Petitionen zur Innenpolitik betrafen 2016 ganz überwiegend kommunale Themen. Andere innenpolitische Sachbereiche, wie z.B. Probleme mit der Polizei, wurden nur selten angesprochen. Im kommunalen Bereich verteilen sich die Petitionen über viele Sachgebiete. In diesem Abschnitt werden nur die Eingaben dargestellt, die den eigenen Wirkungskreis der kommunalen Körperschaften betreffen.
Hinzu kamen 69 Eingaben zu Kommunalabgaben. Vor allem waren dies Anfragen zu Ausbau- und Anschlussbeiträgen, auch weil die neueste Rechtsprechung in diesem Bereich große Aufmerksamkeit erregt hatte. Hier äußerten Bürger Unverständnis sowohl über ihre Heranziehung als auch über die Berechnungsweise oder die Höhe der Beiträge. In diesen Fällen konnte der Bürgerbeauftragte oft nur die Rechtslage erläutern, da die Beitragsbescheide nicht zu beanstanden und meist auch schon bestandskräftig waren.
Ein ständiges Thema war auch das fiskalische Handeln der Kommunen, insbesondere der Verkauf oder die Verpachtung von Grundstücken. Hier wurde regelmäßig deutlich, dass die betroffenen Bürger den handelnden Verwaltungen kritisch gegenüberstehen. Gerade in kleineren Gemeinden wird schnell der Vorwurf erhoben, dass sich die Verwaltung von sachfremden Erwägungen oder persönlichen Beziehungen leiten lasse. Besonders deswegen ist – wie auch in den folgenden Beiträgen ersichtlich – ein klares und nachvollziehbares Verwaltungsverfahren notwendig, um Vertrauen zu schaffen. Im Bereich dieser Petitionen wird übrigens nach wie vor deutlich, dass auch über ein Vierteljahrhundert seit der Wiedervereinigung während der DDR-Zeit getroffene Entscheidungen oder Vereinbarungen bis heute nachwirken.
Mehrfach befasste sich der Bürgerbeauftragte mit Anfragen zur Vorbereitung von Bürgerbegehren (s. auch unter 6. Bildung, Wissenschaft und Kultur). Er beriet Petenten, die ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen wollten, zu den rechtlich notwendigen Schritten. Die Petenten kritisierten die in ihren Augen in der Kommunalverfassung zu hoch angesetzten Mindestbeteiligungen für solche Begehren. Sei z.B. in einer Gemeinde lediglich ein Ortsteil betroffen, sei es in ihren Augen praktisch unmöglich, die zur Initiierung des Begehrens notwendigen Unterschriften von 10 Prozent aller Einwohner der Gemeinde zu erhalten oder später dann 25 Prozent der Stimmberechtigten des gesamten Ortes zu einer Stimmabgabe in ihrem Sinne zu bewegen. Beklagt wurde auch, dass im Gegensatz zu anderen Bundesländern Bürgerbegehren keine Bebauungsplanungen behandeln dürfen, weil hiermit wesentliche Gestaltungsentscheidungen der Gemeinde nicht beeinflusst werden könnten. Hier hat allerdings die Rechtsprechung inzwischen Möglichkeiten für solche Bürgerbegehren aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat nämlich mit Beschluss vom 28.02.2017 festgestellt, dass nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Nr. 4 Kommunalverfassung M-V lediglich Bürgerbegehren über Verfahrensschritte im Aufstellungsverfahren nach dem Baugesetzbuch ausgeschlossen seien. Grundsatzentscheidungen der Gemeinde im Vorfeld des förmlichen Verfahrens der Bauleitplanungen, einen bestimmten Bereich zu bebauen, könnten jedoch zum Gegenstand eines Bürgerentscheides gemacht werden (Az.: 1 B 3928/16).
Im Rahmen der Petitionsbearbeitung wird gelegentlich die Problematik von Akteneinsichten angesprochen. Hierbei wird bemängelt, dass Behörden teilweise nur zögerlich Akteneinsicht gestatten und Mecklenburg-Vorpommern das einzige Bundesland ist, in dem entsprechende Anträge nicht per E-Mail, sondern lediglich in Papierform eingereicht werden dürfen. Soweit im Einzelfall über eine Beratung hinaus Unterstützung notwendig ist, verweist der Bürgerbeauftragte die Petenten an den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.
Wie auch im Vorjahr beschäftigten den Bürgerbeauftragten aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen vermehrt Petitionen mit ausländerrechtlichem Bezug. Die Gesamtzahl bewegte sich allerdings mit 30 Eingaben auf einem überschaubaren Niveau.
Nacherhebung von Nutzungsentgelten
Erneut erreichten den Bürgerbeauftragten Petitionen von Bürgern, die teils bewusst, teils unbewusst schon seit langen Jahren öffentliche Flächen nutzten, ohne dass hierzu vertragliche Grundlagen mit der zuständigen Verwaltung getroffen und Nutzungsentgelte gezahlt wurden. Will der öffentliche Eigentümer diese Nutzung rechtlich regeln, stellt sich die Frage, ob die Nutzer auch rückwirkend Nutzungsentgelte zu zahlen haben. Streitig ist dies insbesondere in Fällen, in denen sich die Bürger darauf berufen, dass die Situation der Verwaltung schon länger bekannt war, ohne dass jedoch bislang Zahlungen gefordert wurden. Eine einheitliche Verwaltungspraxis ist hierbei nicht festzustellen. Dies zeigen zwei Fälle, die im Berichtsjahr bearbeitet wurden.
