350 Bäumen, davon 132 mit einem Stammumfang von mindestens 20 cm, in einer etwa 40.000 m² großen öffentlichen Grünanlage. Diese Grünanlage sei bereits im Jahr 1824 gestaltet worden und bestehe aus drei Teilbereichen, die als "UNESCO Welterbe Pufferzone" an die geschützte Altstadt grenze. Der Baumbestand in einem Teilbereich der Fläche sei bis auf einige wenige Bäume gefällt worden, um eine neue Fläche für Sportzwecke zu errichten, die im Bebauungsplan ausgewiesen ist.

Die Stadtverwaltung hatte einem Sportverein dafür einen „ehrenamtlichen Arbeitseinsatz“ und Aufräumarbeiten genehmigt, jedoch nicht eine Abholzung in diesem Ausmaß. Die Bürgerin wollte den radikalen Eingriff in die Natur nicht hinnehmen. Das zuständige Forstamt teilte der Bürgerin mit, dass mehr als 300 Bäume, die älter als zehn Jahre sind, ein „Wald“ im Sinne des Landeswaldgesetzes seien. Daran ändere auch ein Bebauungsplan nichts. Ein Waldumwandlungsantrag hätte gestellt werden müssen, da Wald nur mit der Genehmigung der Forstbehörde in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden darf.

Der Bürgerbeauftrage wandte sich an den Bürgermeister der Stadt, an den Landrat sowie an den Landwirtschaftsminister.

Der Landkreis bestätigte, dass es sich bei der betreffenden Fläche zum großen Teil um Wald handele. Die Stadt teilte die Einordnung als „Wald“ nicht, sondern sah die Fläche als „Grünanlage“ oder „Park“ an. Der Minister bestätigte die Beurteilung der Waldeigenschaft. Daraufhin wurde von dem zuständigen Forstamt eine Wiederaufforstungsfläche festgelegt und eine waldgerechte Nachpflanzung gefordert. Nachdem zunächst nur sieben junge Bäume gepflanzt worden waren, wandte sich der Bürgerbeauftragte nochmals an den Minister. Dieser teilte auf Nachfrage beim Forstamt mit, dass die bisher erfolgte Nachpflanzung nicht ausreichend sei und mit der Stadt wesentlich mehr Anpflanzungen vereinbart waren.

Inzwischen wurden etwa 200 neue Bäume (Eichen und Hainbuchen) nachgepflanzt.

Neben der abgeholzten und wieder aufgestockten Fläche gibt es einen Bereich, der als Rasenfläche erhalten werden soll. Einen Bolz- oder Sportplatz soll es nicht geben. Mit dem Ergebnis der Wiederaufforstung war die Petentin zufrieden.

Lärmbelästigung durch mehrtägige Veranstaltungen

Häufig wenden sich Bürgerinnen und Bürger mit Beschwerden an den Bürgerbeauftragten, in denen es um Lärmbelästigungen durch mehrtägige Musikveranstaltungen geht.

Um die verursachten Geräusche zu bewerten, gilt in Mecklenburg-Vorpommern die Richtlinie zur Beurteilung der von Freizeitanlagen verursachten Geräusche (Freizeitlärm-Richtlinie). 

Freizeitanlagen verursachen oftmals Geräuschimmissionen, die zu Konflikten mit Anwohnerinnen und Anwohnern führen. Dabei können die Geräusche durch den Betrieb der Anlage selbst, durch technische Nebenanlagen (zum Beispiel Lautsprecher und Entlüftungsanlagen), durch Nutzer und Zuschauerinnen sowie durch die zur Anlage gehörenden Parkplätze oder durch den von der Anlage verursachten Straßenverkehr entstehen. Alle diese Geräusche sind der Anlage zuzuordnen.

Geräusche von Freizeitanlagen treten oft in Zeiten auf, in denen das Ruhebedürfnis der Bevölkerung am größten ist. Diesem Bedürfnis stehen aber auch erhöhte Nutzungsansprüche an Freizeitanlagen gegenüber. Allerdings werden manche Freizeitanlagen nur selten genutzt, sodass besondere Geräuschbelastungen nur an wenigen Tagen im Jahr auftreten. Deshalb bedürfen die Geräuscheinwirkungen durch Freizeitanlagen einer besonderen Beurteilung. 

Freizeitanlagen sind nach der genannten Richtlinie nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Nach dem Gesetz sind schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Schädliche Umwelteinwirkungen liegen vor, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit erheblich belästigt werden. Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebietes, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche, von den Geräuschquellen, vom Zeitpunkt (Tages-/Nachtzeit) und von der Zeitdauer. Bei der Beurteilung ist auf das Empfinden eines „verständigen, durchschnittlich empfindlichen“ Menschen abzustellen.

In der Freizeitlärm-Richtlinie sind die Immissionsrichtwerte „Außen“, also außerhalb von Gebäuden, nach dem jeweiligen Gebietstyp der Baunutzungsverordnung aufgeführt. Besonderheiten gelten bei seltenen oder kurzeitigen Störereignissen, die während eines Kalenderjahres nicht häufiger als an zehn Tagen oder Nächten auftreten. Dann ist im Einzelfall zu prüfen, ob den Betroffenen für diese Zeit die Belastung zugemutet werden kann.

Wenn sich die Veranstalter an die gesetzlichen Vorgaben halten, haben die Ordnungsämter keine rechtliche Handhabe, dem Veranstalter weitere Auflagen zu machen (wie zum Beispiel das Herunterregeln der Bässe ab 22:00 Uhr). Veranstalter sollten allerdings rechtzeitig auf besondere Lärmbelastungen hinweisen, um besonders lärmempfindlichen Menschen Vorkehrungen zu ermöglichen. Der Bürgerbeauftragte empfiehlt, bei direkter Betroffenheit vorrangig nach individuellen Lösungen zu suchen. Ergänzend wird für ein weiteres Beispiel auf die Einzeldarstellung im Bericht unter der Überschrift „Was sonst so war …“ verwiesen.

Verschrottung eines Gaststättenschiffs

Ein Schiffseigentümer wandte sich mit einer Fragestellung an den Bürgerbeauftragten, die mittelfristig auch andere betreffen wird. Seit über einem Jahr bemüht er sich vergeblich um die ordnungsgemäße Entsorgung seines früheren Restaurantschiffes. Die Gefahr des Auseinanderbrechens, von Rissbildungen und des Eindringens von Wasser sind gegeben. Das Schiff wurde zwischenzeitlich von allen umweltbelastenden Stoffen befreit.

Da es sich bei Altschiffen rechtlich um „gefährlichen Abfall“ handelt, ist zum Abwracken von Schiffen eine besondere Genehmigung erforderlich. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es jedoch keine Schiffsrecyclinganlage. Ein Transport in eine weiter entfernte Anlage kommt auf dem Seeweg nicht in Betracht, weil das Schiff nicht mehr schleppfähig ist.

Ursprünglich war ein Unternehmen bereit, mit einer entsprechenden Sondergenehmigung das Schiff zu verschrotten. Nach den Anforderungen des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt war ein wirtschaftliches Tätigwerden für das Unternehmen nicht möglich. Dem Petenten geht es zunächst um sein eigenes Schiff. Das Problem ist aber größer. Viele Schiffe in der Ostsee müssen in den nächsten Jahren verschrottet werden. Einige liegen bereits an Land und belasten die Umwelt.

Der Bürgerbeauftragte ist der Ansicht, dass die Schiffseigentümer mit der Frage der Verschrottung nicht allein gelassen werden dürfen. Die Unterstützung der Behörden ist notwendig, vor allem um Gefährdungen der Umwelt zu vermeiden. Es muss eine Lösung gefunden werden, damit die Schiffe zu vertretbaren Bedingungen verschrottet werden können. 

Der Bürgerbeauftragte hat sich schriftlich und persönlich in Gesprächen mit Kommunen und den betroffenen Ministerien für eine Klärung eingesetzt. Alle Beteiligten stimmen überein, dass es einer baldigen Lösung bedarf. Der Umweltminister wies in einer Antwort darauf hin, dieses Thema bereits in Bund-Länder-Gesprächen angesprochen zu haben. Inzwischen hat die Umweltministerkonferenz den Bund aufgefordert, Forschung und Entwicklung von Schiffsrecycling finanziell zu unterstützen, Zulassungsverfahren zu beschleunigen und Kapazitäten für ein Abwracken zu schaffen.

Um zu guten Lösungen zum einen für den Einzelfall des Petenten, zum anderen aber auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern zu gelangen, wird der Bürgerbeauftragte gemeinsam mit den Kommunen sowie dem Umwelt- und dem Wirtschaftsminister nach kurzfristigen Lösungen suchen. Ein erster gemeinsamer Austausch hat bereits stattgefunden.

Pflanzenabfalllandesverordnung

Auch im Berichtsjahr erreichten den Bürgerbeauftragten Beschwerden zur Verbrennung von pflanzlichen Abfällen und Nachfragen zum Stand der Novellierung der Pflanzenabfalllandesverordnung. Dieses Thema taucht seit 2013 in mehreren Jahresberichten auf. Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten zum Stand des Verfahrens wies der Umweltminister darauf hin, dass ein Referentenentwurf zur Novellierung der Verordnung erarbeitet worden sei. Ziel sei es, im Interesse des Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutzes die Regelungen der Pflanzenabfalllandesverordnung zum genehmigungsfreien Verbrennen nach Ablauf einer angemessenen Übergangsfrist möglichst weitgehend aufzuheben. 

Damit würde der Grundgedanke von § 28 Absatz 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz wiederaufleben, wonach eine Abfallbeseitigung, also auch die Pflanzenabfallverbrennung in Gärten oder in der Natur, außerhalb dafür zugelassener Anlagen grundsätzlich unzulässig ist. Abfallbehördliche Genehmigungen für eine Pflanzenabfallverbrennung wären dann nur noch ausnahmsweise möglich. 

Das Umweltministerium geht davon aus, das Rechtsetzungsvorhaben im Jahr 2025 abschließen zu können. Unberührt von den geplanten Änderungen blieben allerdings Brauchtumsfeuer und die private Nutzung von Feuerschalen mit geeigneten Brennstoffen, also Holz in Brennholzqualität.

Im Berichtsjahr gab es – wie im Vorjahr – 102 Eingaben, davon betrafen 38 Fälle Schule und Inklusion und 21 Fälle (Vorjahr: 16) die Schülerbeförderung.

Typischerweise sind die Eingaben stark von Individualität geprägt und lassen sich schwer gruppieren. So beklagen Eltern gelegentlich Schwierigkeiten zwischen ihrem Kind und anderen Kindern oder mit Lehrkräften oder, dass ihr Kind in einer bestimmten Einrichtung nicht ideal gefördert werden könne beziehungsweise der Besuch einer anderen Einrichtung gewünscht wäre. Hier hängt vieles vom Einzelfall ab, wenn es um die Möglichkeiten von Schulen oder Bedürfnisse von Kindern und ihren Familien geht.

In 22 Petitionen (Vorjahr: 33) ging es um Sachverhalte in der Kindertagesförderung. Beschwerden wegen fehlender Betreuungsplätze in Kindergarten oder Kinderkrippe gingen dabei zurück. In den einzelnen Fällen konnte nach Einschaltung des Bürgerbeauftragten eine kurzfristige Lösung erreicht werden. 

Anhaltende Probleme gab es dagegen mit der Hortbetreuung in den Schulferien für Kinder mit einer Behinderung. Schon 2022 und 2023 informierte der Bürgerbeauftragte in seinen Jahresberichten, dass Erziehungsberechtigte für ihre Kinder mit einem höheren Förderbedarf keine Hortplätze fanden. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat daraufhin die Landesregierung aufgefordert, sich gegenüber den Landkreisen und kreisfreien Städten für eine Lösung einzusetzen.

Das Kindertagesförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V) regelt Anspruch, Bedarf und Umfang der Kindertagesförderung. Der Hort muss die Betreuung und Förderung entsprechend des ermittelten Bedarfs gewährleisten. Für Kinder mit besonderem Förderbedarf sind geeignete Fördermaßnahmen zu treffen. Dennoch gibt es für Kinder mit Behinderungen oft keine Lösung. Einzelheiten sind im Berichtsteil „Wahrnehmung der Belange von Menschen mit Behinderungen“ nachzulesen.

Schlechte Beratung für Lehrerin bei der Rückkehr nach M-V

Eine Lehrerin wollte in die Heimat zurückkehren. Sie war in Niedersachsen Beamtin und erkundigte sich vorab, ob es durch den Wechsel in ein Beamtenverhältnis zum Land Mecklenburg-Vorpommern Nachteile für sie gebe. Dies gleich bei mehreren Gelegenheiten und Institutionen: bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für Bildung und Kindertagesförderung, des Staatlichen Schulamtes und auch bei der Leiterin der Schule, an die sie wechseln wollte. Alle gaben die Auskunft, dass es keine Unterschiede in den beamtenrechtlichen Regelungen gebe.

Die Bürgerin wechselte also an ihre Wunschschule in Mecklenburg-Vorpommern. Da der Ruhestand nicht allzu weit in der Zukunft lag und sie aus gesundheitlichen Gründen damit rechnete, den aktiven Dienst etwas früher beenden zu müssen, erkundigte sich die Lehrerin beim Landesamt für Finanzen, mit welcher exakten Höhe ihrer Ruhestandsbezüge sie rechnen könne. Die Antwort ließ sie aus allen Wolken fallen: Von den siebzehn Jahren, die sie früher in Mecklenburg-Vorpommern als Lehrerin im Angestelltenverhältnis verbracht hatte, sollten nur fünf Jahre für ihr Ruhegehalt als Beamtin berücksichtigt werden. In Niedersachsen wären der Petentin hingegen die vollen siebzehn Jahre als ruhegehaltfähig anerkannt worden.

Ihren Plan, früher in den Ruhestand zu gehen, konnte sie damit in Mecklenburg-Vorpommern nicht umsetzen, da ihr Einkommen nicht gereicht hätte. Zwar wird sie auch für die fehlenden zwölf Jahre eine gesetzliche Rente bekommen, dies aber erst mit dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters von 67 Jahren. Wäre sie als Beamtin in Mecklenburg-Vorpommern früher in den Ruhestand gegangen, hätte sie wegen des Vorziehens Abzüge bei der Ruhestandsversorgung hinnehmen müssen. Die im Beamtenverhältnis verbrachten Jahre wären ihr aber zugutegekommen.

Die Lehrerin wandte sich daraufhin an den Bürgerbeauftragten. Die Rechtslage war eindeutig, das Landesamt für Finanzen hatte der Petentin eine richtige Auskunft gegeben. Eine beim Finanzminister eingeholte Stellungnahme bestätigte dies. Es gab keine Möglichkeit einer Ausnahmeregelung. Die Petentin entschied sich daher schweren Herzens, Mecklenburg-Vorpommern erneut zu verlassen und sich wieder in Niedersachsen als Lehrerin zu bewerben.

Der Bürgerbeauftragte setzte sich bei der Bildungsministerin daraufhin erfolgreich dafür ein, dass der Petentin die für den Wechsel erforderliche Freigabeerklärung umgehend erteilt wurde. Zugleich bat er darum, alle an Personalwechseln beteiligten Stellen im Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung und Kindertagesförderung dafür zu sensibilisieren, dass unrichtige Auskünfte weitreichende Folgen für die Beschäftigten haben können. Dies wurde umgesetzt. Alle Beteiligten wurden daran erinnert, bei beamtenversorgungsrechtlichen Fragen stets auf das Landesamt für Finanzen zu verweisen, das kompetent und verbindlich Auskunft erteilen kann.

Fahrtkostenerstattung für Auszubildende 

Berufsschülerinnen und Berufsschüler, die in Mecklenburg-Vorpommern wohnen und hier eine Ausbildung absolvieren, können eine Zuwendung zu den Fahrtkosten und für eine notwendige auswärtige Unterkunft erhalten. Dafür darf die monatliche Ausbildungsvergütung nicht höher als 750 Euro brutto sein. Einzelheiten hat das Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung in einer Richtlinie geregelt.

In einem Fall beabsichtigte das Bildungsministerium im Mai 2024, von einer Auszubildenden eine Zuwendung in Höhe von 630 Euro für das Ausbildungsjahr 2021/2022 zurückzufordern. Ihr wurde vorgeworfen, dem Unterricht für eine Stunde (im gesamten Schuljahr) unentschuldigt ferngeblieben zu sein. Die Auszubildende kam tatsächlich einmal fünf Minuten zu spät zum Unterricht, weil sie beim Verlassen des Wohnheims von der Wohnheimaufsicht angewiesen wurde, den Müll zu entsorgen. Der Lehrer verweigerte wegen der fünf Minuten Verspätung die Teilnahme am Unterricht und dokumentierte eine Fehlstunde über 45 Minuten. Die Auszubildende äußerte sich dazu im Anhörungsverfahren. Das Ministerium blieb jedoch bei seinem Standpunkt und kündigte einen Bescheid an. Es wollte seine Entscheidung auf die Richtlinie stützen und die zunächst rechtmäßige Zuwendung widerrufen. 

Die Auszubildende und ihre Großeltern baten den Bürgerbeauftragten um Unterstützung. Nach Prüfung der übersandten Unterlagen bestanden erhebliche rechtliche Zweifel an der beabsichtigten Vorgehensweise des Ministeriums. Die genannte Richtlinie fordert als Zuwendungsvoraussetzung den regelmäßigen Besuch der Berufsschule. Festgelegt ist, dass bereits ab dem ersten unentschuldigten Fernbleiben eine Zuwendung nicht zusteht. 

Die Behörde muss bei ihrer Entscheidung, einen zunächst rechtmäßigen Verwaltungsakt zu widerrufen, Ermessen ausüben. Das bedeutet, sie hat einen Spielraum. Es muss erkennbar sein, dass und mit welcher Argumentation sie sich für eine Rechtsfolge entscheidet. Hier war schon zweifelhaft, ob es sich überhaupt um ein unentschuldigtes Fernbleiben handelte. Ermessen wurde gar nicht ausgeübt.

Die Referentin des Bürgerbeauftragten besprach mit dem Referatsleiter des Ministeriums die Petition. Das Ministerium kündigte daraufhin eine sofortige Überprüfung an. Innerhalb von wenigen Stunden korrigierte es seine Auffassung. Der Vorgang wurde im Ministerium und mit der Berufsschule ausgewertet. Der Petentin wurde mitgeteilt, dass ein Widerrufs- und Rückforderungsbescheid nicht erlassen wird. Sie musste die Förderung nicht zurückzahlen.

Persönliches Verhalten einer Lehrkraft gegenüber Schulkind

Manchmal beschäftigt ein Konflikt mehrere öffentliche Stellen, obwohl er durch eine direkte Aussprache der Beteiligten schnell und unkompliziert zu lösen wäre. Die Eltern eines Zweitklässlers schilderten dem Bürgerbeauftragten bei einem Sprechtag kurz vor Beginn der Sommerferien, dass ihr Kind durch die Lehrerin unangemessen behandelt worden sei. 

Das Kind habe bereits vor der Einschulung lesen und schreiben können und sei trotz überdurchschnittlicher Intelligenz nur wegen der Corona-Pandemie nicht vorzeitig eingeschult worden. Damit erklären die Eltern eine Weigerung des Kindes im Unterricht, fünfzigmal das Wort „Oma“ zu schreiben, woraufhin es vor die Tür geschickt worden sei.

Die Lehrerin habe das Kind hartnäckig als unbegabt und unmotiviert bezeichnet, obwohl stets ein Erreichen von 97 % des Lernziels bestätigt worden sei. In einzelnen Situationen habe die Lehrerin das Kind so sehr angeschrien, dass es inzwischen Angst davor habe, von ihr körperlich gezüchtigt zu werden, und Schulveranstaltungen meide, an denen die Lehrerin teilnehme. 