In einem Fall hatten die jetzigen Nutzer vor 10 Jahren ein Freizeitgrundstück übernommen und sich erfolglos beim städtischen Eigentümer um einen Pachtvertrag bemüht. Im anderen Fall war schon 2002 bei einem Umlegungsverfahren in einer anderen Stadt festgestellt worden, dass die Petenten ein städtisches Grundstück nutzten. Kaufverhandlungen scheiterten und die Stadt teilte mit, dass sie die Petenten „zu gegebener Zeit“ über die dann beabsichtigte Verpachtung informieren werde. In beiden Fällen war also der zuständigen Verwaltung die Nutzung positiv bekannt, ohne dass es jedoch in der Folgezeit zum Abschluss der beabsichtigten Pachtverträge kam. Erst 2016 stellten beide Städte (erneut) fest, dass für diese Grundstücke keine vertraglichen Regelungen bestanden. Sie boten den Petenten jeweils einen Pachtvertrag an, forderten aber zugleich auch die rückwirkende Zahlung des Nutzungsentgelts für die letzten drei Jahre. Eine solche rückwirkende Zahlung wollten die Petenten aber nicht leisten, weil die Pachtverträge aufgrund von Versäumnissen der Verwaltung nicht zustande gekommen waren.
Der Bürgerbeauftragte wies die Petenten darauf hin, dass grundsätzlich bei einer unentgeltlichen Nutzung eines Grundstücks nach dem Bereicherungsrecht (§ 812 ff. BGB) eine entsprechende Entschädigung für die noch nicht verjährten Beträge gefordert werden könne. In den konkreten Fällen lag die Besonderheit jedoch darin, dass trotz bekannter Nutzung ein Pachtvertrag an Umständen im Bereich der Verwaltungen gescheitert war. Deswegen wandte sich der Bürgerbeauftragte an die jeweilige Stadtverwaltung und wies auf die Besonderheit dieser Fälle hin. Die Verwaltungen hätten angesichts der jahrelang bekannten Überlassung offenbar keine Entgelte erheben wollen. Daher müsse man auch die Frage der Verwirkung entsprechender Ansprüche prüfen. Er warb dafür, aus Vertrauensschutzgründen auf die rückwirkende Erhebung der Nutzungsentgelte, die im zweiten Fall die Petenten auch in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten brachte, zu verzichten.
Während in dem ersten Fall die Verwaltung sofort einlenkte und auf die nachträgliche Erhebung verzichtete, konnte im zweiten Fall keine Lösung im Sinne der Petenten erreicht werden. Diese Stadt erklärte, dass aus einer Verzögerung des bis heute andauernden Umlegungsverfahrens keinesfalls geschlossen werden dürfe, dass die kostenfreie Nutzung andauern solle, zumal zuvor der Verkauf gescheitert sei. Es fehle an Umständen, die eine Verwirkung begründen könnten.
Der Bürgerbeauftragte rät in diesen Fällen zu einer Behandlung mit Augenmaß. Es ist selbstverständlich legitim, dass die Kommunen für genutzte Flächen Entschädigungen erheben. Scheitern aber beabsichtigte Pachtverträge trotz positiver Kenntnis der Nutzung durch Untätigkeit der Kommune und wird über so lange Zeiträume kein Nutzungsentgelt gefordert, so spricht vieles dafür, dass die rückwirkenden Ansprüche als verwirkt anzusehen sind.
Augenmaß bei Pacht- und Kaufpreisen notwendig
Den Bürgerbeauftragten beschäftigt regelmäßig die Frage, wie Pacht- und Kaufpreise bei gemeindlichen Grundstücken ermittelt werden. Hintergrund ist, dass Bürger geforderte Nutzungsentgelte bzw. Kaufpreise als überzogen empfinden.
- In einem Fall beklagte sich ein Petent über den geforderten Kaufpreis eines Flurstücks, das teilweise mit Garagen bebaut ist, aber auch als Garten genutzt wird. Das Amt habe der Gemeindevertretung empfohlen, das Flurstück insgesamt zum Preis für Gartenland zu verkaufen. Die Gemeindevertretung habe jedoch beschlossen, das Flurstück als „Bauerwartungsland“ zu einem höheren Preis anzubieten. Der Petent wollte, da das Flurstück zum erheblichen Teil im Außenbereich liege, nur den Preis für Gartenland zahlen. Jedenfalls könne man beim Preis die unterschiedlichen Nutzungen der Teilflächen beachten, also den Teil mit den Garagen zum höheren, den Gartenteil zum niedrigeren Preis verkaufen. Der Bürgerbeauftragte warb in der Folgezeit für diesen Vorschlag bei der Gemeinde. Er wies darauf hin, dass der Gartenteil nicht im Innenbereich liege und deswegen auch nicht bebaut werden könne. Es sei daher kein Bauerwartungsland. Die Gemeindevertretung blieb jedoch bei ihren Preisvorstellungen, da das Gartenland nur etwa ein Viertel des Gesamtflurstücks ausmache. Gleichwohl erschien dem Bürgerbeauftragten der Vorschlag des Bürgers, beim Preis nach der Nutzung zu differenzieren, durchaus als sachgerecht.
- Auch in einem weiteren Fall konnte keine Einigung erzielt werden, weil die Preisvorstellungen der Petentin und der Gemeinde nicht in Einklang zu bringen waren. Hier ging es um die Erhöhung einer Pacht für ein gemeindliches Grundstück von zuvor 0,10 Euro/qm und Jahr auf 0,70 bis 1,40 Euro. Einen solch hohen Pachtzins konnte sich die Petentin nicht leisten. Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Gemeinde und bat um Überprüfung dieser neuen Pachthöhe. Bei Berücksichtigung der ihm bekannten Bodenrichtwerte für Gartenland sei eher ein Pachtzins von maximal 0,30 Euro angemessen. Die Gemeinde lehnte diesen Vorstoß mit dem Argument ab, es handele sich um ein arrondierendes Grundstück am Haus der Petentin, womit die deutlich höheren Preise für Bauland als Grundlage zu nehmen seien. Sie sei gehalten, gemeindliche Vermögensgegenstände nur zum vollen Wert zu verpachten.
Der Bürgerbeauftragte muss in diesen Fällen die Petenten darauf hinweisen, dass tatsächlich gemäß § 56 Kommunalverfassung Verkäufe und Nutzungsüberlassungen nur zum vollen Wert erfolgen dürfen. Dies bedeutet zum einen, dass Überlassungen zu einem geringeren Wert unzulässig sind. Zum anderen wird jedoch auch keine Grenze nach oben gesetzt. Der Bürgerbeauftragte sieht es allerdings als wichtig an, dass diese Preise nachvollziehbar und sachgerecht ermittelt werden. Nach dem Durchführungserlass zu § 56 KV M-V haben sich die Gemeinden bei diesen Preisen grundsätzlich an den Bodenrichtwerten zu orientieren, wobei dann allerdings im Einzelfall – wie oben dargestellt – die Frage aufkommen kann, welcher Wert (Bauland, Bauerwartungsland, Gartenland etc.) anzusetzen ist. Solange die Gemeinde diese Preisermittlung aber offenlegt und damit Willkür ausschließt, ist ihr Vorgehen zu akzeptieren.
In einem weiteren Fall im Berichtsjahr musste aber eine solche Berechnung korrigiert werden. Hierbei ging es um ein Gartengrundstück, das die Petenten in einem Ostseebad schon seit vielen Jahren nutzten. Aufgrund der erheblichen Wertentwicklung der Grundstücke in unmittelbarer Ostseenähe wurden auch dort die Pachtzinsen erhöht. Die Gemeinde bezog sich auf den Bodenrichtwert, den der Gutachterausschuss des Landkreises inzwischen mit 395 Euro/qm angesetzt hatte. Die Petenten bestritten diesen Bodenrichtwert, da benachbarte vergleichbare Flächen nur mit einem Bodenrichtwert von 270 Euro/qm eingestuft waren. Nach mehrmaligem Nachhaken der Petenten wie des Bürgerbeauftragten überprüfte der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert und senkte diesen auf ebenfalls 270 Euro/qm. Damit reduzierte sich die Pachtforderung deutlich. Dieser Fall zeigt, dass Bodenrichtwerte durchaus auch kritisch geprüft werden müssen. Problematisch ist nämlich die Ermittlung des Bodenrichtwertes, wenn sich – wie in diesem Fall – der Gutachterausschuss bei seiner Bewertung mangels vergleichbarer Fälle nicht auf die erzielten Preise bei Verkäufen in diesem Bereich stützen kann.
Der Bürgerbeauftragte sieht in diesem Fall noch ein weiteres Problem. Zwar ist es im Regelfall sachgerecht, zur Ermittlung der Entgelte den Bodenrichtwert als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Gerade in begehrten Lagen entlang der Ostsee haben sich die Bodenrichtwerte und damit die angemessenen Pachtzinsen allerdings in den letzten Jahren vervielfacht. Im zuletzt geschilderten Fall ging es um Pachtzinsen von fast 10.000 Euro im Jahr für ein Freizeitgrundstück, das nur in der Sommersaison genutzt werden kann. Bei einem benachbarten Grundstück stieg der Preis sogar auf über 12.000 Euro. Diese Preise sind von einem durchschnittlich verdienenden Bürger kaum aufzubringen. Finanziell schwache Personenkreise haben hierdurch keine Möglichkeit mehr, ein solches Pachtgrundstück weiterhin zu nutzen. Pachtzinserhöhungen könnten z. B. nach dem Index der Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgen.
Insgesamt erscheint es dem Bürgerbeauftragten angezeigt, dass für die Ermittlung von Pacht- und Kaufpreisen verbindliche Regelungen getroffen werden, um eine gleichmäßige Verwaltungspraxis und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.
Ausschreibungspflicht für kommunale Landpachtverträge?
Bei gewerblicher Nutzung kann sich die Frage der Angemessenheit in eine andere Richtung stellen. Anfang Januar 2016 wandte sich eine Landwirtin an den Bürgerbeauftragten. Sie berichtete, dass sie bisher Flächen nur außerhalb des Gemeindegebietes pachten konnte. Schon aus arbeitsökonomischen Gründen war sie aber daran interessiert, auch Flächen in der Nähe ihres Hofes bewirtschaften zu können. Da in der Gemeinde Pachtverträge ausliefen, hatte sie ein Angebot an die Gemeinde übersandt. Nun erfuhr sie aber, dass die Gemeindevertretung einen Teilbereich dieser Flächen an einen anderen Landwirt vergeben wolle, der kaum mehr als die Hälfte des von ihr gebotenen Preises zahlen solle.
Die vom Bürgerbeauftragten angesprochene Amtsverwaltung teilte hierzu mit, dass sie diese Angelegenheit ebenfalls kritisch sehe. Die Gemeinde befinde sich im Haushaltssicherungsverfahren und würde durch den beabsichtigten Zuschlag zu dem niedrigeren Preis über die lange Laufzeit der Pacht einen Mindererlös von über 50.000 Euro erleiden. Der Leitende Verwaltungsbeamte habe daher Widerspruch gegen den Beschluss eingelegt. Im Folgenden fand ein Gespräch zwischen Gemeinde, Amt und der unteren Rechtsaufsichtsbehörde statt, bei der im Ergebnis eine Ausschreibung der Fläche vereinbart wurde, an der sich dann auch die Petentin beteiligen könne. Der Bürgerbeauftragte ging daher davon aus, dass die Sache auf einem guten Weg war und schloss die Petition zunächst ab.