Die Petenten schilderten weiter, einen vom Staatlichen Schulamt vorgeschlagenen Wechsel an eine deutlich weiter entfernte Grundschule abgelehnt zu haben, auch wegen des schulischen Freundeskreises. Das Kind sei sodann in die Parallelklasse gewechselt, ohne dass es eine Aussprache mit der Lehrerin oder Schulleitung oder eine Entschuldigung gegeben habe. Ihnen gehe es um eine Reaktion der Schule, die dem Kind die Angst nehmen könnte.

Der Bürgerbeauftragte besprach diesen Fall mit der Bildungsministerin. Kurz darauf erreichte ihn aus dem Ministerium die Nachricht, dass ein Gesprächstermin zwischen den Eltern und dem Leiter des zuständigen Staatlichen Schulamtes vereinbart worden sei, in dessen Folge es eine Aussprache und Lösung gegeben habe, die zum anstehenden Schuljahresbeginn umgesetzt werden konnte.

Der Fall zeigt, dass manchmal eine einfache Aussprache wesentlich für die Problemlösung sein kann und die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger nicht immer von einem (vermeintlichen oder tatsächlichen) Fehlverhalten der Behörde, sondern von einer unzureichenden Kommunikation herrühren kann. Umso bedauerlicher ist es, wenn es zur Vereinbarung eines Gesprächstermins der Hilfe des Bürgerbeauftragten bedarf.

Sprachniveau beim „Abitur für Nichtschüler“

Es kann sich lohnen, die Anwendung von Prüfungsrecht durch Schulen zu hinterfragen. 

Ein Bürger holte sein Abitur nach und befand sich in den Abiturprüfungen für „Nichtschüler“. Mit „Nichtschüler“ werden Personen bezeichnet, die ohne den Besuch einer gymnasialen Oberstufe oder eines Abendgymnasiums unter bestimmten Voraussetzungen die Abiturprüfung ablegen. Der Petent berichtete dem Bürgerbeauftragten, es stehe in zehn Tagen unter anderem die Prüfung zur 2. Fremdsprache (hier: Französisch) an. Die Schule erklärte, er müsse das Leistungsniveau für frühbeginnende Schüler (ab der 7. Klasse) erfüllen, das entspräche dem Niveau B2. Er meinte, das geringere Niveau für spätbeginnenden Sprachunterricht (ab der 10. Klasse, entsprechend B1) reiche aus, und berief sich auf die Abiturprüfungsverordnung. Die Normen seien aber auch aus seiner Sicht nicht eindeutig formuliert. Er habe sich bereits an eine Mitarbeiterin im Bildungsministerium gewandt, aber noch keine für ihn befriedigende Antwort erhalten.

Auf Nachfrage erfuhr der Bürgerbeauftragte, dass die Frage des Petenten im Ministerium bereits geprüft werde und er bald eine Antwort erhalten soll. Diese erhielt er kurze Zeit später. Sie bestätigte seine Rechtsauffassung und enthielt die Zusage, dass Schule und Staatliches Schulamt informiert werden sollen. So hatte es letztlich der Petent selbst geschafft, die Schule in der Auslegung des Prüfungsrechts zu übertreffen und sich auch innerhalb der knappen Zeit bis zu den Prüfungen Hilfe zu holen.

Schulflucht trotz Schulpflicht

Die allgemeine Schulpflicht ist in der Landesverfassung und im Schulgesetz festgelegt. Eltern sind für die Einhaltung der Schulpflicht verantwortlich. Verstoßen sie dagegen, handeln sie gesetzeswidrig. Ein Fall beschäftigt den Bürgerbeauftragten und weitere Institutionen seit Jahren. 

Im Januar 2022 erhielt der Bürgerbeauftragte die Information, dass ein 10-jähriges Kind seit Mitte 2020 nicht mehr zur Schule geht. Es stellte sich heraus, dass die Sorgeberechtigten einen Schulbesuch nach den in der Corona-Pandemie geltenden Regelungen ablehnen. 

Der Bürgerbeauftragte war seitdem in regelmäßigem Austausch mit dem Landrat und der Ministerin für Bildung- und Kindertagesförderung. Mit dem Landrat, weil dieser für den Schutz des Kindeswohls zuständig ist, mit der Ministerin wegen der Einhaltung der Schulpflicht. Das Jugendamt unterbreitete den Erziehungsberechtigten mehrfach Gesprächsangebote, um eine einvernehmliche Klärung zu erreichen. Sie waren über Jahre nicht gesprächsbereit. Aber auch rechtliche Anordnungen, wie die Zahlung eines Bußgeldes, die Einleitung eines Strafverfahrens wegen der Schulpflichtverletzung, der Erlass eines Haftbefehls wegen nicht gezahlter Geldstrafen oder Anzeigen wegen Kindeswohlgefährdung, führten bei den Erziehungsberechtigten lange nicht zum Umdenken. 

Das änderte sich endlich Ende 2024, nachdem weitere gerichtliche Maßnahmen verhängt wurden. Mitte Februar 2025 gab es ein Gespräch zwischen dem Schulamt, der Erziehungsberechtigten und dem Jugendamt, um zu klären, wie der Unterricht künftig erfolgen wird. Bereits einen Tag später wurde eine Lernstandserhebung bei dem Jugendlichen durchgeführt. Er geht seit dem 2. Schulhalbjahr wieder zur Schule.

Der vergessene Schuleinzugsbereich

Eine kreisfreie Stadt hatte in der Vergangenheit ihre Schulen für ein vor ihren Toren liegendes Dorf des Nachbarlandkreises für zuständig erklärt. Nach Änderung ihrer Schuleinzugsbereichssatzung sollte dies nicht mehr gelten. Weil dies nicht ausreichend und vor allem nicht rechtzeitig kommuniziert worden war, herrschte große Unsicherheit.

Die Mutter eines einzuschulenden Kindes informierte den Bürgerbeauftragten, dass die Schulleitung der früher auch für das Dorf zuständigen städtischen Schule ihrem und weiteren Kindern die Schulanmeldung verweigerte. Die Recherche des Bürgerbeauftragten ergab, dass die Stadt im vorangegangenen Herbst ihre Satzung entsprechend geändert hatte – mit Billigung des Staatlichen Schulamtes. Allerdings wurde vergessen, die Eltern oder den Nachbarlandkreis, dessen Schulen dadurch nach dem Schulgesetz formal zuständig geworden waren, zu informieren. So gab es keine angemessene Möglichkeit einer Schülerbeförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den kreiseigenen Schulen.

Da es hier mehrere Stellen zu koordinieren galt – Kreis, Amtsverwaltung und Stadt als Träger der Grundschulen und der Schülerbeförderung sowie die Schulbehörden –, bat der Bürgerbeauftragte die Bildungsministerin, sich dieses Problems anzunehmen. 

In der Antwort wurde die Lösung mitgeteilt, dass eine Grundschule der kreisfreien Stadt alle Kinder aus dem betroffenen Dorf geschlossen aufnehmen könne. Für eine angemessene Schülerbeförderung sei gesorgt – auch für die beiden nachfolgenden Schuljahre. Nur der Wunsch nach Aufnahme in die früher für dieses Dorf zuständige (und nähergelegene) Schule könne aktuell mangels Kapazitäten nicht erfüllt werden.

Erneut Rechtsfehler bei Schülerbeförderung für Kinder mit Behinderung

Schulkinder mit Behinderung und ihre Familien stehen oft vor besonderen Herausforderungen, weshalb das Schulgesetz ihnen besondere Rechte einräumt. Leider werden diese Vorschriften, die auch in der Rechtsprechung geklärt sind, durch die Landkreise und kreisfreien Städte nicht immer zutreffend angewandt. Wie im Vorjahreszeitraum ist auch im aktuellen Berichtsjahr ein solcher Fall aufgetreten:

Die kreisfreie Stadt hatte das Schulkind in der Vergangenheit zu einer Schule in freier Trägerschaft befördert. Jedoch lehnte sie dies nach einem Schulwechsel an eine – nähergelegene – Schule in ebenfalls freier Trägerschaft ab, weil diese neue Schule nicht die örtlich zuständige sei. Zunächst ist anzumerken, dass eine Schule in freier Trägerschaft nach dem Schulgesetz nie „örtlich zuständig“ ist. Außerdem kommt es nach dem Schulgesetz und der klaren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern darauf auch nicht an, wenn das Kind aufgrund einer Behinderung zu befördern ist. In einem solchen Fall besteht Anspruch auf Beförderung zur nächstgelegenen Schule, sogar jenseits der Grenzen des Landkreises beziehungsweise der kreisfreien Stadt. 

Der Bürgerbeauftragte wies die Behörde auf die Rechtslage hin und bat um Aufhebung des Ablehnungsbescheides sowie um Bewilligung der Beförderung zur neuen Schule. Zusätzlich wurden auf Arbeitsebene die Auslegung der entsprechenden Regelungen im Schulgesetz erörtert und Gerichtsurteile übersandt. Das Schulverwaltungsamt der kreisfreien Stadt folgte der Auffassung des Bürgerbeauftragten und bewilligte im Widerspruchsverfahrens den Antrag.

Da ähnliche Fälle in der Vergangenheit in anderen Landkreisen ebenfalls geklärt werden konnten, bleibt zu hoffen, dass bei einer Zahl von sechs Landkreisen und zwei kreisfreien Städten bald flächendeckend Kenntnis der genannten Rechtsprechung besteht und Familien sich deswegen nicht mehr an den Bürgerbeauftragten wenden müssen.

Im Zuständigkeitsbereich des Ausschusses für Wissenschaft, Kultur und Europa gab es 48 Eingaben, von denen allein 36 auf den Petitionsaufruf einer privaten Musikschule zurückgehen. In 8 Eingaben ging es um das Denkmalschutzrecht.

Härtefallfonds für politische Häftlinge in der DDR (Fortsetzung aus dem Vorjahr)

In den Berichten der Jahre 2022 und 2023 hatte der Bürgerbeauftragte von der Petition eines politisch Verfolgten des DDR-Regimes berichtet. Er hatte vorgeschlagen, wie in den anderen ostdeutschen Ländern auch, einen Härtefallfonds für diese Personengruppe einzurichten. Das hierfür zuständige Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten hatte die Einrichtung eines solchen Landesfonds zunächst abgelehnt, da der Bund zu diesem Zweck einen eigenen Härtefallfonds bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge einrichten wollte. Diese bundeseinheitliche Lösung sei sinnvoller.

Der Petitionsausschuss, an den die Angelegenheit durch den Bürgerbeauftragten auf Wunsch des Petenten weitergeleitet wurde, bat die Landesregierung 2023 um erneute Prüfung des Anliegens. 

Im Ergebnis hat die Landesregierung einen Härtefallfonds mit einem jährlichen Volumen von 50.000 Euro für zunächst zwei Jahre eingerichtet. Die entsprechende Richtlinie trat zum 1. Mai 2024 in Kraft und sieht eine einmalige Unterstützungsleistung von 2.500 Euro vor, im Ausnahmefall bis zu 10.000 Euro. Ein Beratungstermin beim Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist für die Inanspruchnahme verpflichtend. Dem Petenten wurde geraten, umgehend einen Termin beim Landesbeauftragten zu vereinbaren, da das Gesamtvolumen des Fonds begrenzt ist. 

Der Bedarf für eine vorangehende Landesregelung hat sich bestätigt. Nach einer Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten wurden im Berichtsjahr 20 Anträge bewilligt und 8 abgelehnt. Nachdem mit einer bundesgesetzlichen Lösung wegen der verkürzten Legislaturperiode kaum mehr zu rechnen war, hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das erforderliche Gesetz beschlossen, es wird am 01.07.2025 in Kraft treten (https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2025/63/VO). 

Jagdschloss Granitz mit Barrieren

Eine Bürgerin, die auf den Rollstuhl angewiesen ist, wollte das Jagdschloss Granitz auf der Insel Rügen besuchen. Für Rollstuhlfahrerinnen gibt es keine Möglichkeit, in das Schloss zu gelangen, da man nur über Treppen hineinkommt. Sehr enttäuscht musste die Bürgerin von einer Besichtigung absehen und wandte sich an den Bürgerbeauftragten, der daraufhin die Direktorin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern beteiligte.

In einer ausführlichen Stellungnahme wurde bestätigt, dass das Museumsschloss nicht rollstuhlgerecht ist. Man habe in der Vergangenheit verschiedene Lösungen geprüft, die aus baulichen oder denkmalschutzrechtlichen Aspekten nicht umgesetzt werden konnten. Barrierefreie Angebote für Menschen mit Sehbeeinträchtigung seien vorhanden, auch gäbe es Führungen für blinde Menschen und hörgeschädigte Personen, aber eben nicht für Personen, die im Rollstuhl sitzen.

Unser Eindruck ist: Insgesamt hat die Verwaltung die Barrierefreiheit bei Schlössern in Mecklenburg-Vorpommern durchaus im Blick und versucht, geeignete Maßnahmen zu treffen. Häufig sind diese aber nicht optimal umsetzbar. Dennoch muss es auch hier weitere Verbesserungen geben.

Musikschulförderung nach Urteil zur Scheinselbständigkeit

Zahlreiche Eltern von Schülerinnen und Schülern einer privaten Musikschule forderten mehr staatliche Förderung der Musikschulen. Sie befürchteten eine Einschränkung des Angebots und steigende Kosten. Hintergrund war eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2022, wonach Musikschullehrerinnen und Musikschullehrer, die auf Honorarbasis tätig sind, als Scheinselbständige zu behandeln sind. In der Folge würden auf die Musikschulen durch eine Festanstellung finanzielle Mehrbelastungen zukommen.

Der Bürgerbeauftragte erkundigte sich bei der Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten nach bisherigen Förderungen und nach der Absicht, sie infolge der Rechtsprechung auszuweiten. Die Ministerin stellte die schon laufenden Förderungen sowie die geplanten Steigerungen dar und kündigte Gespräche zwischen der Landesregierung und der Rentenversicherung über ein Moratorium an, um den Musikschulen zeitlich etwas Luft zu verschaffen. Ende Januar 2025 hat der Bundestag nun ein Gesetz beschlossen, das als Übergangslösung bis zum Ende des Jahres 2026 Planungssicherheit für die Bildungseinrichtungen und die Lehrkräfte schafft. Bis spätestens zu diesem Zeitpunkt sollen dauerhaft tragfähige Lösungen und gegebenenfalls notwendige Finanzierungen geschaffen werden.

Halbes Dorf unter Denkmalschutz 

Ein Ortsteil einer großen kreisangehörigen Stadt wird baulich durch ein ansässiges großflächiges Forschungsinstitut mit seinen historischen Gebäuden geprägt. Nach der Wende wurde innerhalb eines Jahrzehnts ein größerer Teil der Gebäude im Dorf unter Denkmalschutz gestellt.

Neben Mitgliedern der Ortsteilvertretung wandte sich auch eine Hauseigentümerin an den Bürgerbeauftragten und schilderte die aus ihrer Sicht bestehenden denkmalrechtlichen Nutzungseinschränkungen.

So habe die Denkmalschutzbehörde eine denkmalpflegerische Zielstellung mit strengen Gestaltungsbeschränkungen erarbeitet. Unter anderem seien die in Gärten anzupflanzenden Gewächse vorgegeben worden, obwohl diese nach Ansicht der Petentin auf dem dortigen sandigen Boden nicht wachsen. Sie kritisierte die Vorgaben als bürgerfern und beklagte ausbleibende Antworten der unteren Denkmalschutzbehörde auf ihre Nachfragen zur Erneuerung einer maroden Garage.

Der Bürgerbeauftragte stellte zunächst den Kontakt zwischen dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde, der unteren Denkmalschutzbehörde und der Ortsteilvertretung her und ermöglichte so ein konstruktives Gespräch. Dabei ging es um die Wünsche nach einer praxisnäheren Fassung der denkmalpflegerischen Zielstellung, an der auch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege interessiert ist. 

In der Folge kam es zu weiteren Gesprächen an einem Sprechtag des Bürgerbeauftragten und zu einem Austausch vor Ort mit der Ortsteilvertretung. Diese Kommunikation soll unter Beteiligung der Denkmalschutzbehörde transparent fortgesetzt werden.

Historischer Treppenaufstieg – „Fridolin-Wanderung“

Einem Bürger ging es um den Erhalt eines historischen Treppenaufstiegs mit hohem kulturellen Wert, der zu einem Wanderweg in einer Endmoränenlandschaft gehört. Dieser Wanderweg führt durch einen Buchenwald zu einem Fähranleger mit traditioneller Seilfähre.

Der steile Treppenaufstieg wurde Mitte des vergangenen Jahrhunderts mit Natursteinstufen ausgebaut und später mit einem Handlauf gesichert. Im Laufe der Zeit entstandene Schäden an Treppe und Handlauf sollten beseitigt werden. Fördermittel waren genehmigt, das Projekt scheiterte jedoch. Weg und Treppe wurden gesperrt. Als Alternative wurde ein schmaler Pfad angelegt, der wegen der Steigung, des rutschigen Laubes und des fehlenden Handlaufs vor allem für ältere und beim Gehen eingeschränkte Personen nicht sicher nutzbar war. 

Ziel des Petenten war der Erhalt des traditionellen Weges über die Natursteintreppe mit dem dazugehörigen Handlauf. Der Alternativpfad sollte für Fahrradfahrer beibehalten werden.

In diesem Sinne wandte sich der Bürgerbeauftragte zunächst an die Bürgermeisterin sowie den Landrat. Letzterer erklärte, dass der Landkreis in dem Verfahren lediglich als untere Naturschutzbehörde beteiligt sei, aber keine Entscheidungen treffe. Die Bürgermeisterin wies darauf hin, dass die Gemeinde nicht Eigentümerin der Flächen sei, sondern die Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern. 

Daraufhin nahm der Bürgerbeauftragte Kontakt zum Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt auf. Der Minister erklärte, dass bereits seit Jahren über eine Modernisierung des Treppenaufstiegs verhandelt werde. So habe unter anderem die Gemeinde zunächst ein DIN-gerechtes Bauen für die Treppe gefordert. Dies hätte bedeutet, die Steinkonstruktion mit einer Metalltreppe zu überbauen. Die Landesforstanstalt habe die Zustimmung für die Modernisierung zurückgezogen, da sich nach vielen trockenen Sommern die Standfestigkeit der alten Bäume im Bereich der Treppe verschlechtert habe. Es sei daher vermehrt mit umstürzenden Bäumen oder herabfallenden Kronenteilen zu rechnen. Man habe sich dann darauf geeinigt, lediglich den Treppenfuß zu modernisieren und einen Alternativweg anzulegen.

Ausgelöst durch die Petition suchte die Gemeinde weiter nach Möglichkeiten, wie die Steintreppe wieder genutzt werden kann. Hierzu haben Gespräche der Bürgermeisterin mit dem Minister stattgefunden. Es wurde erneut geprüft, ob und wie die Modernisierung des Treppenaufstiegs durch das Land und die Gemeinde unter Gewährleistung der Verkehrssicherheit ermöglicht werden kann. 

Nach der jüngsten Mitteilung des Umweltministers soll die historische Treppe nunmehr doch erhalten und schon im Jahr 2025 modernisiert werden.

Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten sind dem Bürgerbeauftragten durch die Landesverfassung und das PetBüG ausdrücklich aufgegeben. Durch fachliche Vorprüfungen, fundierte Auskünften oder Verhandlungen und Vermittlungen mit der Verwaltung wird dies umgesetzt. In 739 Fällen baten Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung in einer sozialen Angelegenheit. 

Davon betrafen insgesamt 587 Petitionen den Zuständigkeitsbereich des Sozialausschusses.

Betroffene kennen die Regelungen des Sozialrechts oft nicht, jedenfalls nicht im Detail. Der nach § 14 SGB I vorgesehene Anspruch auf Beratung wird von der Verwaltung nicht immer erfüllt. Lange Verfahrensdauern gaben wie in den Vorjahren Anlass zu Beschwerden. Während bei Jobcentern, Arbeitsagenturen oder Krankenkassen eher zügigere Bearbeitungszeiten üblich sind, sieht es in der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX) oder im Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) anders aus. Auch mit Hilfe des Bürgerbeauftragten war nicht immer eine Beschleunigung zu erreichen. Wenn hinter einem Einzelfall eine generelle Problematik vermutet wurde, hat der Bürgerbeauftragte dies aufgegriffen. Weit überwiegend konnten positive Ergebnisse erreicht werden.

Die folgenden Einzelfälle und grundsätzlichen Themen zeigen den breiten Aufgabenzuschnitt des Bürgerbeauftragten im sozialen Bereich, die unterschiedliche Vorgehensweise, aber auch die komplexe Rechtslage. 

Von 38 Petitionen aus der Kinder- und Jugendhilfe betrafen 36 Petitionen den Kinder- und Jugendschutz (2023: 28) und 2 Petitionen die Kinder- und Jugendarbeit (2023: 4). Die Aufgaben sind sehr vielfältig, da unterschiedliche Gesetze zu beachten sind. 

Fehlendes Fachpersonal und deswegen nicht besetzte Stellen, Langzeiterkrankungen der Mitarbeitenden und die Komplexität der Sachverhalte mit Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten stellen die Jugendämter vor große Herausforderungen. Bei der allgemeinen Kritik an langen Bearbeitungszeiten und schlechter Erreichbarkeit der Jugendämter musste festgestellt werden, dass dies konkret auf zwei Jugendämter zutraf. Problematisch ist es, wenn Bürgerinnen und Bürger mögliche Kindeswohlgefährdungen mitteilen wollen, aber das Jugendamt trotz mehrfacher Versuche nicht erreichen. Der Bürgerbeauftragte, den Bürger deswegen um Hilfe baten, wurde unverzüglich tätig und erreichte eine sofortige Überprüfung.

Auch bei Fragen zum Unterhaltsvorschuss wurde der Bürgerbeauftragte tätig, wenn Bürgerinnen und Bürger wissen wollten, ob der vom Jugendamt errechnete Betrag richtig ist. Hier erfolgte die Auskunft auf der Grundlage des Unterhaltsvorschussgesetzes, des BGB, der Mindestunterhaltsverordnung und der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Rostock. 

Bei Fragen nach der Mitwirkung des Jugendamtes in Kindschaftssachen wie der Personen- und Vermögenssorge, dem Umgangsrecht oder der Kindesherausgabe erfolgte eine soziale Beratung. Wenn zum Wohle des Kindes ein Handeln des Jugendamtes erforderlich erschien, wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Landkreise oder kreisfreien Städte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe. 

So konnte in einem Fall erreicht werden, dass Großeltern zu ihren drei und neun Jahre alten Enkelkindern wieder Kontakt erhielten. Dieser Kontakt war nach dem plötzlichen Tod der Mutter der Kinder, die auch die Tochter der Petenten war, vom Vater der Kinder unterbunden worden. Auf Anregung des Bürgerbeauftragten gab es im Jugendamt ein vermittelndes Gespräch zwischen den Beteiligten mit positivem Ausgang.

Ein Schwerpunkt war erneut die Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für Kinder und Jugendliche, die von einer seelischen Behinderung bedroht oder betroffen sind. Bei den Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII ging es überwiegend um Fragen der Vollzeitpflege. Mehrfach baten Verwandte um Hilfe. Denn auch Verwandte können Pflegeeltern nach dem SGB VIII sein und erhalten dann die Leistungen für den Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen. Dieser umfasst die Kosten für den Sachaufwand und für die Pflege und Erziehung. Probleme können sich ergeben, wenn das Verfahren sehr lange dauert.

  • Eine Bürgerin aus Schleswig-Holstein teilte Ende Dezember 2023 mit, dass sie seit Oktober 2021 ihren zwei Jahre alten Neffen betreue. Dieser sei aus der elterlichen Wohnung heraus vom Jugendamt in Obhut genommen und ihr übergeben worden. Die Inobhutnahme bestehe weiter fort. Sie erhalte zwar die Leistungen für Sachaufwand, Pflege und Erziehung, aber nicht die Betreuungskosten für den Besuch der Kita. In Schleswig-Holstein werden Familien von der Zahlung von Beiträgen für die Kita nicht befreit. Außerdem möchte sie nach so langer Zeit auch rechtlich als Pflegeperson nach dem SGB VIII anerkannt werden. Das Verfahren verzögere sich jedoch. Die Mitarbeitenden im Jugendamt seien kaum erreichbar. Zugesagte Rückrufe würden nicht erfolgen und auf E-Mails werde nicht reagiert.

    Der Bürgerbeauftragte, der von der Bürgerin um dringende Hilfe gebeten wurde, hat nach schriftlichem und persönlichem Kontakt im Sommer 2024 endlich eine Klärung erreichen können. So wurde die Inobhutnahme beendet, die rechtlich lediglich eine vorläufige Schutz- und Unterbringungsmaßnahme durch das Jugendamt für Kinder und Jugendliche in einer Notsituation darstellt. Die Petentin wurde rechtlich als Pflegeperson anerkannt. Die von ihr verauslagten Kita-Beiträge, fast 1.500 Euro, wurden ihr erstattet.
  • Eine Pflegeperson, die mehrere Pflegekinder betreute, bat im Sommer 2022, sie gegenüber einem Landkreis zu unterstützen. Die Richtlinie, in der der Landkreis die Höhe der Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung regelt, müsse geändert und festgelegte Pauschalen müssten erhöht werden. Die Petentin begründete ihr Anliegen mit der allgemeinen Kostensteigerung und Preisentwicklung. Sie hatte sich auch an den Landrat gewandt. Dieser zeigte sich in einem persönlichen Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten grundsätzlich offen. Eine Überarbeitung der Richtlinie und eine Erhöhung der Pauschalsätze zumindest in Höhe des Inflationsausgleichs sei geplant. Auf regelmäßige Nachfragen des Bürgerbeauftragten in den folgenden Monaten wurde wiederholt mitgeteilt, dass die Richtlinie überarbeitet werde. Die geänderte Richtlinie trat am 01.10.2024 in Kraft. 

Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII

In den Berichten der vergangenen Jahre hat der Bürgerbeauftragte auf verschiedene Probleme bei den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII hingewiesen. 

Kinder und Jugendliche haben einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ein Risiko für ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (soziale Teilhabe) zu erwarten ist. Nach Ermittlung des Bedarfs sind Hilfen in ambulanter Form, in geeigneten Tageseinrichtungen oder Wohnformen, als Assistenzleistungen oder auch als außerschulische Fördermaßnahmen durch spezielle Therapien möglich. Zuständig sind die Jugendämter.

Mehrere Erziehungsberechtigte baten um Unterstützung, weil die Jugendämter über Anträge oder Widersprüche lange Zeit nicht entschieden. Als Gründe wurden, wie auch in den Vorjahren, eine hohe Arbeitsbelastung und lange Wartezeiten auf erforderliche fachliche Begutachtungen genannt. 

Folgende Beispiele: 

  • Pflegeeltern teilten mit, dass bei ihrer 10-jährigen Pflegetochter durch eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie ADHS und eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung diagnostiziert wurde. Damit sei eine Abweichung der seelischen Gesundheit für mehr als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand festgestellt worden. Das Kind sei anderen Kindern gegenüber übergriffig und verletze sie, erfahre aber auch selbst Übergriffe. Es habe sich schulmeidendes Verhalten entwickelt. Nach Einschätzung der Schule und der Schulsozialarbeiterin sei das Kind in der sozialen Teilhabe eingeschränkt. Schule und behandelnder Arzt empfahlen eine Assistenz in der Schule.

    Der Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe für das Schuljahr 2023/2024 wurde im August 2023 vom Jugendamt abgelehnt. In der Begründung hieß es lediglich, dass das Kind nach eingehender Prüfung nicht von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffen sei.

    Die Ablehnung war für die Pflegeltern und die sorgeberechtigte Mutter, die aus rechtlichen Gründen den Antrag stellen musste, angesichts der erheblichen Auffälligkeiten und der fachlichen Stellungnahmen nicht nachvollziehbar. Die Mutter des Kindes erhob Widerspruch. Als sich die Pflegeeltern und die Mutter im Mai 2024 an den Bürgerbeauftragten wandten, hatte die Verwaltung über den Widerspruch vom August 2023 noch nicht entschieden. 

    Der Bürgerbeauftragte bat die Oberbürgermeisterin um eine individuelle Bedarfsermittlung unter Beteiligung der Sorgeberechtigten, der Angehörigen der Heilberufe, die die Abweichung der seelischen Gesundheit festgestellt hatten, sowie weiterer Fachkräfte, so wie es der Gesetzgeber in § 36 SGB VIII geregelt hat. Eine Antwort erhielt der Bürgerbeauftragte, trotz mehrfacher Nachfragen, erst Anfang September 2024. Nunmehr teilte die Verwaltung mit, dass der Widerspruch zurückgewiesen worden sei. Das neue Schuljahr habe bereits begonnen. Eine Entscheidung über den Antrag für das Schuljahr 2023/2024 habe sich damit erledigt. Dies empfanden Pflegeeltern und Mutter als Hohn. 

    Die Mutter stellte im September 2024 einen neuen Antrag auf eine Assistenz, nun für das Schuljahr 2024/2025. Der Bürgerbeauftragte wertete die Vorgehensweise und den Umgang mit der Petition in einem persönlichen Gespräch mit der Oberbürgermeisterin aus. Diese sicherte eine interne Überprüfung und ein Gespräch im Jugendamt für Ende Oktober 2024 zu. Das Jugendamt reagierte jedoch erneut nicht. Das Gespräch fand erst Anfang 2025 statt.

    In diesem Gespräch, an dem der Bürgerbeauftragte persönlich teilnahm, wurden endlich verbindliche Absprachen getroffen. Die für Januar 2025 zugesagte Hospitation in der Schule des Kindes fand erst Mitte März 2025 statt. Eine Entscheidung über den Antrag hatte das Jugendamt bis Ende März 2025 noch nicht getroffen.
  • In einem anderen Fall teilte eine Mutter mit, dass ihre 16-jährige Tochter seit drei Jahren nur gelegentlich zur Schule gehe. Sie leide an Panik- und Angstzuständen, Sozialphobien, depressiven Phasen sowie psychosomatischen Kopf- und Bauchschmerzen, die Anfang 2023 in eine Erschöpfungsdepression mündeten und zu einem mehrmonatigen Klinikaufenthalt führten. 

    Im Dezember 2023 beantragte die Mutter die Übernahme der Kosten zum Besuch einer Online-Schule als Eingliederungshilfe. Erst im April 2024 erhielt sie eine Eingangsbestätigung. Da sie trotz mehrfacher Nachfragen keine weitere Auskunft vom Jugendamt bekam, wandte sie sich an den Bürgerbeauftragten.

    Aus den von der Petentin übersandten Unterlagen ergab sich, dass das Staatliche Schulamt, mit dem die Mutter in regelmäßigem Austausch war, die Jugendliche vom Schulbesuch an ihrer Schule ab 01.08.2024 befreite. Diese Befreiung sollte aber nur dann Bestand haben, wenn das Jugendamt innerhalb von drei Wochen eine Kostenzusage zum Besuch der Online-Schule gibt. Das Jugendamt teilte aber lediglich mit, es bemühe sich, bis zu den Sommerferien 2024 zu entscheiden. Mit dieser allgemeinen Aussage konnten sich die Petentin und auch der Bürgerbeauftragte nicht zufriedengeben.

    Zunächst vereinbarte der Bürgerbeauftragte mit dem Schulamt, dass der Bescheid nicht widerrufen wird, auch wenn der Landkreis nicht innerhalb der vom Schulamt gesetzten Frist reagieren würde. Dann wandte er sich an den Landrat und bat um schnellstmögliche Prüfung. Diese erfolgte auch. Mit der Mutter fand ein abschließendes Gespräch statt. Im Ergebnis übernahm der Landkreis die Kosten der Online-Schule für das Schuljahr 2024/2025.
  • Im vorangegangenen Jahresbericht informierte der Bürgerbeauftragte über den seinerzeit nicht abgeschlossenen Fall eines schwerbehinderten 12-jährigen Kindes, für das der sorgeberechtigte Vater Kosten für eine Lerntherapie als Eingliederungshilfe beanspruchte. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten wurde die Teilhabebeeinträchtigung vom Jugendamt nicht ausreichend ermittelt. Auch persönliche Gespräche des Bürgerbeauftragten mit der Verwaltungsleitung und die Einschaltung der Bildungsministerin führten zu keiner Klärung. 

    Eine gerichtliche Überprüfung, zu der sich der Petent entschloss, brachte auch keinen Erfolg. Trotz eines entgegenstehenden richterlichen Hinweises erklärte die sorgeberechtigte Mutter, die vom Vater des Kindes seit Jahren geschieden ist, vor Gericht, dass sie sich der Klage nicht anschließt. Die Klage war damit unzulässig und wurde aus formalen Gründen abgewiesen. Eine inhaltliche Prüfung erfolgte durch das Gericht nicht.

    Umgehend stellten beide Eltern gemeinsam einen neuen Antrag auf Übernahme der künftig für die Lerntherapie anfallenden Kosten. Aus Sicht der Verwaltung war es erforderlich, Gutachten, Einschätzungen und Berichte erneut einzureichen. Dies war für den Petenten unverständlich. Er entschied sich daher, das Verfahren nicht fortzusetzen. Die Kosten für die Lerntherapie zahlt der alleinerziehende Vater weiter selbst, deutlich über 2.000 Euro im Jahr.
Hilfe zur Erziehung, Medikamentengabe für ein Pflegekind

In Familien kann es im Alltag zu ganz unterschiedlichen Problemen und Konflikten kommen. Benötigen Eltern Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder, können sie Hilfe beim Jugendamt suchen. Wenn vom Jugendamt ein Hilfebedarf ermittelt wird, werden Unterstützungsmaßnahmen, sogenannte Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII, bewilligt. Das kann ein Erziehungsbeistand, eine Familienhilfe oder auch die Unterbringung des jungen Menschen in einer Pflegefamilie sein. Für Pflegekinder zahlt das Jugendamt den Pflegepersonen Pflegegeld. Es umfasst die Kosten für Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung.

Welche Schwierigkeiten Pflegepersonen haben können, zeigt folgender Fall: Die Pflegemutter hatte ein drei Monate altes Baby als Pflegekind aufgenommen. Das Kind ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 sowie den Merkzeichen B („Begleitung“) und H („hilflos“) und hat den Pflegegrad 3. Ab Februar 2023 wohnte das Kind, das zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt war, jeweils von Montag bis Freitag im Internat eines Landesförderzentrums, wo es auch zur Schule ging.

Das Kind muss verschiedene Medikamente einnehmen, die zusammengestellt und verabreicht werden müssen. Am Wochenende und an freien Tagen übernimmt das wie bisher die Pflegemutter, in der Woche ein Pflegedienst. Die Mitarbeitenden des Internats sind nicht dazu berechtigt. Der Pflegedienst stellte seine Kosten in Rechnung. 

Beginnend ab Mai 2023 bemühte sich die Pflegemutter um eine Klärung, wer die Kosten zu tragen hat. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme mit dem Hinweis ab, dass es sich um Kosten der (erweiterten) häuslichen Krankenpflege handelt, die nicht von der Krankenversicherung getragen werden. Der Landkreis sagte als Träger der Jugendhilfe eine Prüfung zu. Mehrfach fragte die Pflegemutter beim Landkreis nach. Ab September 2023 reichte sie die Rechnungen des Pflegedienstes beim Jugendamt ein. Im Januar 2024 listete sie ihre Ausgaben erneut auf. Im März 2024 sicherte der Landkreis wiederum eine Klärung zu. Es passierte nichts. Um zu verhindern, dass der Pflegedienst seine Leistung einstellt, ging die Pflegemutter in Vorleistung. Sie zahlte monatlich deutlich über 100 Euro. Diese Kosten waren nicht vom Pflegegeld umfasst, das ihr der Landkreis zahlte.

Als es auch auf eine Nachfrage im April 2024 keine Reaktion gab, bat die Pflegemutter den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Dieser wandte sich an den Landkreis und bat, schnellstmöglich eine Überprüfung zu veranlassen. Aber auch der Bürgerbeauftragte erhielt über Monate trotz mehrfacher Nachfragen keine Reaktion. Erst im August 2024 teilte der Landkreis mit, dass er an einer zeitnahen Klärung arbeite. Anfang Oktober 2024 sprach der Bürgerbeauftragte mit der zuständigen Beigeordneten, im November 2024 telefonierte die Mitarbeiterin des Bürgerbeauftragten mit dem Fachbereich im Jugendamt. Nun zeichnete sich eine Lösung ab. Der Landkreis sagte der Petentin zu, die verauslagten fast 3.000 Euro zu erstatten. Auch für die Zukunft gab es eine Lösung: Die Pflegemutter bezahlt zwar zunächst die Rechnungen. Die Kosten werden ihr aber als zusätzliche Beihilfe mit der regulären Pflegegeldzahlung erstattet.

Insgesamt 21 Anfragen und Beschwerden (Vorjahr: 27) betrafen verschiedene Fallgestaltungen aus dem Rechtskreis des SGB III. Wie auch in den Vorjahren hatten Bürgerinnen und Bürger Fragen zur Berechnung ihrer Leistungen. Überwiegend wird nach rechtlicher Prüfung eine Stellungnahme der Arbeitsagentur eingeholt. Auf dieser Grundlage kann der Sachverhalt abschließend bewertet werden und eine Beratung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen. 

Häufig gab es Fragen zur Berücksichtigung von Nebeneinkommen. Hierbei muss beachtet werden, dass arbeitslos nach dem SGB III nur ist, wer (regelmäßig) weniger als 15 Stunden in der Woche arbeitet (§ 138 SGB III). Wer regelmäßig länger eine Beschäftigung ausübt, erhält kein Arbeitslosengeld. Für Einkommen aus Erwerbstätigkeit besteht immer ein Freibetrag von 165 Euro monatlich. Wenn das Einkommen den Freibetrag übersteigt, wird es auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Ein wiederkehrendes Thema war, wie auch in den Vorjahren, die Zahlung von Arbeitslosengeld bei längerer Arbeitsunfähigkeit. Um Leistungslücken zu verhindern, kann Arbeitslosengeld auch für Langzeiterkrankte gezahlt werden, wenn der Anspruch auf das Krankengeld erschöpft ist und die Rentenversicherung noch nicht über die Erwerbsminderungsrente entschieden hat. Mit der sogenannten „Nahtlosigkeitsregelung“ nach § 145 SGB III sollen dauerhaft leistungsgeminderte Arbeitnehmer vor Nachteilen geschützt werden, welche sich aufgrund unterschiedlicher Leistungszuständigkeiten ergeben können. 

Bei Fragen zu diesem Thema erfolgte eine Beratung durch die Fachreferentinnen des Bürgerbeauftragten. Falls erforderlich, wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Arbeitsagentur. 