Eine Ausschreibung erfolgte aber nicht. Vielmehr berichtete das Amt, dass die Gemeindevertretung nun doch beschlossen habe, diese Teilfläche im Rahmen einer Pachtverlängerung an den anderen Landwirt zu vergeben. Der Leitende Verwaltungsbeamte beanstandete auch diesen Beschluss, so dass die Angelegenheit nach den Regelungen der Kommunalverfassung durch die untere Rechtsaufsichtsbehörde zu klären war. Der Bürgerbeauftragte drängte daher auch bei dieser auf eine Aufhebung des Beschlusses und wies darauf hin, dass bei einem Übergehen des besseren Gebotes der Gemeinde Schadensersatzansprüche der Petentin drohten und sogar strafrechtliche Konsequenzen nicht ausgeschlossen werden könnten.
Bei einer erneuten Besprechung im Juli 2016 zwischen Gemeinde, Amt und Landkreis kam es dann aber zu einer überraschenden Wende. Die untere Rechtsaufsichtsbehörde erklärte, dass eine Ausschreibung gesetzlich nicht vorgeschrieben sei und damit die Gemeinde nicht gehalten sei, dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag zu erteilen.
Der Bürgerbeauftragte wandte sich nun an das Innenministerium als obere Rechtsaufsichtsbehörde. Zwar gebe es weder aus Wettbewerbs- noch aus Kommunalrecht eine explizite Ausschreibungspflicht für Landpachtverträge. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebiete jedoch eine gewisse Markterkundung. In der gegebenen Situation müsse – solange kein überzeugender sachlicher Grund eine andere Behandlung gebiete – grundsätzlich dem besseren Angebot der Petentin der Zuschlag erteilt werden. Der Bürgerbeauftragte forderte zudem die Gemeinde auf, ihm einen solchen sachlichen Grund zu benennen.
Das Innenministerium erörterte daraufhin die Lage in einer gemeinsamen Besprechung mit der Gemeinde, dem Amt und dem Landkreis. Hierbei verwies die Gemeinde auf sachliche Gründe für einen Zuschlag an den Mitbewerber (u.a. Schaffung von Arbeitsplätzen). Vereinbart wurde aber ein weiteres Beratungsgespräch zwischen der unteren Rechtsaufsichtsbehörde und der Gemeindevertretung. Hierbei stimmte Gemeindevertretung letztlich zu, ein strukturiertes Bieterverfahren durchzuführen, bei dem durch öffentliche Ausschreibung Gebote angefordert werden. Die Ausschreibung wurde im Januar 2017 veröffentlicht.
Allerdings ist zuletzt bekannt geworden, dass die Gemeinde ihre übrigen Flächen, die in der Petition nicht explizit angesprochen waren, kürzlich im Zuge einer Pachtverlängerung wieder an die bisherigen Pächter vergeben hat. Eine Ausschreibung für diese Flächen fand also nicht statt. Insoweit verwies das Amt aber auf eine Klausel, wonach bei einer Verlängerung der Pachtpreis entsprechend angepasst werden müsse. Dies mag zutreffend sein, es erklärt aber nicht, warum nur für den kleinen Teil der Gemeindeflächen, der in der Petition ausdrücklich behandelt wurde, ein Bieterverfahren eingeleitet wurde.
Insgesamt ist festzuhalten, dass es bisher für Landpachtverträge keine ausdrückliche Ausschreibungspflicht gibt, obwohl es hierbei teilweise um erhebliche Größenordnungen geht, sowohl was die Flächen als auch die zu erwartenden Einnahmen angeht. Für den Bürgerbeauftragten ist es wichtig, dass hier – wie bei anderen wesentlichen Vergabeentscheidungen der Gemeinde – ein öffentliches und transparentes Verfahren nach sachlichen Gesichtspunkten stattfinden muss. Eine andere Vorgehensweise kann nicht nur zu wirtschaftlichen Verlusten der Gemeinden, sondern auch schnell zum Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ führen.
Das Innenministerium hat zugesagt, zu prüfen, ob hier Ergänzungen in der entsprechenden Erlasslage zu erfolgen haben, um eine solche Verfahrensweise einzuführen.
Gemeindestraßen sind marode
Der Zustand von Straßen im Land war auch im Berichtsjahr Anlass für Kritik. An dieser Stelle soll auf Gemeindestraßen eingegangen werden, bei denen Bürger die fehlende Verkehrssicherheit gerügt haben.
- In einem Fall ist eine unterspülte Straße seit 2013 gesperrt.
- In einem anderen Fall hat das aufgebrachte Flickmaterial die Straßen auf die Höhe des Bürgersteiges „wachsen“ lassen, auf dem nun das Wasser steht.
- Die Pfützenbildung auf einer wassergebundenen Gemeindestraße in einer Kleinstadt macht das regelmäßige Reinigen der Hausfassaden notwendig, wenn nach Regenfällen die Pfützen von Fahrzeugen durchfahren werden und der Schlamm an die Hauswände spritzt.
- In einem weiteren Fall weigerte sich zwischenzeitlich sogar die Müllabfuhr, die stark geschädigte Anwohnerstraße zu befahren.
- In mehreren Fällen wurde der gefährliche Zustand von Gehwegen angesprochen.
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Auf die Anfragen des Bürgerbeauftragten und der Bürger wurde fast einheitlich geantwortet, die Haushaltslage ließe grundhafte Maßnahmen zur Verbesserung nicht zu. Mögliche Fördermittel seien zwar hilfreich, aber der verbleibende Eigenanteil übersteige die Leistungsfähigkeit der Kommune. So seien lediglich Reparaturen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit möglich.
Tatsächlich kann von den Gemeinden, wenn sie nicht finanziell leistungsfähig sind, rechtlich nur die Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes verlangt werden. Die Bürger reagierten mit Unverständnis auf diese Auskünfte. Die wiederkehrende Flickschusterei sei nicht sinnvoll. Vor allem verschlinge diese ebenfalls Mittel, die gebündelt bei einem Ausbau nachhaltig und längerfristig Verbesserungen mit sich bringen würden. Hier hängen Lösungen letztlich von der Stärkung der kommunalen Finanzen ab.
Dauerthema: Aufregung um Altmaßnahmen
Generell sind kommunale Gebühren und Beiträge Gegenstand einer Vielzahl von Petitionen. 2016 richteten sich die Beschwerden vor allem gegen Anschlussbeiträge und Abfallgebühren.
Noch im Jahr 2016 zogen einige Zweckverbände Grundstückseigentümer für viele Jahre zurückliegende Erschließungsmaßnahmen zu Anschlussbeiträgen heran. Vor dem Hintergrund jüngerer Gerichtsentscheidungen – auch aus anderen Bundesländern – hinterfragten viele Bürger die Rechtmäßigkeit aktueller wie lange bestandskräftiger Bescheide. Hierbei bezogen sie sich auf öffentliche Äußerungen eines Interessenverbandes, der jedoch die Rechtslage unzutreffend dargestellt hatte. Der Bürgerbeauftragte äußerte sich hierzu klarstellend in der Öffentlichkeit.
Zur Gesetzeslage in Mecklenburg-Vorpommern hatte das Bundesverwaltungsgericht das Fehlen einer Höchstverjährungsfrist im Kommunalabgabengesetz beanstandet. Inzwischen hat der Landesgesetzgeber eine solche Frist geregelt. Danach können auch ältere Beiträge nachträglich festgesetzt werden. Die Festsetzungsfrist beträgt 20 Jahre, wobei der Lauf der Frist frühestens 2001 beginnt. Damit können auch für Maßnahmen vor dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2020 nachträglich Beiträge gefordert werden. Der Bürgerbeauftragte wird die Angelegenheit weiter verfolgen, da noch Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind. Dieses prüft, ob einzelne Beitragsbescheide und damit Regelungen des Kommunalabgabengesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Im Jahr 2016 traten in mehreren Landkreisen neue Abfallgebührensatzungen in Kraft. Hintergrund dieser Neuregelungen war, dass vielfach noch Verträge der Altkreise mit einzelnen Entsorgungsunternehmen fortgegolten hatten, die aber im Jahr 2016 ausliefen. Die Landkreise mussten die Abfallentsorgung neu ausschreiben und nach dem Ausschreibungsergebnis die Gebühren kalkulieren. Da Landkreise ungünstige Ausschreibungsergebnisse erzielten oder die letzte Gebührensatzung sehr lange in Kraft gewesen war, führte dies wiederum zu Gebührensteigerungen. Der Bürgerbeauftragte erläuterte den Bürgern das Zustandekommen der Gebühren, prüfte im Einzelnen die Rechtsanwendung und regte Satzungsnachbesserungen an.
Manchmal muss man umlegen
Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ist es nicht immer möglich, auf die bestehenden Grundstücksverhältnisse im B-Plan-Gebiet Rücksicht zu nehmen. Dies kann zu Problemen führen, wenn sich die betroffenen Grundeigentümer nicht über einen neuen Zuschnitt der Baugrundstücke einigen können.
Einen solchen Fall schilderte eine Petentin bei einem Sprechtag. Ihr gehört ein Flurstück in ihrer Heimatgemeinde, auf dem sie bauen wollte. Die Gemeinde habe dort nach einer sehr langen Vorlaufzeit durch eine Bebauungsplanung die Möglichkeit zur Bebauung eröffnet. Seit zwei Jahren gebe es aber keine Einigung zwischen ihr und einem Investor, der die übrige Fläche bebauen wollte, über die gerechte Aufteilung in bebaubare Parzellen. Die Petentin hatte den Eindruck, dass der Investor, unterstützt von Bürgermeister und Verwaltung, ihre Interessen missachte. Einen ihr unterbreiteten Vorschlag für eine Aufteilung wollte die Petentin nicht annehmen, da sie ein Drittel weniger Fläche an Bauland erhalten sollte, als ihr nach dem Verhältnis der eingebrachten Flächen zustehen würde. Dies könne sie mit einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten auch belegen. Ferner müsste sie bei diesem Vorschlag weitere Flächen zu einem hohen Quadratmeterpreis vom Investor erwerben. Zum Zeitpunkt des Sprechtags war eine Einigung nicht absehbar, so dass eine Bebauung nicht erfolgen konnte.
Der Bürgerbeauftragte wies die Gemeinde darauf hin, dass sie in solchen Fällen gemäß § 46 Baugesetzbuch eine Umlegung der Flurstücke anordnen muss, wenn das zur Verwirklichung der Planungen erforderlich ist. Hierbei wird in einem Verwaltungsverfahren die Fläche neu geordnet. Nach zwei Monaten antwortete die Amtsverwaltung und bestritt die Notwendigkeit eines Umlegungsverfahrens und verwies auf den der Petentin vom Investor unterbreiteten Vorschlag.
Der Bürgerbeauftragte stellte in seinem Antwortschreiben die Position der Petentin dar. Festzuhalten sei, dass eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden könne, wobei es unerheblich sei, wer hierfür verantwortlich ist. Um eine Verwirklichung des Bebauungsplans zu erreichen, gebe es nur die Möglichkeit eines Umlegungsverfahrens. Zugleich wandte er sich auch an die untere Rechtsaufsichtsbehörde beim zuständigen Landkreis und bat um Überprüfung und aufsichtliches Einschreiten.