In jedem Fall müssen die Beschwerden zügig bearbeitet werden, um Notlagen zu verhindern. Dies gilt zunächst für die originär zuständige Arbeitsagentur, aber auch sodann für den Bürgerbeauftragten. Hierzu zwei Beispiele:

  • Ein Bürger bat um Hilfe für seine plötzlich schwer erkrankte, auf der Intensivstation liegende Ehefrau. Die Ehefrau hatte vor ihrer Erkrankung Arbeitslosengeld beantragt. Den Zeitpunkt und den Verfahrensstand kannte der Ehemann aber nicht. Nach Einschätzung des Ehemannes bestanden Leistungslücken. Unterlagen hatte er aber keine. Auf Bitte des Bürgerbeauftragten wurde nach einer schnellen Prüfung durch die Arbeitsagentur festgestellt, dass die Ehefrau nach Auslaufen des Krankengeldes Arbeitslosengeld verspätet beantragt und deshalb zunächst keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Dies erklärte die Lücke, war aber rechtlich nicht zu beanstanden. Es gab sogar schon einen Widerspruchsbescheid der Arbeitsagentur, der dies bestätigte.

    Wenn es sich auch nicht um die vom Ehemann erhoffte Auskunft handelte, so hatte er zumindest Klarheit zu den Ansprüchen seiner Ehefrau. 
  • In einem anderen Fall teilte Ende April 2024 eine langzeiterkrankte Bürgerin mit, dass sie sich in einer finanziellen Notlage befinde, weil sie seit Wochen ohne Leistungen sei. Die Deutsche Rentenversicherung habe bereits Anfang März die Zahlung von Übergangsgeld eingestellt, die Arbeitsagentur habe ebenfalls Anfang März das schon bewilligte Arbeitslosengeld aufgehoben. Die Krankenkasse habe Ende März dennoch an die Arbeitsagentur verwiesen.

    Daraufhin meldete sich die Bürgerin am 04.04.2024 erneut arbeitslos. In einem Beratungsgespräch am 23.04.2024 sei ihr von der Arbeitsagentur mitgeteilt worden, dass der Medizinische Dienst beauftragt werde, das Leistungsvermögen zu überprüfen. Dies würde weitere drei Wochen dauern. Die Bürgerin bat den Bürgerbeauftragten dringend um Hilfe.

    Der Sachverhalt wurde anhand der Unterlagen, die die Petentin übersandte, überprüft. Nach Einschätzung des Bürgerbeauftragten bestanden Ansprüche auf Arbeitslosengeld, entweder als originäres Arbeitslosengeld oder wegen Minderung der Leistungsfähigkeit. Er wandte sich an die Arbeitsagentur. Innerhalb eines Tages prüfte die Arbeitsagentur und zahlte einen Abschlag von 2.000 Euro. Nach abschließender Prüfung wurde der Petentin Arbeitslosengeld bewilligt. 

Bürgergeld, also die Grundsicherung für Arbeitsuchende, ist eine staatliche Sozialleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige und nichterwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Sie ist im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geregelt.

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Sie umfasst Leistungen zur Beratung, zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit, und zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Im Jahr 2024 sind 143 Eingaben eingegangen (Vorjahr: 160 Eingaben).

An der Bedeutung des Bürgerbeauftragten für die Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten hat sich nichts geändert. Der Schwerpunkt liegt – mit leicht abnehmender Tendenz – bei den Eingaben zur Grundsicherung. Die meisten Eingaben (138) betrafen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Oft ging es dabei um Fragen zur Aufhebung oder Rücknahme von Bescheiden, zur Höhe der Erstattung von zunächst gewährten Leistungen, zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung, zur Berechnung des Einkommens und zur abschließenden Bewilligung. 

Lediglich 5 Eingaben betrafen Fragen zu Eingliederungsleistungen, die zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit führen.

Dauerbrenner: Fehlende Eingangsbestätigung

Leider muss der Bürgerbeauftragte in seinen Jahresberichten regelmäßig auf die Schwierigkeiten hinweisen, wenn Leistungsempfänger beim Jobcenter um eine Eingangsbestätigung für ihre abgegebenen Unterlagen bitten. 

Eine Bürgerin informierte, dass es für sie – wie bereits im vergangenen Jahr – sehr schwierig gewesen sei, eine Eingangsbestätigung für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten, die sie pflichtgemäß beim Jobcenter abgegeben hatte. Die Bürgerin hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass eine zuvor von ihr abgegebene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht auffindbar gewesen sei. Für diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hatte sie eine Eingangsbestätigung erhalten, sodass sie deren Abgabe hatte nachweisen können. Die Eingangsbestätigung für die weitere eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhielt sie erst, nachdem sie angekündigt hatte, anderenfalls das Jobcenter nicht zu verlassen. 

Eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit, die auf eine Anregung des Bürgerbeauftragten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zurückgeht, befürwortet ausdrücklich die Ausstellung einer Eingangsbestätigung, wenn Leistungsberechtigte dies wünschen. Der Bürgerbeauftragte teilte der Petentin mit, dass er den Geschäftsführer des Jobcenters beim nächsten Gespräch darüber informieren wird.
Meldeversäumnisse
Empfänger von Bürgergeld sind verpflichtet, sich nach Aufforderung des Jobcenters dort zu melden. Wird diese Meldepflicht ohne wichtigen Grund nicht erfüllt, wird das Bürgergeld gemindert.

In einem Fall begründete eine Bürgerin ihr Nichterscheinen damit, dass sie keine Einladung zum Termin erhalten habe. Dies wollte die Mitarbeiterin des Jobcenters nicht glauben und lud die Bürgerin erneut ein. In diesem Gespräch wurde der Bürgerin mitgeteilt, dass sie zuvor einer Einladung ohne wichtigen Grund und trotz Belehrung über die Folgen nicht nachgekommen sei. 

Die Bürgerin versicherte, die Einladung nicht erhalten zu haben. Sie sei noch nie unentschuldigt zu einem Termin nicht erschienen. Sie fühlte sich herablassend und ungerecht behandelt und wandte sich deswegen an den Bürgerbeauftragten.

Der Bürgerbeauftragte wies die Geschäftsführung des Jobcenters darauf hin, dass eine Minderung des Bürgergeldes nicht in Betracht kommt, wenn das Jobcenter den Zugang des Einladungsschreibens nicht nachweisen könne.

Die Geschäftsführung bedauerte den Vorgang. Im Folgetermin entschuldigte sich die Mitarbeiterin bei der Petentin. Das Bürgergeld wurde nicht gemindert. Die Mitarbeitenden des Jobcenters wurden für den Umgang mit Meldeaufforderungen sensibilisiert.

Kabelfernsehgebühren ab Juli 2024

Spätestens seit Juli 2024 dürfen Kosten privater Verteilanlagen für Kabelfernsehen nicht mehr automatisch vom Vermieter über die Betriebskosten auf die Wohnungen umgelegt werden. Seitdem gehören Kabelgebühren auch nicht mehr zu den Aufwendungen für die Unterkunft. Sie können daher nicht mehr als Bedarf für die Unterkunft anerkannt werden und sind aus dem Regelbedarf zu finanzieren. 

Der auf der „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018“ beruhende aktuelle Regelbedarf berücksichtigt aber die Verbrauchsausgaben für Kabelfernsehen nicht. Denn damals gehörten Kabelgebühren als Betriebskosten zu den Aufwendungen für die Unterkunft.

Im April 2022 hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Ansicht vertreten, dass Kabelgebühren ab Juli 2024 bis zum Inkrafttreten der neu ermittelten Regelbedarfe auf Grundlage der „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2023“ entweder als pauschalierter Bedarf oder als Bedarf, der sich an den tatsächlichen Aufwendungen orientiert, zu decken sind.

Wegen Eingaben zu diesem Thema fragte der Bürgerbeauftragte beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach, ob es ergänzende Informationen geben wird, insbesondere für die Bundesagentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die obersten Landessozialbehörden.

Das Bundesministerium sah jedoch keinen Handlungsbedarf mehr. Fernsehen und Hörfunk könnten ohne weitere Kosten über das Internet oder terrestrisch empfangen werden. Durchschnittliche Verbrauchsausgaben für Kommunikationsdienstleistungen für einen Internetanschluss würden seit 2021 im Regelbedarf berücksichtigt werden. 

Zwischenzeitlich hat die Bundesagentur für Arbeit in Abstimmung mit dem Bundesministerium die fachlichen Weisungen zu § 21 SGB II angepasst. Sie hat die „Negativliste“ der besonderen Bedarfe um die Kabelgebühren ergänzt. Danach liegt bei Kabelgebühren kein gesonderter Bedarf vor. 

Die Ergebnisse aus der zukünftig maßgeblichen „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2023“ werden frühestens 2025 veröffentlicht werden. Ob die Kabelgebühren dann als regelbedarfsrelevant anerkannt werden, ist wegen der kostengünstigeren und teilweise auch kostenlosen Alternativen zum Kabelfernsehen fraglich.

Sozialhilfe gibt es für Menschen, die nicht erwerbsfähig und nicht in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Ein Leistungsanspruch besteht danach nur, wenn die hilfebedürftige Person den Bedarf für ihren Lebensunterhalt weder selbst noch durch andere Sozialleistungen oder die Hilfe von Dritten (zum Beispiel Angehörigen) bestreiten kann beziehungsweise ihr dies nicht zuzumuten ist.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistungsträger sollen darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen umfassend und zügig erhält. Hierauf hat der Bürgerbeauftragte wiederholt hingewiesen. Die Landkreise begründeten häufig aufgetretene Verzögerungen mit einem erhöhten Arbeitsaufkommen und der aktuellen Personalsituation.

Die Zahl der Eingaben lag mit 81 auf dem Niveau des Vorjahres (85). Davon betrafen die meisten die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (60). Oft ging es dabei um Fragen zur Aufhebung oder Rücknahme von Bescheiden, zur Höhe der Erstattung von zunächst gewährten Leistungen, zur Anrechnung von Einkommen und um den Übergang von Ansprüchen. 

12 Petitionen bezogen sich auf die Hilfe zur Pflege. In 5 Petitionen wurden Fragen zur Hilfe zum Lebensunterhalt angesprochen, insbesondere zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung.

Grundsicherung und Kindergeld für ein volljähriges Kind

Eine Bürgerin war mit ihrer volljährigen Tochter Anfang Februar 2024 von einem Landkreis in eine kreisfreie Stadt gezogen. Während der Landkreis der Tochter Grundsicherung (ohne das Kindergeld anzurechnen) bewilligt hatte, reduzierte die kreisfreie Stadt die Grundsicherung der Tochter um das Kindergeld.

Der Bürgerbeauftragte informierte die Mutter darüber, dass das Kindergeld grundsätzlich ihr Einkommen sei, weil es ihr als Kindergeldberechtigten gezahlt worden war. 

Auf dieser Grundlage legte die Petentin Widerspruch ein. Sie trug vor, dass Einkommen grundsätzlich immer bei demjenigen bedarfsmindernd anzurechnen sei, dem es zufließe. Das sei im Falle des Kindergeldes der Kindergeldberechtigte, also im Regelfall der Elternteil, an den das Kindergeld ausgezahlt werde. Nur im Falle der Weiterleitung – wenn es also dem Kind tatsächlich als Geldbetrag zufließe – sei es als dessen Einkommen anzurechnen. Eine solche Konstellation lag hier aber nicht vor. 

Nachdem mehr als drei Monate vergangen waren, ohne dass über den Widerspruch entschieden wurde, regte der Bürgerbeauftragte gegenüber der Stadt an, sofort dem Widerspruch abzuhelfen. Die Stadt folgte dieser Empfehlung und zahlte für Februar bis Juli 2024 insgesamt 1.500 Euro nach.

Leistungskürzung ohne Änderungsbescheid

Einer Bürgerin wurde ab Juli 2024 eine geringere als die zuletzt bewilligte Grundsicherung im Alter gezahlt. Grund hierfür war, dass der Landkreis die aufgrund der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 höhere Altersrente als Einkommen berücksichtigt hatte, wodurch sich der Leistungsanspruch reduzierte. Diese Berechnung war richtig. Es fehlte allerdings der entsprechende Änderungsbescheid.

Wenn kein Änderungsbescheid über die Bewilligung einer geringeren Leistung erlassen wird, ist das nicht nur unverständlich für die Betroffenen. Es fehlt auch an einem Rechtsgrund dafür, eine geringere Leistung zu erbringen. Denn der vorangegangene Bescheid ist nicht (teilweise) aufgehoben worden und damit weiterhin wirksam, sodass die mit ihm bewilligten Leistungen zu erbringen sind. Unter Hinweis hierauf bat die Bürgerin den Landkreis mehrmals, einen Änderungsbescheid zu erlassen. Dieser wurde dann im Oktober 2024 erlassen.

Ähnlich ist der Fall eines Bürgers aus einem anderen Landkreis. Bei ihm war der ab Juli 2024 bewilligte Zuschlag für die Rente bei der Grundsicherung als Einkommen berücksichtigt worden, sodass sich ein geringerer Leistungsanspruch ergab. Ein Änderungsbescheid war nicht erlassen worden. Auch hier gilt: Soweit der Bewilligungsbescheid nicht teilweise aufgehoben wurde, ist die mit ihm bewilligte Grundsicherung zu erbringen.

Auch wenn es finanziell an der Situation nichts ändert, erwarten die Bürgerinnen und Bürger zu Recht, dass sie auf ordnungsgemäße Bescheide vertrauen dürfen. Gerade bei den automatisch in die Leistungsberechnung einfließenden Renten muss eine rechtzeitige Neuberechnung der Sozialleistungen erfolgen. So lassen sich Verunsicherungen und Rückfragen einerseits und ein Mehraufwand der Verwaltung andererseits vermeiden.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Einem Bürger war Anfang März 2023 die Bewilligung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab Januar 2023 unbegrenzt abgelehnt worden. Da sein grundsicherungsrechtlicher Bedarf das ihm gewährte Wohngeld unterschreite, gehe das Wohngeld vor. Der Eingang des hiergegen erhobenen Widerspruchs war drei Monate später bestätigt worden. Eine Bitte von Anfang März 2024, bis zum Ende des Monats über den Widerspruch zu entscheiden, blieb ergebnislos. 

Wegen der langen Untätigkeit regte der Bürgerbeauftragte an, sofort über den Widerspruch zu entscheiden. Er legte dar, dass dem Widerspruch für Januar bis einschließlich Juni 2024 abzuhelfen sei. Unter Darlegung der Berechnung des den Wohngeldanspruch überschreitenden grundsicherungsrechtlichen Bedarfs konnte er einen Anspruch auf Grundsicherung nachweisen. Er wies darauf hin, dass auch ab Juli 2024 ein Anspruch bestehen könne.

Der Landkreis half dem Widerspruch für Januar bis Juni 2024 in der vom Bürgerbeauftragten angeregten Höhe ab. Er schickte dem Petenten außerdem Antragsunterlagen, damit dieser die Leistungen auch ab Juli 2024 beantragen konnte.

Fahrtkosten zur integrativen Kindertagesstätte für Kind mit Behinderung

Immer wieder zeigt sich, dass lösungsorientiertes Denken und Handeln zum Erfolg führen kann.

Der Träger einer integrativen Kindertagesstätte meldete sich beim Bürgerbeauftragten aus Sorge um ein Kind mit Behinderung und stellte den Kontakt zu den Eltern her. Die Eltern konnten ihr Kind nicht regelmäßig in die Kita bringen, weil sie kein eigenes Fahrzeug hatten und ein Rufbus nicht immer zur Verfügung stand. Der Antrag auf Fahrtkostenübernahme für eine gesonderte Beförderung als Eingliederungshilfe wurde abgelehnt. Denn die integrative Kindertagesstätte war auch die nächstgelegene, und das Transportproblem hätte es auch gegeben, wenn das Kind nicht von einer Behinderung betroffen wäre. Im Umkehrschluss wäre eine Fahrtkostenübernahme als Eingliederungshilfe in Betracht gekommen, wenn es eine dichter gelegene, nicht-integrative Kita gegeben hätte. Die Situation schien für die Eltern und den Einrichtungsträger ausweglos.

Der Bürgerbeauftragte bat den Landkreis, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, um den behinderungsbedingten Bedarf des Kindes, nämlich eine integrative Kindertagesstätte zu besuchen, decken zu können. Da die Eltern auch Leistungen der Grundsicherung (SGB XII) bezogen, schlug er vor, einen zusätzlichen Betrag zu zahlen und den Eltern damit mehr als den gesetzlich festgelegten Regelbedarf zu gewähren. Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und Fahrtkosten wurden aus der Grundsicherung nach dem SGB XII für einen gesonderten Fahrdienst an den Tagen übernommen, an denen eine Nutzung des Rufbusses nicht möglich war. Somit konnte das Kind an jedem Tag die integrative Kita besuchen.

Einen leichten Anstieg gab es bei den gesetzlichen Sozialversicherungen (120; Vorjahr: 115). Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort. 

Die 56 Petitionen (Vorjahr: 51) zur Rentenversicherung bezogen sich besonders auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente oder die richtige Berechnung der Altersrente. 

Bei den 37 Petitionen zur gesetzlichen Krankenversicherung, deren Anzahl konstant blieb (Vorjahr: 36), und den 35 Petitionen im Bereich Gesundheitswesen, in dem ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen war (Vorjahr: 18), ging es erneut um die unzureichende ärztliche Versorgung, besonders im ländlichen Raum, den barrierefreien Zugang zu Arztpraxen, den allgemeinen Krankenversicherungsschutz, die Regulierung von Beitragsschulden oder um Fragen zur Hilfsmittelversorgung.

Leicht zurückgegangen sind Petitionen, die die gesetzliche Pflegeversicherung betreffen (19; Vorjahr: 22). Hier bewegten die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel Anträge auf Pflegegrade, auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Auskünfte zum Entlastungsbetrag sowie Auskünfte zur Pflegeberatung.

aa) Gesetzliche Krankenversicherung
Beitragsschulden bei der Krankenkasse

In der gesetzlichen Krankenversicherung wurde im Jahr 2013 eine obligatorische Anschlussversicherung im Status einer freiwilligen Mitgliedschaft eingeführt (§ 188 Absatz 4 SGB V). Danach setzt sich die Mitgliedschaft in der Krankenkasse nach einem Ausscheiden aus der Pflicht- oder Familienversicherung als freiwillige Versicherung kraft Gesetzes fort. Diese Regelung ist häufig nicht bekannt. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich in Unkenntnis der fortbestehenden Krankenversicherung später an eine Krankenkasse wenden, werden Beiträge rückwirkend berechnet, was in der Regel zu einer Nachforderung von Beiträgen führt. Im Berichtsjahr konnte der Bürgerbeauftragte zwei betroffenen Bürgern helfen.

  •  Ein Bürger, der nach einem Schicksalsschlag mehr als zehn Jahre obdachlos war, hatte sich mit Hilfe einer kirchlichen Einrichtung auf den Weg gemacht, wieder zurück in die Gesellschaft zu finden. Von seiner Krankenkasse wurde er mit einer Forderung in Höhe von 124.000 Euro konfrontiert, nachdem jahrelang die Höchstbeiträge festgesetzt worden waren. Er schilderte der Krankenkasse die Umstände, woraufhin dann lediglich die Mindestbeiträge erhoben und eine Ratenzahlung vereinbart wurde. Die Forderung der Krankenkasse belief sich aber immer noch auf 20.000 Euro. 

    Der Bürgerbeauftragte riet dem Petenten zu einem Antrag auf Erlass und richtete ein begleitendes Schreiben an die Krankenkasse. Er begründete, dass eine weitere Einziehung der Forderungen unzumutbar sei und den notwendigen Lebensunterhalt gefährden würde. Die Krankenkasse gab dem Antrag statt. 
  • Ein anderer Bürger war über seine Ehefrau familienversichert. Nach der Scheidung informierte sie ihn nicht, wo sie zuletzt gemeinsam krankenversichert waren. Er vermutete, dass sie die Krankenkasse im Scheidungsjahr gewechselt hatte, ohne ihn zu unterrichten. Er benötigte diese Information aber für die kraft Gesetzes nach der Scheidung folgende freiwillige Versicherung bei der Krankenkasse, bei der zuvor die Familienversicherung bestanden hatte. Es dauerte fast 13 Jahre, bis er die letzte Krankenversicherung herausfinden konnte. Diese forderte nun rückwirkend Beiträge von 8.500 Euro.