Da die Amtsverwaltung weiterhin keine Notwendigkeit für ein Umlegungsverfahren sah, führte der Bürgerbeauftragte im Oktober 2016 ein gemeinsames Gespräch mit Landkreis und Amtsverwaltung. Hierbei wurde festgestellt, dass die Petentin zwar keinen einklagbaren Anspruch auf Durchführung eines Umlegungsverfahrens hat. Es wurde aber der Gemeinde dringend ein solches Verfahren empfohlen, da sich in bestimmten Konstellationen die Möglichkeit einer Umlegung zu einer objektiven Verpflichtung der Gemeinde verdichtet. Dies gilt nach Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörde im Fall der Petentin, weil die Nutzung ihrer Parzelle nach dem ihr unterbreiteten Vorschlag erheblich eingeschränkt, baurechtlich vielleicht sogar ausgeschlossen wäre. Der Landkreis legte der Gemeinde schriftlich die Rechtslage dar und forderte diese auf, die Angelegenheit erneut zu beraten.
Im Dezember fasste die Gemeindevertretung den Beschluss für ein Umlegungsverfahren, falls sich die Parteien nicht in einer bestimmten Frist einigen könnten. Bis zur Erstellung des Berichts konnte eine solche Einigung nicht erzielt werden, so dass wohl nun das Umlegungsverfahren durchgeführt werden muss.
Mehr Petitionen zu Belangen von Ausländern
Den Bürgerbeauftragten erreichten auch 2016 etwas mehr Petitionen, die Ausländer betrafen. Ihre Zahl stieg von 24 auf 30. Hiervon wiederum behandelten erneut ca. zwei Drittel (19) flüchtlingsbezogene Probleme. Die meisten der Eingaben wurden von Menschen eingereicht, die sich als ehrenamtliche Helfer für die Belange von Flüchtlingen engagierten. Dabei ging es zum Beispiel um unzureichende Unterbringung, fehlende Sprachkurse, langwierige Bearbeitungszeiten bei Behörden oder Probleme beim Familiennachzug. Eine Petition richtete sich gegen den Zuzug von Flüchtlingen.
Mehrfach äußerten ehrenamtliche Helfer aus verschiedenen Landkreisen Kritik, dass ihr Engagement von manchen Behörden offenbar als unerwünschte Einmischung angesehen werde. Diese erschienen manchmal unwillig, von den Bürgern angesprochene Probleme zu beheben. Umgekehrt beklagten sich die Ausländerbehörden darüber, dass die ehrenamtlichen Helfer zum Teil überzogene Erwartungen hätten.
Unzulässige Leistungskürzung
Solche Kommunikationsschwierigkeiten zwischen der Verwaltung und den Betroffenen verdeutlicht ein von einer ehrenamtlichen Helferin vorgetragener Fall. Eine bereits anerkannte Asylbewerberin hatte sich Anfang Februar 2016 zur Ausländerbehörde des Landkreises begeben, um dort ihre Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Hierbei hatte sie offenbar übersehen, dass an diesem Tag in der Unterkunft die Barauszahlung der monatlichen Zuwendung für sie und ihre Kinder anstand. Da sie also bei der Auszahlung nicht anwesend war, erhielt sie zunächst keine Leistungen. Aufgrund von Sprachschwierigkeiten und der zeitweisen Abwesenheit der ehrenamtlichen Helferin sprach die Ausländerin erst ca. drei Wochen später beim Sozialamt vor, um dort die nachträgliche Auszahlung ihrer Zuwendung zu erhalten.
Das Sozialamt kürzte diese Nachzahlung allerdings für die Tage zwischen dem eigentlichen Auszahlungstermin und dem Vorsprechen beim Sozialamt. Begründet wurde dies mit einem Erlass des Innenministeriums, der die Streichung der Zahlung bei unentschuldigter Abwesenheit des Leistungsempfängers beim Auszahlungstermin vorsieht. Hierdurch soll Leistungsmissbrauch ausgeschlossen werden. Nachdem die Ausländerin erst auf Drängen der deutschen Helferin weitere sechs Wochen später überhaupt einen Bescheid über diese Kürzung erhalten hatte, erfolgte auf den daraufhin eingelegten Widerspruch zunächst keine Entscheidung.
Der Bürgerbeauftragte wandte sich an den Landkreis und wies darauf hin, dass die Ausländerin am Auszahlungstag nachweisbar den Behördentermin wahrgenommen habe. Damit sei ihre Abwesenheit ausreichend entschuldigt. Ihre Kinder hätten in der fraglichen Zeit die örtliche Schule besucht, ihre Anwesenheit in der Gemeinschaftsunterkunft sei ebenfalls belegt. Die Leistungskürzung sei daher nicht zulässig. Der Landkreis erklärte hingegen, dass die Asylbewerberin den Termin in der Ausländerbehörde selbst gewählt habe und es unverständlich sei, warum sie nicht schon früher den Weg zur Sozialbehörde gefunden habe. Im Übrigen sei der Widerspruch nicht unterschrieben, weswegen er wohl schon formal unzulässig sei.
Der Bürgerbeauftragte erläuterte dem Landkreis daraufhin, dass nach ständiger Rechtsprechung auch nicht unterschriebene Widersprüche bearbeitet werden müssen, wenn ihre Urheberschaft – wie in diesem Fall – eindeutig sei. Er äußerte die Auffassung, dass es keinen Unterschied machen könne, ob der betroffene Ausländer nun mit oder ohne Einladung einen Behördentermin wahrnehme. Seine Abwesenheit sei in jedem Fall hinreichend entschuldigt. Aber erst als das zuständige Ministerium die Rechtsauffassung des Bürgerbeauftragten unterstützte, erhielt die Betroffene neun Monate nach der Kürzung einen Abhilfebescheid und eine entsprechende Nachzahlung, worüber die Petentin den Bürgerbeauftragten informierte. Vom Landkreis erhielt der Bürgerbeauftragte keine Abschlussnachricht.