    Der Bürgerbeauftragte beriet den Petenten zu den Verjährungsfristen und empfahl, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Diesem Rat folgte der Bürger. Er erhielt dann aber von der Krankenkasse ein Schreiben, wonach er einer Ratenzahlung über die volle Summe zugestimmt habe. Das aber war so nicht richtig. Der Bürgerbeauftragte wandte sich nun an die Krankenkasse und konnte vermitteln, dass über eine Ratenzahlung erst nach Festsetzung der endgültigen Forderungssumme entschieden wird. Im Ergebnis wurde dem Petenten für die Entscheidung über eine Ratenzahlung weitere Zeit eingeräumt. Durch die Einrede der Verjährung reduzierte sich die Forderung auf 3.200 Euro, die der Petent nun in Raten abzahlen kann.
Unzumutbarkeit der Weiterbehandlung beim bisherigen Zahnarzt

Nach einer begonnenen Zahnarztbehandlung ist die Arztwahl eingeschränkt, da der behandelnde Zahnarzt bis zum Abschluss der Behandlung und darüber hinaus bis zum Ablauf der Gewährleistung in Anspruch genommen werden kann (§ 136a SGB V). Die Patienten haben bei Mängeln einen Anspruch auf kostenfreie Mängelbeseitigung oder Neuanfertigung. Eine Bindung an die bisherige Ärztin oder Arzt besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die Weiterbehandlung dort für den Patienten unzumutbar wäre. Unabhängig hiervon bleibt es dem Patienten unbenommen, sich auf eigene Kosten woanders behandeln zu lassen. Hierzu ein Fall:

Ein Bürger berichtete, dass er den Zahnarzt wechseln wollte. Er vertraue der bisherigen Gemeinschaftspraxis nach einer mangelhaften prothetischen Behandlung, einer Abwesenheit des bisher behandelnden Arztes auf unbestimmte Zeit und einem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch durch einen anderen Arzt der Praxis nicht mehr. Zunächst lehnte die Krankenkasse den Arztwechsel ab. Der Bürger erreichte aber eine Begutachtung. Danach teilte die Krankenkasse mit, er könne eine Behandlung bei einem anderen Arzt durchführen lassen, seine behandelnde Praxis könne aber noch Widerspruch einlegen, und er habe einen neuen Eigenanteil zu leisten. Auf Nachfrage, wann die Widerspruchsfrist seiner bisherigen Praxis ablaufe und ob diese Widerspruch erhoben habe, erhielt er lediglich die Bestätigung, dass eine Neuanfertigung der Prothese notwendig sei. Die Zusage, sich von einem anderen Arzt behandeln lassen zu können, war nicht mehr enthalten. Auch fehlte eine Aussage zu einem möglichen Widerspruch der alten Praxis. Telefonische Versuche, diese sehr vage Auskunft durch eine konkrete Kostenübernahmezusicherung ersetzen zu lassen, blieben erfolglos. Er wandte sich an den Bürgerbeauftragten. 

Dieser wollte von der Krankenkasse verbindlich wissen, ob der Petent ohne eigenes Kostenrisiko eine Neuanfertigung durch eine Praxis seiner Wahl durchführen lassen kann. Die Krankenkasse informierte daraufhin, dass die bisherige Praxis keinen Widerspruch gegen das Ergebnis der Begutachtung erhoben hatte. Des Weiteren bestätigte sie die Kostenübernahme für eine Neuanfertigung, für die allerdings ein neuer Eigenanteil zu zahlen sei.

Nachzahlung von Krankengeld

Ein Bürger hatte bei seiner Krankenkasse mehrfach Krankengeld für zurückliegende Jahre beantragt. Einen Bescheid erhielt er jedoch nicht. Anhand der bisherigen Schreiben der Krankenkasse konnte er nicht nachvollziehen, ob er nicht doch noch für einige Zeiten Krankengeldansprüche hat oder ob dem sogenannte Blockfristen entgegenstehen. 

Die Dauer des Krankengeldanspruches ist in § 48 SGB V geregelt. Danach erhalten Versicherte Krankengeld wegen derselben Krankheit für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von drei Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Bei diesen drei Jahren handelt es sich um die sogenannte Blockfrist für die Erkrankung. Andere Erkrankungen lösen in der Regel jeweils neue Blockfristen aus. Wenn der Dreijahreszeitraum für eine Krankheit erreicht ist, kann dies ein Grund für die Einstellung des Krankengeldes sein.

Da die Krankenkasse die Krankengeldansprüche des Bürgers immer noch nicht beschieden hatte, wandte er sich an den Bürgerbeauftragten. Dieser bat die Krankenkasse um eine Entscheidung über den Antrag und um Darlegung, welche Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit welchen Diagnosen zu einer neuen Blockfrist geführt hatten. Die Krankenkasse überprüfte bis ins Jahr 1991 zurück alle Krankengeldberechnungen und stellte einen Fehler fest, der sich auf die Folgejahre auswirkte. Sie berechnete die Krankengeldansprüche neu, was zu einer Nachzahlung von über 6.500 Euro führte.

Schnelle Hilfe bei Anträgen auf Stromkosten für Hilfsmittel

In einem Grundsatzurteil hatte das Bundessozialgericht bereits 1997 entschieden, dass auch die Stromkosten für den Betrieb eines Hilfsmittels von den Krankenkassen zu übernehmen sind (vgl. § 33 Absatz 1 SGB V). Manche Krankenkassen arbeiten mit Pauschalen, andere versuchen, den Stromverbrauch möglichst genau zu ermitteln. Im Berichtsjahr erreichten den Bürgerbeauftragten zwei Eingaben zu diesem Thema, bei denen eine schnelle Lösung möglich war.

  • Ein Bürger meldete sich beim Bürgerbeauftragten, da sein Antrag auf Erstattung von Stromkosten für seine Hilfsmittel, vor allem für sein Beatmungsgerät, trotz mehrfachen Schreiben und Anrufen nicht bearbeitet wurde. Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Krankenkasse, die bereits fünf Tage später den Betrag erstattete.
  • Ein anderer Bürger erhielt auf seinen Antrag für die Stromkosten seiner zwei Sauerstoffgeräte nur eine pauschale Summe, die jedoch geringer war als die Kosten des tatsächlichen Stromverbrauchs. Er erhob Widerspruch. Der Bürgerbeauftragte unterstützte im Petitionsverfahren, indem er sich an die Krankenkasse wandte. Postwendend wurde dem Widerspruch des Petenten stattgegeben und eine Nacherstattung geleistet. 

Nicht immer kann der Bürgerbeauftragte erfolgreich und vor allem so schnell eine Lösung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger erreichen. Umso schöner ist es, wenn dies gelingt. Betroffene sollten sich bei der Wahl ihrer Krankenkasse vorab über die jeweilige Erstattungspraxis informieren.

bb) Gesetzliche Rentenversicherung

Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Anstieg auf 56 (Vorjahr: 51) Petitionen. Diese bezogen sich überwiegend auf Fragen zur Erwerbsminderungsrente oder Berechnung der Altersrente einschließlich Fragen zum Grundrentenzuschlag und zu den zu berücksichtigenden Zeiten. Angesprochen wurden erneut Fragen mit Bezug zum DDR-Rentensystem wie die Zusatzversorgungen oder der Nachweis von in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten. 

Ein wichtiger Bereich waren Schwierigkeiten bei der Beantragung der Erwerbsminderungsrente. In den vorgetragenen Fällen war die Gewährung einer solchen Rente abgelehnt worden, da die Rentenversicherung den Antragstellern nach medizinischer Begutachtung noch eine ausreichende Erwerbsfähigkeit zusprach. Demgegenüber verwiesen die Petenten auf ihre gesundheitlichen Probleme, die eine Arbeitsfähigkeit ausschließen würden. Der Bürgerbeauftragte erläuterte ihnen die rechtlichen Grundlagen und gab Hinweise zum weiteren Vorgehen.

Dabei gilt: Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig ist, soll eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten. Wer täglich noch einige Stunden arbeiten kann, kann Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten und so sein Einkommen, das er selbst erzielt, aufstocken. Einzelheiten sind in § 43 SGB VI geregelt. Der Bürgerbeauftragte rät in diesen Fällen, alle ärztlichen Unterlagen und Befundberichte bei der Rentenversicherung einzureichen und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Liegt bereits ein abschlägiger Bescheid vor, empfiehlt er, Widerspruch zu erheben, weil nur dann eine umfassende Überprüfung im Verwaltungsverfahren möglich ist. 

In Fällen, in denen die ablehnende Entscheidung auch für den Bürgerbeauftragten zweifelhaft erscheint, wendet er sich an die Rentenversicherung. Dazu folgendes Beispiel: 

  • Ein Bürger, schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100, konnte die Ablehnung seines Antrags auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht nachvollziehen. Die Rentenversicherung ging von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich aus. Der Bürger trug vor, er sei Krebspatient und deswegen auch in regelmäßiger medizinischer Behandlung. Er leide an erheblichen Konzentrationsstörungen, die es ihm nicht ermöglichen, einer Erwerbstätigkeit (in seinem Fall als Steuerfachangestellter) im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Er traue sich aber eine tägliche Arbeit von vier bis fünf Stunden zu.

    Aus dem Ablehnungsbescheid der Rentenversicherung ergab sich auch für den Bürgerbeauftragten nicht, wie die Rentenversicherung auf das nahezu volle Leistungsvermögen kam. Er empfahl dem Petenten, Widerspruch zu erheben und wandte sich an den Direktor der Rentenversicherung. Dabei regte er eine erneute Überprüfung an. Schließlich ergab sich auch aus den ärztlichen Befundberichten eine andere Einschätzung als die von der Rentenversicherung getroffene. Weiter schlug der Bürgerbeauftragte die persönliche Begutachtung durch einen von der Rentenversicherung beauftragten unabhängigen Mediziner vor.

    Dies erfolgte, und dem Widerspruch wurde abgeholfen. Im Ergebnis wurde dem Petenten sogar eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt.

Mehrfach teilten Bürgerinnen und Bürger mit, dass sie ihren Ausweis für Arbeit und Soziales der DDR („SV-Buch“) verloren haben und deswegen keinen Nachweis zu den in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten erbringen können. Sie baten den Bürgerbeauftragten um Beratung. 

Generell gilt, dass der Nachweis über den Zeitraum und den Verdienst ohne das SV‑Buch schwierig ist. Denn die Aufbewahrungsfristen für entsprechende Unterlagen sind bereits vor einigen Jahren abgelaufen. Möglicherweise gibt es bei Rechtsnachfolgern einzelner Betriebe dennoch Unterlagen. Eine Nachfrage dürfte sich jedenfalls lohnen. 

Wenn keine Nachweise über die zurückgelegten Beitragszeiten vorhanden sind, können die Beschäftigungszeiten auch glaubhaft gemacht werden. An eine Glaubhaftmachung werden dabei strenge Maßstäbe angelegt. Bürger können versuchen, durch möglichst aussagekräftige Unterlagen (zum Beispiel Arbeitsverträge), durch Zeugenaussagen oder eine eidesstattliche Versicherung den Nachweis zu erbringen. Dies ergibt sich aus § 286b SGB VI. Die Rentenversicherung hat auch Vordrucke, auf denen eine eidesstattliche Versicherung über Versicherungszeiten und Anrechnungszeiten abgegeben werden kann.

cc) Gesetzliche Unfallversicherung
Anerkennung Berufskrankheit, berufliche Wiedereingliederung und Folgen von Long Covid

Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Pflichtversicherung, die Gesundheitsschäden ausgleicht, die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Nach Eintritt eines Versicherungsfalles (Arbeits- oder Wegeunfall, Berufskrankheit) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen wie etwa Heilbehandlungen und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder Geldleistungen (zum Beispiel Verletztengeld, Versichertenrente). Rechtsgrundlage ist das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Die Anzahl der Petitionen ist seit Jahren auf einem vergleichsweise geringen Niveau (2024: 8 Petitionen, 2023: 6)

Die folgenden Fälle zeigen die Probleme der Betroffenen und die Vorgehensweise des Bürgerbeauftragten. 

  • Bei einem Sprechtag trug eine Friseurin ihr Anliegen vor. Sie habe ihren Beruf 2020 wegen schädigender Belastungen aufgeben müssen und im April 2021 bei der Berufsgenossenschaft die Feststellung einer Berufskrankheit beantragt. Sie sei zweimal begutachtet worden, zuletzt im Juli 2023. Eine Entscheidung gebe es aber auch drei Jahre nach der Antragstellung immer noch nicht.

    Die Berufsgenossenschaft, an die sich der Bürgerbeauftragte wandte, veranlasste eine Überprüfung. Nach kurzer Zeit wurde die Erkrankung der Atemwege als Folge der beruflichen Tätigkeit und damit als Berufskrankheit anerkannt. Die Petentin erhielt einen Bescheid. Die Kosten der Heilbehandlung übernimmt die Genossenschaft. Ende des Jahres 2024 konnte die Petentin eine mehrmonatige stationäre Reha antreten.

    Eine Klärung, welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen, gibt es noch nicht. Hierfür muss die Minderung der Erwerbsfähigkeit feststehen. Ein von der Rentenversicherung beauftragter Gutachter ging von einer um 20 % geminderten Erwerbsfähigkeit aus. Die Genossenschaft bewertete die Erwerbsminderung abweichend hiervon mit 10 %. Damit besteht nach Auffassung der Berufsgenossenschaft kein Anspruch auf eine Verletztenrente, die die Petentin für sich fordert. Eine Verletztenrente erhält nämlich derjenige, dessen Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 % über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) gemindert ist (§ 56 SGB VII). Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Petentin Klage erhoben.
  • Eine Psychotherapeutin schilderte im Februar 2024 den Fall einer Patientin, die unter Long Covid leidet. Die Erkrankung wurde von der Berufsgenossenschaft als Berufskrankheit anerkannt. Für 78 Wochen erhielt die Bürgerin Verletztengeld nach § 46 SGB VII. Sie nahm auch an einer stationären medizinischen Rehabilitation teil. Eine Entscheidung über die Anerkennung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gab es aber nicht, obwohl die Bürgerin mehrfach begutachtet worden war. Ein fünftes Gutachten sei angefordert worden.

    Auch in diesem Fall wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Berufsgenossenschaft. Diese reagierte kurzfristig. In einem persönlichen Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten, das auf Wunsch der Genossenschaft stattfand und an dem für die Genossenschaft der Geschäftsführer der Bezirksverwaltung und die für Widersprüche und Klagen zuständige Juristin teilnahmen, konnte eine erste Klärung erfolgen. Die Unfallversicherung sicherte die Zahlung einer vorläufigen Rente zu. Allerdings hielt die Berufsgenossenschaft das fünfte Gutachten weiter für notwendig, auch wenn sich wegen des allgemeinen Gutachtermangels die Begutachtung weiter verzögern werde.

    In dem Gespräch begründete der Geschäftsführer die langen Bearbeitungszeiten mit der hohen Anzahl der Verfahren im Zusammenhang mit Corona. Dabei geht es um die Steuerung von Heilverfahren, Diagnosestellungen und darum, geeignete Gutachter zu finden. Vor der Corona-Pandemie seien Hauterkrankungen und Wirbelsäulenschäden Schwerpunkte gewesen. Dies habe sich vollständig geändert. Nach einer Erkrankung an Corona gehe es vor allem um neurologische oder neuropsychiatrische Symptome, Atemwegssymptome oder internistische Einschätzungen.

    Die Begutachtung fand erst im November 2024 statt. Ein früherer Termin war nicht verfügbar. Die neuen (aktuellen) Gutachten sind im Januar 2025 bei der Berufsgenossenschaft eingegangen. Die Prüfung dort ist noch nicht abgeschlossen. Der Bürgerbeauftragte wird den Fall weiterverfolgen.
dd) Gesetzliche Pflegeversicherung
Umzugskosten als wohnumfeldverbessernde Maßnahme der Pflegekasse

Damit die Pflege zuhause gelingen und eine Heimunterbringung vermieden werden kann, muss oft das eigene Wohnumfeld angepasst und dazu das Bad umgebaut oder eine Tür verbreitert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Umzugskosten mit bis zu 4.000 Euro bezuschusst werden.

Eine Bürgerin wandte sich für ihren Ehemann an den Bürgerbeauftragten. Der Ehemann sei pflegebedingt umgezogen. Eine Übernahme der Umzugskosten wurde bei der Pflegekasse mit dem Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens als wohnumfeldverbessernde Maßnahme beantragt. Eine Kostenübernahme in Höhe von 3.900 Euro wurde zugesichert. Dafür sollte sie nach dem Umzug eine Bestätigung der Durchführung, die Rechnung und einen Zahlungsbeleg einreichen, was auch geschah. Dennoch erfolgte keine Überweisung, was bei telefonischer Nachfrage mit Ferienzeit und Urlaub begründet worden sei. Aber auch in der Folgezeit blieb eine Erstattung aus.

Der Bürgerbeauftragte schrieb an die Pflegekasse, die daraufhin mitteilte, dass zwar ein Kostenvoranschlag eingereicht wurde und der von der Petentin überwiesene Betrag diesem entspricht, ein Kostenvoranschlag ersetze aber keine Rechnung. Mit dieser Information, konnte die Petentin die Umzugsfirma um eine Zweit-Rechnung bitten, und es erfolgte kurzfristig eine Erstattung durch die Pflegekasse. Die Pflegekasse entschuldigte sich für die ausgebliebene Rückinformation zu den (vermeintlich) nicht vollständigen Unterlagen.

Wer in Deutschland durch ein schädigendes Ereignis einen gesundheitlichen Schaden erleidet, für dessen Folgen der Staat in besonderer Weise einzustehen hat, hat Anspruch auf Versorgung. Zum Kreis der Berechtigten gehören insbesondere Opfer von (körperlichen und seelischen) Gewalttaten, aber auch Menschen, die durch Ereignisse während des Zivildienstes, durch eine Schutzimpfung, durch eine Maßnahme der Prophylaxe oder durch Weltkriegsauswirkungen gesundheitlich geschädigt wurden. Anspruch auf Leistungen haben auch Opfer des SED-Regimes.

Die bisherigen gesetzlichen Regelungen wurden zum 1. Januar 2024 im neuen Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) zusammengefasst und erweitert. Mit den Leistungen nach dem SGB XIV sollen besondere Opfer zumindest finanziell abgegolten werden. Art und Umfang der Leistungen richten sich nach dem Einzelfall. In Mecklenburg-Vorpommern ist hierfür das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) zuständig.

Mit der Neuregelung gab es bei den Betroffenen Unklarheiten, Fragen und auch Verunsicherung, die vom LAGuS in den ganz überwiegenden Fällen zügig und nachvollziehbar beantwortet und ausgeräumt werden konnten. In einigen Fällen baten Bürger den Bürgerbeauftragten um Unterstützung. 