Abschiebung von integrierten Asylbewerbern
Mehrfach wurde die vollzogene oder drohende Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern, insbesondere aus der Ukraine und Albanien, thematisiert. Hierbei wiesen die Petenten darauf hin, dass sich diese Asylbewerber während des teilweise jahrelangen Asylverfahrens bereits integriert, deutsch gelernt, eine Arbeit und eine eigene Wohnung gefunden hätten und ihre Kinder erfolgreich Schulen besuchten. Die Petenten kritisierten, dass diese Integrationsbemühungen der Betroffenen nicht bei der Entscheidung der Ausländerbehörden berücksichtigt würden. Der Bürgerbeauftragte musste in diesen Fällen darauf hinweisen, dass abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise verpflichtet sind und ihnen gemäß der strikten Regelung in § 10 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz grundsätzlich kein anderer Aufenthaltstitel ausgestellt werden darf. Lediglich in besonders begründeten Härtefällen kann z.B. eine Duldung erfolgen.
Doch Schalldämpfer für Revierförster
Der Petent ist im Landesforstdienst tätig und übt als Revierleiter beruflich die Jagd aus. Die Landesforstanstalt hat zum Schutz vor Lärmschädigungen ihrer Mitarbeiter durch Dienstanweisung die Verwendung von Schalldämpfern an Jagdwaffen für Berufsjäger geregelt und unterstützt diese durch Gewährung eines finanziellen Ausgleichs.
Die nach dem Waffengesetz notwendige Erlaubnis zum Besitz und zur Nutzung eines Schalldämpfers muss jeder Jäger bei der unteren Waffenbehörde seines Landkreises beantragen. Der Petent stellte einen solchen Antrag. Der Landkreis versagte die Genehmigung. Der Petent habe kein Bedürfnis im Sinne des Waffengesetzes nachgewiesen, da insbesondere noch keine Schädigung seines Gehörs vorliege. Er wurde auf die mögliche Nutzung von elektronischen „In-Ear-Gehörschutzstopfen“ verwiesen. Für diese erhält der Petent jedoch keine finanzielle Unterstützung durch die Landesforstanstalt. Auch ist die Anwendung wegen der Dämmung des gesamten Gehörs umstritten, da Jäger auch auf die akustische Wahrnehmung der Umgebung angewiesen sind.
Eine einheitliche Regelung für Mecklenburg-Vorpommern bestand für diese Fälle nicht; jede untere Waffenbehörde hat bisher eigenständig entschieden. Auf Nachfrage des Petenten bei anderen Landkreisen und kreisfreien Städten erhielt er die Auskunft, dass Genehmigungen von Schalldämpfern für Revierförster und Berufsjäger unkompliziert erteilt und von den dort ansässigen Kollegen wegen des vorsorglichen Gesundheitsschutzes umfänglich genutzt würden.
Dies entspricht der Rechtspraxis in vielen Bundesländern, in denen nach den landesrechtlichen Erlassen die Genehmigungen regelmäßig zu erteilen sind, wie der Bürgerbeauftragte feststellen konnte. Dort wird neben dem Gesundheitsschutz des Jägers auch die allgemeine Lärmminderung für die Allgemeinheit berücksichtigt. Diese Interessen überwiegen nach dortiger Ansicht die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zumal auch das Bundeskriminalamt keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verwendung von Schalldämpfern für Jagdlangwaffen hege.
Zur Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung sollte eine einheitliche Rechtsanwendung im gesamten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern erreicht werden. Der Bürgerbeauftragte regte deshalb beim zuständigen Innenminister eine landesweite Regelung im Erlasswege an.
Dieser teilte hierzu mit, dass unter Berücksichtigung der Regelungen zum Gesundheitsschutz und Gesichtspunkten des Tierschutzes sowie der Verringerung der Lärmbelastung der nichtjagenden Bevölkerung der Einsatz von Schalldämpfern durch alle Berufs- und Freizeitjäger zu befürworten sei. Durch das persönliche Interesse des Jagenden an einer Reduzierung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei ein Bedürfnis im Sinne des Waffengesetzes nachgewiesen.
Durch eine an die unteren Waffenbehörden gerichtete einheitliche Handlungsanweisung solle eine landesweit einheitliche Handhabung erreicht werden. Der Erlass wird voraussichtlich zu Beginn des zweiten Quartals 2017 ergehen.
Hausbesuche bei Alters- und Ehejubilaren
Der Ministerpräsident ehrt langjährig verheiratete Ehepaare sowie Bürger ab dem 90. Lebensjahr mit einer Glückwunschurkunde und bei bestimmten Jubiläen auch mit einem Geldgeschenk. Diese Aufgabe wurde durch eine Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums auf die Kommunalverwaltungen übertragen.
Im November 2015 fragte ein Bürger an, ob die hierin getroffene Regelung, dass die Glückwunschurkunden und gegebenenfalls die Geldgeschenke in der Wohnung der Jubilare zu übergeben seien, mit der grundgesetzlichen Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung vereinbar sei. Als er in seinem Fall eine Übergabe des Geschenks in seiner Wohnung abgelehnt habe, sei ihm von der Verwaltung mitgeteilt worden, dass er dann gar kein Geldgeschenk erhalte. In einem entsprechenden Schreiben zur Ankündigung des Besuches habe es geheißen: „Wünschen Sie keinen Besuch, ist leider auch die Übergabe des Geldgeschenks nicht möglich.“ Erst als er sich beim Ministerpräsidenten beschwert habe, sei ihm das Geldgeschenk auf sein Konto überwiesen worden.