So meldeten sich Anfang 2024 mehrere Bürgerinnen und Bürger, weil sie Bescheide, die sie kurz zuvor erhalten hatten, nicht verstanden. Es handelte sich um Betroffene, die Entschädigungsleistungen nach dem bis zum 31.12.2023 geltenden Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhielten. Wegen der Neuregelung musste der (alte) Bescheid aufgehoben und ein neuer nach dem SGB XIV erlassen werden. In einem Schreiben teilte das LAGuS mit, dass ein Wahlrecht bestehe: die bisherige Versorgungsleistung als Besitzstandsleistung zuzüglich eines Erhöhungsbetrages zu beziehen oder einen deutlich höheren Betrag zu wählen, der dann aber nicht mehr als Besitzstandsleistung erbracht werden würde. Folgende Beispiele dazu:

  • So wurde Betroffenen mitgeteilt, dass sie die bisherige Grundrente zuzüglich eines 25%igen Erhöhungsbetrages (insgesamt 214 Euro) als monatliche Besitzstandsleistung beziehen können oder die Möglichkeit haben, 400 Euro zu wählen, die als monatliche Leistung ohne Besitzstand bewilligt werden würde. 
  • Eine Bürgerin, die bisher Hinterbliebenenleistungen nach dem BVG bezog, war äußerst verunsichert. Sie sollte ihr Wahlrecht ausüben und sich zwischen 672 Euro als Besitzstandsleistung und 1.055 Euro als Entschädigungsleistung entscheiden. 

Da die Leistungen bei Ausübung des Wahlrechts deutlich höher wären, waren die Bürger verständlicherweise verunsichert, befürchteten sie doch anderweitige Nachteile. 

Das LAGuS teilte dem Bürgerbeauftragten auf Nachfrage mit, dass die Bescheide schon von Anfang bis Mitte Dezember 2023 versandt worden waren, und zwar auf der Grundlage des Gesetzentwurfs zum SGB XIV. Verabschiedet wurde das Gesetz jedoch erst am 22.12.2023, und zwar mit einer entscheidenden Neuregelung. So wurde für die geschilderten Fälle ein direkter Übergang in das neue Recht ohne Einräumung eines Wahlrechts geregelt. Die spätere Änderung des Gesetzentwurfs hatte das LAGuS verständlicherweise bei der schon zuvor erfolgten Erstellung der Bescheide nicht berücksichtigen können.

Mit dieser Information klärte der Bürgerbeauftragte die Bürgerinnen und Bürger auf. Alle Betroffenen erhalten seit dem 1. Januar 2024 deutlich höhere Entschädigungsleistungen als nach dem alten Recht. Die Thematik ist ein Beispiel, wie eine gut gemeinte Vorgehensweise zu vermeidbarer Verunsicherung führen kann.

In Mecklenburg-Vorpommern hat der Bürgerbeauftragte die besondere Aufgabe, die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrzunehmen. Anders als in allen anderen Bundesländern, in denen es eigenständige Behindertenbeauftragte gibt, wird in Mecklenburg-Vorpommern ein inklusives Konzept umgesetzt: Der Bürgerbeauftragte ist für alle Menschen da, unabhängig davon, ob eine Behinderung vorliegt.

Dabei berät und unterstützt der Bürgerbeauftragte in konkreten Einzelfällen und nimmt Stellung zu relevanten Gesetzesvorhaben. Er ist Mitglied im Inklusionsförderrat der Landesregierung und für diesen in der Landesarbeitsgemeinschaft Soziales.

Vorstellung des neuen Bürgerbeauftragten

Nach seinem Amtsantritt im März 2024 hat der Bürgerbeauftragte zahlreiche Gelegenheiten wahrgenommen, sich persönlich und die Schwerpunkte seiner Tätigkeit bei Vereinen und Verbänden vorzustellen, die sich für die Belange der Menschen mit Behinderungen einsetzen. Dies geschah durch fachliche Beiträge oder Grußworte. Eine kleine Übersicht:

  •  Frühjahrstagung der kommunalen Behindertenbeauftragten und der kommunalen Behindertenbeiräte
  • Schirmherrschaft „Europäischer Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“
  • Besuch Kinderzentrum Schwerin
  • Besuch Dreescher Werkstätten
  • Besuch Lewitz-Werkstätten
  • Mitgliederversammlung Diakonisches Werk Mecklenburg-Vorpommern 
  • Paralympischer Abend des Verbandes für Behinderten- und Rehabilitationssport
  • Jahrestagung Paritätischer Wohlfahrtsverband
  • Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Behindertenbeauftragten
  • Jahresversammlung Weisser Ring
  • Herbsttagung der kommunalen Behindertenbeauftragten und der kommunalen Behindertenbeiräte
  • Ehrenamtsseminar des Behindertenverbandes Neubrandenburg

Der Bürgerbeauftragte konnte dabei nicht nur zahlreiche Akteure persönlich kennenlernen – er hat auch das deutliche Signal gesendet: Die Belange von Menschen mit Behinderungen sind ihm besonders wichtig. In seiner Rede vor dem Landtag zum Jahresbericht 2023 am 26.09.2024 hat er dies als seine wichtigste Aufgabe bezeichnet. 
Die Rede findet sich unter: https://www.instagram.com/reel/DAY7VV6INrW?igsh=MTFiMD-F1eThpczFiaA==.

Tag der Menschen mit Behinderung im Landtag

Am 17. Juli 2024 fand der „Dritte Tag der Menschen mit Behinderung“ im Landtag statt. Über ein Jahr war dieser durch vier Arbeitsgruppen vorbereitet worden: 

  • Gesundheitliche Versorgung
  • Wohnen, Mobilität und Barrierefreiheit
  • Selbstvertretungsrecht
  • politische Partizipation und inklusive Bildung

Das Büro des Bürgerbeauftragten war umfassend in die Vorbereitungen eingebunden. Beim „Dritten Tag“ ging es im Schwerpunkt darum, die Umsetzung der Forderungen des „Zweiten Tages der Menschen mit Behinderung“ am 28. Mai 2021 zu evaluieren und auf den aktuellen Stand zu bringen. Dabei wurden wichtige Erkenntnisse der vergangenen vier Jahre berücksichtigt. Die Ergebnisse des Tages sind nun in der parlamentarischen Beratung, die der Bürgerbeauftragte intensiv begleitet. Gemeinsames Ziel ist eine Beschlussfassung des Landtages mit möglichst konkreten Vorgaben für die Landesregierung. Zentrale Forderungen dabei sind:

  • einen Bildungsgipfel mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren im Bereich „Inklusive Bildung“ durchzuführen,
  • gemäß den Beispielen in Hamburg oder Niedersachsen die bereits vorhandenen Kompetenzen der Landesverwaltung in den Bereichen bauliche Barrierefreiheit, digitale Barrierefreiheit und barrierefreie Mobilität zusammenzuführen und
  • den Stand der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) in Mecklenburg-Vorpommern regelmäßig extern evaluieren zu lassen.
Treffen der Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes mit der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK)

Im Oktober 2024 hatten die Behindertenbeauftragten erstmalig die Gelegenheit, zentrale behindertenpolitische Forderungen im Rahmen einer MPK vorzustellen. Die Schwerpunkte Arbeit, Gesundheit, Wohnen und Bildung sollen nun dauerhaft Gegenstand der jeweiligen Fachministerkonferenzen sein. So hat sich aus diesem Treffen ein ganz neues Format entwickelt, das hoffentlich Früchte trägt.

Konferenzen der Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes

Im April 2024 kam in Stuttgart die Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen zu ihrem 67. Treffen zusammen. Im Rahmen einer „Stuttgarter Erklärung“ wurden die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft aufgefordert, die UN-BRK endlich konsequent umzusetzen.

Einige positive Beispiele zur Inklusion wurden auf dem 68. Treffen im November 2024 in Bremen vorgestellt. So zogen Bewohnerinnen und Bewohner einer geschlossenen Wohneinrichtung in eine Wohngemeinschaft, in der jede und jeder ein selbstbestimmtes Leben führen kann und dabei in dem Maße unterstützt wird, wie es den individuellen Bedürfnissen entspricht. Ein anderes Beispiel betraf Menschen, die lange in einer geschlossenen Psychiatrie gelebt haben und nun ebenfalls ein selbstbestimmtes Leben in eigenen Räumlichkeiten führen können. Der Abbau von sogenannten Sonderstrukturen sollte im Mittelpunkt aller behindertenpolitischen Maßnahmen stehen. Hier gibt es noch viel zu tun.

Novellierung des Denkmalschutzgesetzes

Die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern haben der Inklusionsförderrat und der Bürgerbeauftragte zum Anlass genommen, Barrierefreiheit stärker einzufordern. Der Referentenentwurf sieht nun vor, dass der Zugang zu öffentlich zugänglichen Kulturdenkmälern im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren barrierefrei ermöglicht werden soll, soweit dies mit Eigenart und Bedeutung des jeweiligen Kulturdenkmals vereinbar ist. Der Gesetzentwurf soll im 3. Quartal 2025 in den Landtag eingebracht werden.

Tagungen der kommunalen Behindertenbeauftragten und -beiräte

Die Frühjahrstagung in Warin und die Herbsttagung in Rostock boten durch die Berichte aus den Landkreisen und kreisfreien Städten Raum, um die aktuellen Themen zu behandeln und von den Erfahrungen zu profitieren. Im November stellte sich der Landesverband der Special Olympics Mecklenburg-Vorpommern vor. Die geplanten landesweiten Aktivitäten, insbesondere die ersten Landesspiele vom 21. bis zum 23.07.2024 in Rostock, stießen auf großes Interesse, das sicherlich zu einer Zusammenarbeit vor Ort führen wird.

Petitionen von Menschen mit Behinderungen

Auch im Jahr 2024 wandten sich viele Menschen mit einer Behinderung an den Bürgerbeauftragten, um Beratung und Unterstützung zu bekommen. Dabei ist die Zahl mit 191 Eingaben in etwa gleichgeblieben wie im Vorjahr (197). Davon hatten 141 einen sozialrechtlichen Schwerpunkt (Vorjahr: 138).

Fehlende Plätze in besonderen Wohnformen

Mangelnder Wohnraum ist dabei ein immer wiederkehrendes Problem: Auch im Berichtsjahr erreichten den Bürgerbeauftragten Eingaben von Angehörigen von Menschen mit Behinderungen, die einen Platz in einer besonderen Wohnform zum Beispiel für ihre Tochter oder einen Bruder suchen. Oft stehen Betroffene schon seit Jahren auf diversen Wartelisten. Der Bedarf für solche Plätze ist größer als das Angebot. Dabei stellen sich die Betroffenen natürlich die Frage, warum nicht mehr Plätze geschaffen werden.

Hintergrund ist die unzureichende Refinanzierung. Soziale Träger wären durchaus bereit, neue besondere Wohnformen zu errichten oder vorhandene Gebäude hierfür umzubauen. Dies bedarf jedoch größerer Investitionen. Diese können mit den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen jedoch nicht refinanziert werden. Kosten für Unterkunft und Heizung für einen solchen Platz werden gemäß § 42a Absatz 5 SGB XII nur in Höhe von 125 % der durchschnittlichen Warmmiete nach dem SGB XII übernommen. Schnelle Lösungen scheinen nicht in Sicht. So gilt es, aktuell um Lösungsmöglichkeiten im Einzelfall zu ringen, aber auch Bewegung in das Grundsatzproblem zu bringen.

Im Gespräch mit der Sozialministerin hat der Bürgerbeauftragte erfahren, dass die Bundesländer auf eine Gesetzesänderung drängen. Dies wird der Bürgerbeauftragte weiter im Blick behalten. Eine Stellungnahme der Ministerin zum aktuellen Stand lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Einige Einzelfälle werden nachfolgend dargestellt.

  • Eine Frau wandte sich bereits 2022 an den Bürgerbeauftragten, da ihrem Bruder wegen Verhaltensauffälligkeiten der bisherige Platz in einer besonderen Wohnform gekündigt worden sei. Mehrere Wochen habe sie ihn rund um die Uhr in ihrer Häuslichkeit betreut, bis über die eigene Belastungsgrenze hinaus. Die Suche nach einem neuen Platz in einer besonderen Wohnform mit einem ausreichenden Betreuungsschlüssel oder der Möglichkeit einer Eins-zu-Eins-Betreuung blieb erfolglos. Sie beantragte in ihrer Verzweiflung eine geschlossene Unterbringung. Dort lebt ihr Bruder bis heute, weil immer noch kein geeigneter Wohnheimplatz gefunden werden konnte. Im Gutachten heißt es, dass eine geschlossene Unterbringung nicht zwingend erforderlich wäre, wenn ein geeigneter Platz in einer besonderen Wohnform gefunden werden könnte. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist hier die natürlich an sich wünschenswerte sehr enge familiäre Bindung, die aufrechterhalten werden soll, jedoch die Suche nach einem Platz nur auf das nähere Umfeld begrenzt.

    Der Bürgerbeauftragte trat mehrfach schriftlich und telefonisch in Kontakt mit dem zuständigen Eingliederungshilfeträger, um eine Lösung zu erreichen, leider bislang ohne Erfolg. 
  • Die Eltern eines 29-jährigen Sohnes mit mehrfachen Behinderungen, zum Beispiel Autismus und Down-Syndrom, schilderten, ihr Sohn sei bereits seit 2015 auf der Warteliste für ein Wohnprojekt. Gerne würde der Träger durch einen Neubau oder Umbau neue Plätze schaffen, er bleibe aber auf einem Teil der Kosten sitzen. Der Sohn stehe auch auf weiteren Wartelisten in anderen Städten.

    Der Bürgerbeauftragte beteiligte das Sozialministerium. Als Vorschlag für den Einzelfall wurde angeregt, dass ein Auszug aus dem Elternhaus auf dem freien Wohnungsmarkt forciert und die Betreuung mittels Assistenz abgedeckt werden könnte. Auch das Ministerium schätzt es als nicht wahrscheinlich ein, dass zeitnah in ausreichendem Maße mehr Plätze in besonderen Wohnformen geschaffen werden, will aber die Grundsatzfrage klären. Aktuell hat der Bürgerbeauftragte die Sozialministerin angeschrieben und nach Finanzierungsmöglichkeiten für zwei konkret geplante Projekte gefragt sowie nach dem Sachstand zu den Bemühungen des Landes, die Bundesregelung zur Finanzierung ändern zu lassen. Dazu müsste die starre 125 %-Regel an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden.
  • Ein Träger der freien Wohlfahrtspflege betreibt eine geschlossene Wohngruppe für junge Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen. Die vorhandenen zehn Plätze müssen saniert und sollen durch einen Neubau auf 20 Plätze erweitert werden. Eine entsprechende Baugenehmigung liegt vor. Wegen einer Förderung durch das Land gab es mehrere Gespräche mit dem Landkreis und der Sozialministerin. Es wird versucht, hier eine Lösung zu finden. Sollte dies nicht gelingen, könnte es zu einer Schließung der Einrichtung kommen. Statt dann zehn zusätzliche Plätze zu schaffen, würden die vorhandenen (dringend benötigten) zehn Plätze wegfallen.
Hortbetreuung für Kinder mit einer Behinderung

In seinem Jahresbericht 2023 informierte der Bürgerbeauftragte über Beschwerden von Eltern, die für ihre schwerbehinderten Kinder in den Ferien keinen Hortplatz hatten. Auch die komplexe Rechtslage wurde dargestellt. Unter anderem ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang eine Einkommens- und Vermögensprüfung der Eltern zu erfolgen hat. Der Bürgerbeauftragte hat das Thema 2024 weiterverfolgt.

Nachdem die Ausschüsse des Landtages den Jahresbericht für das Jahr 2023 behandelt hatten, hat der Landtag auf Empfehlung des federführenden Petitionsausschusses die Landesregierung einstimmig in einer Entschließung (vom 26.09.2024, Drucksache 8/4140) aufgefordert, sich „für die bedarfsgerechte Betreuung von Kindern mit Behinderungen in Gesprächen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten lösungsorientiert einzusetzen“. Dadurch hat der Landtag ein wichtiges Signal in Richtung der Landesregierung und der kommunalen Ebene gesendet.

Erfreulich ist, dass in einem Fall bereits eine Lösung gefunden wurde. Das Kind geht nun in den Ferien in einen Regelhort und erhält dabei Unterstützung durch eine Assistenzkraft. Die Kosten dafür übernimmt der Landkreis. 

Der Bürgerbeauftragte war darüber hinaus weiter in engem Austausch mit der Ministerin für Bildung und Kindertagesförderung. Diese sieht jedoch, wie auch schon 2023, eine generelle Lösung erst mit Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung ab dem Schuljahr 2026/2027. Der Anspruch tritt am 1. August 2026 in Kraft, gilt zunächst für die Kinder der 1. Klasse und wird in den Folgejahren ausgebaut. Ab dem 1. August 2029 haben dann alle Kinder der Klassen 1 bis 4 einen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung. Das gilt für alle öffentlichen und freien Grundschulen sowie für die Förderschulen.

Die Bildungsministerin informierte den Bürgerbeauftragten auch über den Runden Tisch „Ganztag“, der auf Initiative der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen einberufen wurde. Hier sollen das Ministerium, die Schulen und Kommunen mit außerschulischen Bildungspartnern Strategien für die Umsetzung des Rechtsanspruchs entwickeln.

Die Maßnahmen der Landesregierung sind nach Einschätzung des Bürgerbeauftragten geboten, um die Umsetzung des Ganztagsanspruchs im Hort für alle Kinder sicherzustellen. Eine Lösung für die derzeitige Unterversorgung durch fehlende Hort- oder Nachmittagsbetreuung für stark beeinträchtigte Kinder ersetzt dies jedoch nicht. 

Die Sozialministerin teilte Anfang 2025 mit, dass es auf ihre Initiative hin einen Austausch auf Bundesebene mit den anderen Ländern gibt. Sie hatte sich an den zuständigen Bundesminister für Arbeit und Soziales gewandt. Das Bundesministerium erklärte, dass das Thema in der Länderarbeitsgruppe zum Bundesteilhabegesetz erörtert werden sollte. Am 31. Januar 2025 fand ein fachlicher Austausch mit dem Bildungs- und Sozialministerium und den Kommunen statt.

Der Bürgerbeauftragte erwartet, dass die zuständigen Ministerien Lösungen entwickeln. Er wird das Thema auch 2025 weiterverfolgen.

Begleitung in der Kita oder Schule bei Diabetes, geänderte Rechtslage

Bis Ende 2023 konnten Eltern von Kindern mit Diabetes, die eine Begleitung in der Schule oder Kindertagesstätte benötigten, von ihrer Krankenkasse durch eine ärztliche Verordnung einer speziellen Krankenbeobachtung eine Bewilligung für eine Schul- oder Kitabegleitung erhalten. Diese Krankenbeobachtung wurde als Leistung in der Häuslichen Krankenpflegerichtlinie dann aber gestrichen. Zur rechtlichen Änderung hat das Bundesgesundheitsministerium zwar klargestellt, dass niemand durch die Neuregelung schlechter gestellt werden dürfe. In der Praxis gab und gibt es aber Probleme.

Die Mutter eines Mädchens mit Diabetes Typ 1 erhielt noch vor der Rechtsänderung eine ärztliche Verordnung für eine Begleitung in der Kindertagesstätte als spezielle Krankenbeobachtung. Die Begleitung war notwendig, da es bei dem Mädchen zu Ausfallerscheinungen kommen kann und sie dann sofortige Hilfe benötigt. Die Rechtslage änderte sich, während die Krankenkasse den Antrag bearbeitete. Diese leitete den Antrag an den Landkreis als Eingliederungshilfeträger weiter, den sie infolge der Rechtsänderung für zuständig hielt. Der Landkreis sah die Zuständigkeit jedoch weiterhin bei der Krankenkasse. Aufgrund des Zuständigkeitsstreites konnte das Mädchen, das vor der Diagnose regelmäßig und gerne in die Kita gegangen ist, über mehrere Monate nicht mehr dorthin.

Der Bürgerbeauftragte wandte sich an den Landkreis und an die Krankenkasse. Im Ergebnis erklärte sich die Krankenkasse bereit, die Kosten vorläufig zu tragen, kündigte aber an, die Kosten beim Landkreis geltend zu machen. Die Tochter der Petentin konnte wieder in die Kita gehen. 

Bis es eine gefestigte Rechtslage gibt, wird noch einige Zeit vergehen. Deshalb sollte vorerst auf eine vorläufige Kostentragung hingewirkt werden. Den Leistungsträgern (also Krankenkasse oder Landkreis) bliebe es dann überlassen, die Frage der endgültigen Kostentragung intern zu klären. So könnte den Betroffenen schnell und unbürokratisch geholfen werden.

Eingliederungshilfe SGB IX

Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt oder die von einer solchen Einschränkung bedroht sind. Die Leistungen sind vielfältig und umfassen Leistungen zur Sozialen Teilhabe, zur Teilhabe an Bildung und am Arbeitsleben und zur medizinischen Rehabilitation. 

Im vorigen Jahresbericht hat der Bürgerbeauftragte bereits auf die verschiedenen Probleme hingewiesen. Erneut sind auch im Berichtszeitraum unverhältnismäßig lange Verfahrensdauern sowohl im Antrags- als auch im Widerspruchsverfahren festzustellen. In der Regel ging es darum, ob ein Hilfebedarf besteht und welche Leistungen nötig sind. 

Der Bürgerbeauftragte wendet sich dazu an die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Eingliederungshilfe, um Sachverhalte aufzuklären, Transparenz zu erreichen und auf Lösungen hinzuwirken. Wenn die angeschriebenen Stellen unzureichend oder gar nicht antworten, zieht er das Sozialministerium als Fachaufsichtsbehörde hinzu.

Besonders unverständlich sind die langen Bearbeitungszeiten, wenn junge Menschen betroffen sind, bei denen wichtige Zeit für die Förderung ihrer Entwicklung verloren geht. Hierzu folgendes Beispiel:

Gebärdensprachdolmetscherin als Assistenz in der Schule

Es ging um Unterstützung für einen gehörlosen Jugendlichen. Der Elternverband hörgeschädigter Kinder Mecklenburg-Vorpommern wandte sich an den Bürgerbeauftragten. Da auch die sorgeberechtigte Mutter gehörlos ist, erfolgten Absprachen zwischen der Dienststelle des Bürgerbeauftragten und dem Verband. Der Vater des Jugendlichen war bereits 2017 gestorben. 

Bis Anfang 2022 war der Jugendliche in Hessen an einem Überregionalen Förderzentrum zur Schule gegangen. Da der Jugendliche ausschließlich in Gebärdensprache kommuniziert, hatte er Gebärdendolmetscher als Assistenz, die über die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX finanziert wurden. Nach dem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern traten beim Schulbesuch am „Landesförderzentrum Hören“ erhebliche Probleme auf. 

Der Jugendliche wurde am Förderzentrum überwiegend nicht in Gebärdensprache unterrichtet. Er konnte deswegen dem Unterricht nicht oder nur sehr eingeschränkt folgen und erhielt keine seiner überdurchschnittlichen Intelligenz (IQ 120) entsprechende Bildung. So entstand eine Überforderungssituation mit sozialem Rückzug und Verweigerung. 

Die Mutter beantragte Ende Juni 2022 beim Eingliederungshilfeträger eine Gebärdendolmetschung als Schulassistenz, die im September 2023 abgelehnt wurde. Bestätigt wird in dem Bescheid, dass der Jugendliche auf eine Unterrichtsvermittlung in Gebärdensprache angewiesen und auch der Besuch des Überregionalen Förderzentrums notwendig ist. Allerdings hielt die Behörde das Land als Schulträger und damit als vorrangigen Leistungsträger für zuständig. Dabei räumte die Behörde ein, dass es an der Schule kein für die Gebärdendolmetschung ausreichend qualifiziertes Personal gibt.

Der Bürgerbeauftragte hatte dazu eine andere rechtliche Auffassung und teilte dies der kommunalen Behörde im Oktober 2023 auch mit. Nach § 75 Absatz 1 SGB IX sind zur Teilhabe an Bildung unterstützende Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, damit Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können. Leistungsberechtigten soll eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden (Hilfen zu einer Schulbildung). 

Die Schulbegleitung durch eine Gebärdendolmetscherin ist eine solche Leistung. Das gilt auch, wenn der Jugendliche eine Förderschule besucht und ein ergänzender sozialhilferechtlicher Eingliederungsbedarf nicht generell ausgeschlossen ist. Es gibt dazu Rechtsprechung, auf die der Bürgerbeauftragte verwies. So wurde in vergleichbaren Fällen entschieden, dass es sich beim Einsatz einer Gebärdendolmetscherin im Unterricht nicht um eine Maßnahme handelt, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen ist. Denn durch den Einsatz einer Gebärdendolmetscherin wird die pädagogische Arbeit der Lehrkraft nicht ersetzt, sondern deren Wirkung abgesichert. Die Gebärdendolmetscherin übersetzt das gesprochene Wort der Lehrkräfte sowie der Mitschülerinnen und Mitschüler. So wird die Teilnahme am Unterricht überhaupt erst ermöglicht.

Die kommunale Behörde folgte der Auffassung des Bürgerbeauftragten. Im Februar 2024 wurde der Ablehnungsbescheid aufgehoben. Die Staatssekretärin im Sozialministerium teilte im Rahmen ihrer fachlichen Aufsicht mit, dass es eine erneute Bedarfsfeststellung und einen neuen Bescheid geben werde. Geeignete Gebärdensprachdolmetscherinnen müssten gesucht werden.

Nun aber gingen die Probleme weiter. Über Monate waren alle Beteiligten im Gespräch, um eine Lösung zu finden. Dennoch gibt es bis jetzt keinen von der Verwaltung akzeptierten Vorschlag von potenziellen Leistungserbringern, wobei die konkrete Abrechnung ein besonderes Problem darstellt. Auch weitere intensive Bemühungen des Bürgerbeauftragten waren bislang nicht erfolgreich.

Damit gibt es zweieinhalb Jahre nach der ersten Antragstellung und ein Jahr nach Aufhebung des Bescheides weiter keine Lösung. Der Jugendliche hat immer noch keine geeignete Schulbegleitung, die ihn unterstützt, sein Recht auf Bildung wahrnehmen zu können. 

Geplant ist, dass der Jugendliche spätestens im kommenden Schuljahr auf eine Schule in Hamburg geht, die ihn dort bedarfsgerecht unterrichten könnte. Da es bis Juni 2025 keine freien Plätze in der an die Schule angegliederten Wohngruppe gibt, ist ein Schulbesuch in Hamburg nicht früher möglich. Wichtig ist, dass der Eingliederungshilfeträger rechtzeitig die Voraussetzungen prüft und Bescheide erlässt. Dabei dürfte es vorrangig um Kostenfragen gehen. Das Sozialministerium wird auf Bitte des Bürgerbeauftragten den Vorgang überwachen. Dabei wird es auch weiter darum gehen, dass der Jugendliche an der jetzigen Schule endlich die erforderliche Hilfe erhält, und zwar bis zu einem Wechsel auf die Schule in Hamburg. 

Anbieter von Integrationsassistenz droht mit Einstellung der Leistung

Eine Mutter hatte im Februar 2023 einen Antrag auf Integrationsassistenz für ihren Sohn gestellt, die mit Beginn des Schuljahres im August 2023 tatsächlich auch begonnen hatte, nachdem der Landkreis zuvor eine mündliche Zusage zur Kostenübernahme erteilte. Der Leistungserbringer hatte Anfang 2024 dann angekündigt, ohne schriftliche Bewilligung die Leistung nach den Winterferien einzustellen. Auch weitere Familien wären von dem Problem betroffen.

Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Sozialministerin als Fachaufsicht über den Landkreis als Träger der Eingliederungshilfe. Er schilderte das aktuelle Anliegen und verwies auf die auch im Ministerium bekannten langen Bearbeitungsdauern dieses Landkreises.

Der Landkreis wurde parallel über das Vorgehen informiert. Er reagierte unverzüglich und teilte nach einer Woche mit, dass im Fall der Petentin eine unbefristete Kostenzusicherung vorgelegen habe und der Leistungserbringer keinen Grund gehabt hätte, die Leistung einzustellen. Die Bewilligung gegenüber den Eltern sei nun nachgeholt worden. Bei den weiteren betroffenen Familien seien die Sachverhalte unterschiedlich. Anträge, bei denen vollständige Unterlagen vorlagen und der Bedarf auch bestand, wurden nun bewilligt und offene Kostenzusicherungen nachgeholt.

In der Antwort des Ministeriums wurde mitgeteilt, dass das Thema Bearbeitungszeiten bereits auf die Tagesordnung für das nächste Fachaufsichtsgespräch genommen war. Später informierte das Ministerium, dass geeignete Maßnahmen ergriffen wurden.

Der Fall zeigt, dass die Eingliederungshilfe gesichert war, die Betroffenen aber unnötigerweise verunsichert werden, wenn sich die Bearbeitung der Anträge lange hinzieht.

Lange Bearbeitungszeiten in der Eingliederungshilfe

Auch in diesem Jahr betrafen wieder mehrfach Eingaben von Menschen mit Behinderungen die langen Verfahrensdauern und Probleme mit dem Eingliederungshilfeträger, wenn es um den Umfang der notwendigen Leistungen geht.

  • Ein Bürger schilderte, sein erwachsener Sohn sei durch eine Fehlbehandlung schwerstbehindert. Dennoch wolle er am Leben teilhaben und habe den Wunsch, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen und dort in einer eigenen Wohnung zu leben. Er stellte im August 2023 einen Antrag auf ein trägerübergreifendes persönliches Budget. Er fand einen Leistungserbringer, der rund um die Uhr Pflege und Assistenz ohne vorherige Kostenübernahme erbrachte. Nachdem der Landkreis auch nach mehreren Monaten nicht über den Antrag entschieden hatte, bat der Vater des Betroffenen dann den Bürgerbeauftragten um Hilfe.

    Der Bürgerbeauftragte schrieb den Landkreis als zuständigen Eingliederungshilfeträger an. Dieser handelte daraufhin zügig und sagte eine Kostenübernahme für die Vergangenheit im Umfang der erbrachten 24 Stunden pro Tag zu. Die Bewilligung für die Zukunft erfolgte jedoch nur in einem Umfang von 16 Stunden, da eine Eins-zu-Eins-Betreuung von 0:00 bis 8:00 Uhr nicht erforderlich sei. Diesbezüglich konnte der Bürgerbeauftragte noch keine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Der Betroffene wird inzwischen auch von einem Rechtsanwalt vertreten.
  • Ein von Behinderung betroffenes Ehepaar, das in einem eigenen Haushalt lebt, benötigt für den Alltag und die Teilhabe aufgrund schwerer körperlicher Einschränkungen Pflege und Assistenz. Die Zuständigkeit für die Leistungen an die Ehepartner liegt jedoch wegen ihrer jeweiligen Vorgeschichte bei unterschiedlichen Kommunen. Die für den Ehemann zuständige Kommune kündigte eine Leistungskürzung an. In diesem Zusammenhang sollte auch der Bedarf der Ehefrau durch die für sie zuständige Kommune geprüft werden.

    Die Ehefrau bat den Bürgerbeauftragten im Juli 2023 um Unterstützung. Er wandte sich in verschiedenen Schreiben an beide Eingliederungshilfeträger und schlug unter anderem eine gemeinsame Bedarfsermittlung durch den Träger vor Ort vor. Diese hat im Oktober 2024 stattgefunden. Allerdings wurden die Petenten darauf hingewiesen, dass ein Bescheid noch dauern könne. Zum Zeitpunkt der Berichterstellung waren noch immer keine aktuellen Bescheide erlassen.
  • Eine Bürgerin beantragte im Oktober 2022 ein persönliches Budget für Assistenz sowie Kraftfahrzeughilfe, weil sie zum einen durch organische Erkrankungen auf einen Rollstuhl angewiesen und zum anderen aufgrund von erlittenen Gewalttaten schwer seelisch erkrankt ist. Der Bedarf wurde im Mai 2023 ermittelt. Die Kraftfahrzeughilfe wurde abgelehnt, das persönliche Budget bewilligt. Gegen die Ablehnung der Kraftfahrzeughilfe erhob die Bürgerin Widerspruch und bat um Unterstützung durch den Bürgerbeauftragten.

    Er wandte sich an den Eingliederungshilfeträger. Nach umfangreichem Schriftverkehr und mehrmonatiger Prüfung wurde der Vorgang an die Widerspruchsbehörde abgegeben. Obwohl ein Bedarf für Hilfen zur Mobilität nach ärztlicher Bescheinigung gesehen wurde, gebe es keine Möglichkeit der Abhilfe, weil die Petentin die alternativ vorgeschlagene Bedarfsdeckung mittels pauschaler Geldleistung abgelehnt hätte.

    Der Bürgerbeauftragte hat sich nun an die Widerspruchsbehörde gewandt. Auch die Sozialministerin ist über den Vorgang informiert. Das Anliegen wird weiter begleitet.

    Inzwischen hat sich der Umfang des persönlichen Budgets durch einen Unfall sogar noch erhöht. Der Bürgerbeauftragte hat sich für eine schnelle Bearbeitung des geänderten Bedarfs eingesetzt.
Unterstellmöglichkeiten für E-Scooter

Eine Bürgerin, die aus gesundheitlichen Gründen auf die Nutzung eines E-Scooters angewiesen war, konnte ihn aber nicht erhalten. Das Sanitätshaus wollte ihr erst dann einen E-Scooter zur Verfügung stellen, wenn sie eine Unterstellmöglichkeit mit installierter Steckdose nutzen könne. Die Bürgerin wohnt zur Miete in einem Mehrfamilienhaus ohne eine derartige Unterstellmöglichkeit. 

Mit der Bitte, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Vermieterin, eine kommunale Wohnungsgesellschaft. Diese teilte mit, für das betreffende Objekt nicht alleinige Eigentümerin zu sein und daher über das Anliegen auch nicht alleine entscheiden zu können. Es könne aber auf der kommenden Eigentümerversammlung behandelt werden. So gab es unmittelbar keine Lösung für die Petentin. 

Der Bürgerbeauftragte erwartet vermehrten Bedarf an Abstellmöglichkeiten für entsprechende Hilfsgeräte. Hier sollten die Vermieter zukunftsorientiert denken. Was bei der Einhausung von Abfallbehältern schon Normalität ist, sollte auch für Mobilitätshilfen möglich sein. Manchmal wäre es hilfreich, praktische Lösungen zu finden, auch wenn es vielleicht keinen rechtlichen Anspruch gibt.

Zusätzliche Ampelschaltung für Rollstuhlfahrer 

Die Vorsitzende des Behindertenbeirats einer Gemeinde bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung. In der Gemeinde wurde zu diesem Zeitpunkt eine Brücke saniert, die von in der Mobilität eingeschränkten Personen nicht sicher passiert werden könne. Eine Ampelanlage regelte den Fahrzeugverkehr, der einspurig über die Brücke führt. Beidseitig befindet sich ein schmaler Gehweg, der jedoch nicht mit einem Rollstuhl befahren werden kann. Auch die Fußgänger müssen bei entgegenkommenden Fußgängern auf die Fahrbahn ausweichen.

Der Bürgerbeauftragte wies die Amtsverwaltung auf das Problem hin. Diese teilte mit, dass im Rahmen der Baumaßnahme die Ampelschaltung an der Brücke überarbeitet und mit einer zusätzlichen Rollstuhlschaltung versehen wird. Bei Bedarf könnte dann die Rollstuhlfahrerin mit einem Sonderschlüssel (einheitliches „EURO"-Schließsystem in Deutschland) eine separate Rollstuhl-Ampelphase anfordern und die Brücke dann sicher auf der Fahrbahn befahren. Damit konnte eine praktikable Lösung gefunden werden.

Behindertenparkplatz an einem Gerichtsgebäude

Für jeden Menschen muss es die Möglichkeit geben, seine Interessen vor Gericht zu vertreten und dafür auch persönlich vor Gericht zu erscheinen. Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, benötigen eine barrierefreie Parkmöglichkeit am Gerichtsgebäude.

Eine auf einen Rollstuhl angewiesene Bürgerin stellte kurz vor einem Gerichtstermin fest, dass es unmittelbar an dem Gericht keinen frei zugänglichen Behindertenparkplatz gab. Ein Mitarbeiter des Bürgerbeauftragten rief im Gericht an und konnte erreichen, dass die Petentin einen für Mitarbeitende zur Verfügung stehenden Behindertenparkplatz auf dem Gelände des Gerichts nutzen durfte, der an diesem Tag frei war. Dies sei auch für andere Beteiligte nach Absprache und bei Verfügbarkeit möglich.

Das Grundsatzproblem eines fehlenden öffentlichen Behindertenparkplatzes trug der Bürgerbeauftragte zunächst an die Justizministerin heran. Diese wies auf einen Behindertenparkplatz in 130 Metern Entfernung zum Gerichtsgebäude hin – nach Ansicht des Bürgerbeauftragten deutlich zu weit entfernt. Da es aber auch aus ihrer Sicht wünschenswert sei, dass Behindertenparkplätze in direkter Nähe des Haupteingangs vorgehalten werden, verwies sie an den Finanzminister als zuständigen Ansprechpartner für die staatliche Bau- und Liegenschaftsverwaltung. Gemeinsam mit der Behindertenbeauftragten der Kommune konnte ein Standort gefunden werden, der zukünftig als Behindertenparkplatz genutzt werden kann.

Verkehrsunternehmen bietet „Rollatortraining“ an

Für eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft oder für die Erledigung von Alltagsgeschäften kann ein Rollator ein entscheidendes Hilfsmittel sein. Jedoch müssen auch mit einem Rollator immer noch etliche Barrieren überwunden werden.

Eine Bürgerin, die zur Fortbewegung einen Rollator nutzt, schilderte erhebliche Probleme, in den Linienbus ein- und auszusteigen, weil er nicht direkt an den Bordstein heranfahre. Sie könne mit ihrem Rollator die Entfernung zwischen Gehsteig und Bus nicht „springend“ überwinden. Laut dem Busunternehmen seien die Busfahrer zwar angewiesen, Menschen mit einem Rollator zu helfen. Es sei ihr aber bislang nie Hilfe angeboten worden.

Der Bürgerbeauftragte schlug dem kommunalen Verkehrsunternehmen vor, ein Rollatortraining anzubieten, da er dies von anderen Verkehrsunternehmen kannte. Das Unternehmen griff den Vorschlag auf und bot noch in 2024 ein Rollatortraining an. So kann einerseits den auf einen Rollator angewiesenen Menschen geholfen und andererseits das Verständnis der Busfahrerinnen und Busfahrer gestärkt werden. Über den Einzelfall hinaus hat der Bürgerbeauftragte bei der Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern dafür geworben, dass die Verkehrsunternehmen diese Idee (soweit noch nicht geschehen) im ganzen Land umsetzen.

Merkzeichen aG

Ein Schwerpunkt der Eingaben von Menschen mit Behinderungen waren auch im Berichtsjahr die Feststellungsverfahren beim Versorgungsamt, einer Abteilung des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LAGuS). Dabei ist zu berücksichtigen, dass 2024 über 50.000 Feststellungsanträge beim LAGuS zu bearbeiten waren. Häufiges Anliegen ist, dass Bürgerinnen und Bürger das Merkzeichen „aG“ für sich beanspruchen.

Zum Hintergrund:

Schwerbehinderte Menschen, deren Behinderung durch das Versorgungsamt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 eingestuft wurde, erhalten auf Antrag einen Schwerbehindertenausweis. 

Über die Feststellung des GdB hinaus kann das Versorgungsamt auch sogenannte Merkzeichen vergeben. Merkzeichen sind spezielle Kennungen, die eine Person mit Schwerbehinderung zusätzlich zum Grad der Behinderung erhalten kann, wenn bestimmte besondere Beeinträchtigungen vorliegen. Merkzeichen sind in verschiedenen Rechtsbereichen mit Nachteilsausgleichen verbunden, um den besonderen Belastungen der schwerbehinderten Person Rechnung zu tragen. Ein Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis dient dabei als Nachweis einer besonderen Beeinträchtigung. 

§ 3 Absatz 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung kennt acht Merkzeichen, von denen die folgenden am häufigsten Gegenstand von Eingaben beim Bürgerbeauftragten sind:

  • G Die Ausweisinhaberin oder der Ausweisinhaber ist in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt.
  • aG Die Ausweisinhaberin oder der Ausweisinhaber ist außergewöhnlich gehbehindert.
  • Bl Die Ausweisinhaberin oder der Ausweisinhaber ist blind. Blinden Menschen stehen Personen gleich, deren beidäugige Gesamtsehschärfe nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen.

Eine häufige Frage in diesem Zusammenhang ist, ob man aufgrund des Schwerbehindertenausweises auch einen sogenannten blauen Parkausweis bekommen kann. Mit diesem darf man unter anderem auf Parkplätzen parken, die durch das Zusatzzeichen, das eine in einem Rollstuhl sitzende Person darstellt, gekennzeichnet sind. 

Dafür genügt der Schwerbehindertenausweis an sich nicht. Auch das Merkzeichen G im Ausweis berechtigt hierzu nicht. Zum Erhalt der besonderen Parkberechtigung muss das Merkmal aG oder Bl vergeben worden sein oder eine mit den jeweiligen Voraussetzungen vergleichbare Funktionseinschränkung vorliegen. 

  • Eine Bürgerin wandte sich für ihren Ehemann an den Bürgerbeauftragten. Dieser sei nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt, und seine Mobilität sei nach einer schweren Corona-Infektion zusätzlich erheblich schlechter geworden. Weitere Probleme bei der Mobilität bereite seine fortschreitende Demenzerkrankung. Dennoch wurde das Merkzeichen aG abgelehnt. Die Bürgerin bat um Unterstützung im Widerspruchsverfahren.

    Der Bürgerbeauftragte verwies das LAGuS auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom März 2023. Danach ist nicht ausschlaggebend, ob sich ein Antragsteller in bekannter Umgebung unter Idealbedingungen noch mehrere Meter ohne fremde Hilfe bewegen kann, was beim Ehemann der Petentin ärztlich bescheinigt war. Maßgebend ist die Mobilität in fremder Umgebung bei alltäglichen Umgebungs- beziehungsweise Untergrundbedingungen. Zudem führte nach Ansicht des Bürgerbeauftragten die schwere Demenzerkrankung zu einer solchen Mobilitätsbeeinträchtigung. Im Ergebnis wurde das Merkzeichen aG zuerkannt.

Dem Bürgerbeauftragte ist bewusst, dass das LAGuS in den vergangenen Jahren mit einer wahren Antragsflut zu tun hatte. Dabei geht es teilweise „nur“ um Feststellungsanträge, die zu steuerlichen Erleichterungen führen sollen. Häufig stehen die Anträge aber im Zusammenhang mit gravierenden Erschwernissen. Unter der großen Zahl der Anträge, die zudem mit einem Personalabbau beim LAGuS einhergingen, leidet sowohl die Bearbeitungsdauer als auch die persönliche Erreichbarkeit der Mitarbeitenden. Für die Betroffenen bedeutete dies eine weitere Einschränkung der Lebensführung. 

Die Landesregierung hat nunmehr eine bis 2027 befristete personelle Stärkung des LAGuS beschlossen. Ziel ist es, durch geeignete Modernisierungsmaßnahmen und gewisse Standardabsenkungen die Aufgabenlast im LAGuS insgesamt abzusenken. Der Bürgerbeauftragte wird dieses Projekt beobachten und sich auch weiterhin für die Betroffenen einsetzen, damit die häufig dringend benötigten Feststellungsverfahren zügig durchgeführt werden. Hierzu hat es im November 2024 einen ersten Austausch mit der Leitung des LAGuS gegeben.

Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in Vergabeverfahren

Am Rande einer Fachtagung kam der Bürgerbeauftragte mit dem Geschäftsführer eines Druck- und Versandservice ins Gespräch. Seit vielen Jahren beschäftigt er in seinem Unternehmen fast ausschließlich Menschen mit Behinderungen, aktuell sind es etwa 15 Personen. Einen Großteil seines Geschäfts bestreitet er mit öffentlichen Aufträgen, etwa mit dem Versand von Rechnungen.

Die Aufträge bekommt er im Zuge einer Ausschreibung. Gerade in letzter Zeit sei es ihm bei Ausschreibungen öffentlicher Träger schwerer gefallen, den Zuschlag zu bekommen, da seine Kosten aufgrund der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen höher sind als bei Unternehmen, die regelmäßig niedrige Löhne zahlen. Der Petent betont, wie wichtig es ihm ist, ordentliche Löhne zu zahlen. Er wünsche sich, dass bei den Ausschreibungen die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen gesondert berücksichtigt wird, zum Beispiel durch einen Bonus bei der Bewertung.

Die Integration von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt ist ein Thema, das der Bürgerbeauftragte schon viele Jahre intensiv unterstützt, unter anderem in Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit. Umso beeindruckter war er von dem positiven Beispiel des Unternehmens des Petenten. 

Der Bürgerbeauftragte ging auf den Wirtschaftsminister mit dem Anliegen zu, öffentliche Ausschreibungsverfahren entsprechend den Wünschen des Petenten anzupassen. Der Wirtschaftsminister antwortete, dass ein Bonus rechtlich bedenklich sei. Es gebe aber eine ganze Reihe unbedenklicher Möglichkeiten, die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in Ausschreibungsverfahren zu optimieren. In einem Rundschreiben informierte er die Kommunen ausführlich darüber. Zusätzlich wurden die Hinweise im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern (Nr. 24 vom 3. Juni 2024, Seiten 650-659) veröffentlicht.

Zu lauter Bass bei der Einheitsfeier in Schwerin

Im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin erreichte den Bürgerbeauftragten eine Beschwerde. Die Petentin pflegt ihren Vater in der Häuslichkeit und berichtete, dass beim Soundcheck am 1. Oktober 2024 auf einer der Bühnen der Bass so laut gewesen sei, dass er sich „auf das Herz lege“. Ihr Vater hätte aufgrund des unangenehmen „Bassdrucks“ durch sie beruhigt werden müssen.

Durch einen Anruf bei der für die Organisation zuständigen Staatskanzlei konnte geklärt werden, dass beim Soundcheck sehr hohe Bassstärken getestet wurden, aber während der Feierlichkeiten derartige Ausschläge nicht zu erwarten seien. Lediglich am späteren Abend des 4. Oktober könne es durch die Darbietung eines DJs noch einmal für etwa eine Stunde einen etwas stärkeren Bass geben. Hierüber wurde die Petentin informiert.

Nach den Feierlichkeiten bedankte sich die Petentin beim Bürgerbeauftragten und bestätigte, dass es bis auf die angekündigte Stunde am Ende immer erträglich gewesen sei und sie sich dank des Hinweises hierauf vorbereiten konnte. Die Petentin lobte abschließend die Organisation der Veranstaltung sowie die Sicherheits- und Ordnungskräfte vor Ort. Der Sachverhalt bietet damit ein weiteres Beispiel dafür, dass vorausschauende Kommunikation der Verwaltung unnötigen Ärger (und Arbeit) ersparen kann.

Inobhutnahme und Übergabe eines Kindes an den leiblichen Vater

Ein Bürger teilte mit, dass seine Ex-Freundin von ihm ein Kind erwarte. Die werdende Mutter habe bereits zu Beginn der Schwangerschaft geäußert, das Kind nach der Geburt nicht behalten zu wollen. Sie hatte schon drei Kinder und beabsichtigte, ihm das Baby nach der Geburt zu übergeben. Der werdende Vater hatte sich auf die neue Lebenssituation vorbereitet, ein Kinderzimmer eingerichtet und seinen Arbeitgeber informiert, in Elternzeit gehen zu wollen. Dann jedoch änderte die werdende Mutter einige Wochen vor der Entbindung ihre Einstellung. Sie lehnte nun jeglichen Kontakt zum werdenden Vater ab. 

Er bat den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Der Petent teilte mit, dass das Jugendamt eine Beratung und Vermittlung zwischen den werdenden Eltern mit dem Hinweis, es handele sich um eine private Angelegenheit, abgelehnt hatte. Nun war er in großer Sorge, dass das Kind gleich nach der Geburt einer Pflegefamilie übergeben wird.

Der Bürgerbeauftragte nahm sofort Kontakt zum Landrat auf, der eine Überprüfung durch das Jugendamt veranlasste. Schließlich gab es einen Vater, der bereit war, sich seiner Verantwortung zu stellen und die elterliche Sorge zu übernehmen. In der Folge gab es mehrfachen telefonischen und schriftlichen Kontakt zwischen der Leiterin des Jugendamtes und dem Bürgerbeauftragten. Die weitere Vorgehensweise wurde abgestimmt. Dabei wurde die werdende Mutter miteinbezogen. Der Petent konnte seine persönliche Eignung in Gesprächen mit den Mitarbeitenden des Jugendamtes nachweisen. Auch bei einem Hausbesuch gab es keine Beanstandungen. Eine Hebamme war bereits einbezogen. 

Nach der Entbindung wurden die weiteren Schritte unter Einbeziehung des Familiengerichts eingeleitet. Das Kind wurde zunächst durch das Jugendamt in Obhut genommen. Anschließend übertrug das Familiengericht dem Jugendamt die Amtsvormundschaft. Der Petent erklärte die Anerkennung seiner Vaterschaft, der die Mutter des Kindes zustimmte. 

Einige Tage nach der Geburt wurde der kleine Junge von seinem Vater aus der Klinik abgeholt.

Motocrossbahn

Eine Bürgerin beschwerte sich über den Lärm einer Motocrossbahn, die sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft befindet. Die Bahn war wochentags vor- und nachmittags jeweils drei Stunden geöffnet, wobei diese Zeiten nicht immer eingehalten wurden. 

Der Bürgerbeauftragte wandte sich an den Bürgermeister der Stadt, der den Motorsportclub beteiligte. Dieser wies darauf hin, dass eine Betriebsgenehmigung für die Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vorliege und alle Auflagen eingehalten würden. Trainingsaktivitäten würden in ein Trainingsbuch eingetragen und Gäste könnten die Bahn nur nutzen, wenn ein Vereinsmitglied die Trainingsaufsicht übernehme. Im Jahr 2024 habe es an drei Sonnabenden Ausnahmegenehmigungen für verlängerte Trainingszeiten gegeben. Zugleich erklärte der Motorsportclub, dass alle Motorräder mit regelkonformen Endschalldämpfern ausgestattet seien, die Lautstärke entspreche den Regeln für den Motorsport.

Wegen der Beschwerde hat sich der Verein zwischenzeitlich dazu entschlossen, die Trainingszeiten um die Hälfte zu reduzieren. An drei Wochentagen und auch an den Sonnabendnachmittagen soll kein Training mehr stattfinden. Darüber hinaus wurde die Petentin zu einem Besuch mit Führung auf dem Gelände eingeladen.

Nutzungsordnung des FKK-Strandes

Ein Bürger bemängelte, dass in einem Ostseebad der FKK-Strandabschnitt zunehmend als Textilstrand genutzt werde. Er habe sich deswegen mehrfach an das Ordnungsamt gewandt, ohne eine Antwort erhalten zu haben.

Auf Bitte des Bürgerbeauftragten antwortete das Ordnungsamt dem Petenten und teilte ihm mit, dass von den Besucherinnen und Besuchern des ausgewiesenen FKK-Strandes die Einhaltung des Nacktgebotes erwartet wird. Eine gesetzliche Regelung gebe es jedoch nicht. Daher gestalte sich auch eine Durchsetzung schwierig. Das Amt kündigte für die nächste Saison vermehrte Kontrollen durch den Strandvogt und Verbesserungen bei der Beschilderung zum FKK-Strandabschnitt an. Hiermit zeigte sich der Petent zufrieden und hofft nun auf „geordnete Verhältnisse“ in der kommenden Badesaison.

Festung Dömitz

Die Festung Dömitz als im Norden einmalige pentagonale Anlage mit seiner landesgeschichtlichen Bedeutung war bereits Gegenstand des Jahresberichts 2018. Sie ist der heute einzige, vollständig erhaltene Festungsbau der Renaissance in Norddeutschland, jedoch dringend sanierungsbedürftig. Ein Bürger hatte sich 2017 an den Bürgerbeauftragten gewandt und beklagt, dass die Trägerschaft der Festung durch die Stadt Dömitz der historischen und kulturellen Bedeutung der Festung nicht gerecht werde. Vielmehr sollte das Land die Trägerschaft übernehmen. Auch der Bürgermeister der Stadt bestätigte auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten diese Haltung. Trotz Förderungen fehlten der Stadt die finanziellen Mittel, dringende Unterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen vornehmen zu lassen.

Der Bürgerbeauftragte hält ein starkes Engagement des Landes für ihre historisch bedeutsamen Bauwerke für wichtig. Da die Stadt Dömitz mit der Sanierung der Festung finanziell vollständig überfordert ist, sollte eine Landesträgerschaft angestrebt werden. Er bat daher im Jahr 2018 die damalige Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und auch den damaligen Finanzminister um Prüfung einer Landesträgerschaft. Beide räumten der Festung Dömitz zwar die besondere Bedeutung ein, die Erhaltungspflicht liege aber wie auch bei vergleichbaren Denkmalen beim Eigentümer. Das Land unterstütze die Stadt bereits durch Förderungen.

Da diese Einschätzung für den Petenten, die Stadt und den Bürgerbeauftragten nicht ausreichend war, legte der Bürgerbeauftragte die Sache dem Petitionsausschuss des Landtages zur Befassung vor und begleitete in den folgenden Jahren aktiv das weitere Petitionsverfahren.

Nachdem das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege der Festung den Status eines Kulturdenkmals von besonderer nationaler Bedeutung attestiert hatte, konnten im Jahr 2024 Bundesfördermittel in Höhe von 2,25 Millionen Euro eingeworben werden. Auch das Land wird sich mit weiteren knapp zwei Millionen Euro beteiligen. Damit können nun dringend notwendige Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten, insbesondere die Sanierung des Kommandantenhauses, erfolgen. 

Auch der Landkreis hat sich bereit erklärt, die Stadt bei dieser großen Aufgabe weiter zu unterstützen. Zur Erhaltung und Sicherung der Festung durch Sanierungsmaßnahmen wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2025 der gemeinsame Zweckverband „Kulturdenkmäler Ludwigslust-Parchim“ gegründet. Dabei übernimmt der Landkreis die allgemeine Verwaltung, die Durchführung des Haushalts- und Rechnungswesens, die Personalverwaltung des Zweckverbandes sowie die Betreuung der Bauprojekte. Aktuell wird von erforderlichen Investitionskosten für die Festung Dömitz von rund 50 Millionen Euro ausgegangen. 

Der Bürgerbeauftragte begrüßt die erfreulichen Entwicklungen und die Bereitschaft des Landkreises, die Stadt bei der Sanierung der Festungsanlage tatkräftig zu unterstützen.

Nur scheinbar öffentliche Wege

In mehreren Jahresberichten, zuletzt 2020, hatte der Bürgerbeauftragte über die Schwierigkeiten berichtet, wenn ein scheinbar öffentlicher Weg einer Privatperson gehört. Konkret hatte eine Privatperson im Jahr 2013 zusammen mit dem Eigentum am Wohngrundstück auch das Eigentum an der Straße erworben, die durch eine Verkettung von Umständen nicht in Gemeindeeigentum übertragen worden war. Der Erwerber sperrte die Straße und forderte „Maut“ von den übrigen Anwohnerinnen und Anwohnern, zu denen auch der Petent zählte.

Da sich die Eigentumsverhältnisse nicht ändern ließen, versuchte der Bürgerbeauftragte, gemeinsam mit dem Petitionsausschuss andere Lösungen zu vermitteln. Neben einer zivilrechtlichen Erwerbslösung sollten öffentliche Verkehrsflächen über eine Bebauungsplanung festgesetzt werden. Nunmehr hat sich die jahrelange Problematik durch einen Verkauf des Grundstücks erledigt. Der neue Eigentümer arbeitet mit der Gemeinde daran, die Straße in einen öffentlichen Verkehrsweg umzuwidmen. 

Der Lösung vorangegangen waren langjährige Zivilrechtsverfahren, die der Petent, zuletzt durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs, gegen den vormaligen Eigentümer gewonnen hatte. Der Bürgerbeauftragte bedauert, dass innerhalb der vergangenen zwölf Jahre keine anderweitige Lösung umgesetzt werden konnte.

C. Zusammenarbeit mit anderen Ombudsinstitutionen

Die Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern können wählen, ob sie ihre Petition an den Landtag oder an den Bürgerbeauftragten richten. Der Petitionsausschuss und der Bürgerbeauftragte tauschen sich regelmäßig aus, damit dasselbe Anliegen nicht doppelt bearbeitet wird. Werden Petitionen an beide Institutionen gerichtet, erfolgt eine Abstimmung, wer die weitere Bearbeitung übernimmt. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses und der Bürgerbeauftragte erörterten zudem regelmäßig Grundsatzfragen des Petitionsrechts.

Alle zwei Jahre tagt auf Einladung der Präsidentin des Deutschen Bundestages die Konferenz der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse von Bund und Ländern. Hierzu werden auch die Bürgerbeauftragten und ihre Stellvertreterinnen oder Stellvertreter eingeladen. Tagungsort war Ende September 2024 die Bremische Bürgerschaft. Im Mittelpunkt der zweitägigen Zusammenkunft stand die Zusammenarbeit zwischen den Petitionsausschüssen und den parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten, die es in sechs Bundesländern gibt. Ein weiteres Hauptthema war die Digitalisierung in der Petitionsbearbeitung.

Im Jahr 2024 führte Rheinland-Pfalz den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft der parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten, die es neben Mecklenburg-Vorpommern in den Ländern Baden-Württemberg, Berlin, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen gibt. Sie trafen sich im Juni zu ihrer jährlichen Arbeitstagung in Mainz, wo auch ein Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Amtes in Rheinland-Pfalz stattfand.

Mittlerweile sind fast alle Bürgerbeauftragten zugleich auch Polizeibeauftragte (Ausnahme: Thüringen). In Bremen und Brandenburg gibt es ausschließlich für die Polizei zuständige Beauftragte. Im November trafen sich die Bürgerbeauftragten daher in ihrer Funktion als Beauftragte für die jeweiligen Landespolizeien im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz. Auch hier gab es über die Arbeitstagung hinaus einen Grund zum Feiern: Die oder der Bürgerbeauftragte in Rheinland-Pfalz ist seit 10 Jahren auch für die Landespolizei zuständig. Im Erfahrungsaustausch unter den Länderbeauftragten, auch mit dem Polizeibeauftragten des Bundes beim Deutschen Bundestag, ging es neben dem Problem des Umgangs mit Personen in psychischen Ausnahmezuständen um allgemeine und polizeifachliche Themen. So wurde die intensivere Kommunikation mit den Bundesvorständen der polizeilichen Gewerkschaften ebenso behandelt wie die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Polizei. 

Zudem verständigten sich die Beauftragten über die Möglichkeiten des Umgangs mit privaten Online-Plattformen und diskutierten Erfahrungen mit öffentlichen Petitionen. Gegenstand der Diskussionen war auch der Umgang mit dem Akteneinsichtsrecht, das in den Bundesländern und beim Bund, auch aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen, unterschiedlich gehandhabt wird.