Der Bürgerbeauftragte wies darauf hin, dass die entsprechende Vorschrift so formuliert sei, dass „regelmäßig“ eine persönliche Übergabe in der Wohnung des Jubilars erfolgen solle. Dieser juristische Begriff bedeute, dass diese Form der Übergabe angestrebt werde, aber auch Ausnahmen möglich seien. Nach Rücksprache mit der Stadt stellte sich auch heraus, dass es zu einem Missverständnis gekommen war. An einem anderen Tag wäre nämlich durchaus eine persönliche Übergabe möglich gewesen. Der Petent wollte dennoch eine grundsätzliche Klärung.
Der Bürgerbeauftragte wandte sich an das Innenministerium und bat um Überprüfung. Er wies darauf hin, dass er auch von einem Verwaltungsmitarbeiter einer anderen Kommune, der regelmäßig solche Glückwünsche und Geschenke zu überbringen hatte, von Schwierigkeiten in der Umsetzung der Regelung erfahren habe. Immer wieder erhalte man keinen Zutritt zur Wohnung. Ursachen hierfür seien z.B. längerfristige Abwesenheiten bei Krankenhaus- oder Kuraufenthalten, aber auch Misstrauen gegenüber unbekannten Personen. Teilweise könnten auch Schamgefühle aufgrund der Lebenssituation der Jubilare eine Rolle spielen. Der Bürgerbeauftragte schlug daher vor, die Verwaltungsvorschrift dahingehend zu ergänzen, dass auf Wunsch der Jubilare Glückwünsche auch postalisch übermittelt und das Geldgeschenk überwiesen werden könne.
Das Ministerium lehnte aber eine solche Vorgehensweise ab, da der persönliche Besuch bei den Jubilaren der Besonderheit des Jubiläums Rechnung tragen und der Wertschätzung des Jubilars Ausdruck verleihen solle. Eine Anonymisierung des Verfahrens und Reduzierung auf einen unpersönlichen Zahlungsvorgang entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Ehrungen. Allerdings wolle der Minister hierzu ein klarstellendes Rundschreiben an die ausführenden Kommunen versenden.
Das Ministerium hat zum Jahresende 2016 die ausführenden Verwaltungen darauf hingewiesen, dass am Grundsatz der persönlichen Übergabe festgehalten werden solle. In Fällen, in denen aber Jubilare den Zutritt zur Wohnung verweigerten, solle durch rechtzeitige und ausreichende Kommunikation sowie durch sensiblen Umgang mit den Bedenken und Wünschen der Jubilare eine gleichwertige Lösung gefunden werden. Denkbar wäre ein Ausweichen auf andere Orte, wie z.B. die Wohnung der Kinder oder eine Gaststätte bei einer Jubiläumsfeier. Eine persönliche Ehrung solle nur entfallen, wenn der Sinn der Ehrung am gesundheitlichen Zustand des Jubilars oder an dessen ausdrücklicher Ablehnung scheitert. Demnach wäre ausnahmsweise auch eine postalische Übersendung der Glückwünsche und eine Überweisung des Geldgeschenks zulässig.
Befragungen zum Mikrozensus führen zu Verunsicherung
Die gesetzlich vorgeschriebenen Mikrozensus-Befragungen durch das Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern stoßen bei manchen Bürgern auf Kritik. Einige Befragte hatten Zweifel an der Zulässigkeit, andere an der Wahrung der Anonymität, wieder andere fühlten sich durch die Befragung und die Androhung von Ordnungsgeldern an die Überwachung durch die „Stasi“ erinnert.
In einem Fall kritisierte ein Bürger eine mangelnde Erkennbarkeit amtlichen Handelns. Ein Aufforderungs- bzw. Ankündigungsschreiben, als Kopie erkennbar und ohne Unterschrift, ließ bei ihm Zweifel aufkommen, dass eine Behörde so vorgehen würde, um in seine „Privatsphäre einzudringen“. Eine ehrenamtliche Beauftragte, die später zur Befragung vorsprach, schien ihm nicht glaubwürdig. Der Bürger verweigerte den Zutritt und die Auskunft. Zur Sicherheit erkundigte er sich bei der örtlichen Amtsverwaltung, wo man ihm mitteilte, dass er an der Haustür keine Auskunft über sich geben müsse.
Wenig später erhielt er einen – nun erkennbar – förmlichen Bescheid des Statistischen Amtes. Wegen der Auskunftsverweigerung werde er schriftlich befragt. Hierzu wurde eine recht kurze Frist von 14 Tagen gesetzt und ein Zwangsgeld bei Nichteinhaltung der Frist in Höhe von 200 Euro angedroht. Hierdurch fühlte er sich mit Blick auf das Vorgehen der Beteiligten ungerecht behandelt, nicht zuletzt auch auf Grund der Auskunft des örtlichen Amtes. Er bat den Bürgerbeauftragten um Unterstützung.
Die Forderungen des Statistischen Amtes nach Auskunft im Rahmen der amtlichen Haushaltsbefragung entsprechen der Rechtslage nach dem Mikrozensusgesetz, aber der geschilderte tatsächliche Ablauf war Anlass, das Anliegen aufzugreifen. Die Befragten sollen sicher sein, dass die befragenden Personen berechtigt und sie selbst zur Auskunft verpflichtet sind. Fristen sollten so gewählt werden, dass sie angemessen sind und den Betroffenen die Möglichkeit geben, sich auch beraten zu lassen.
Der Bürgerbeauftragte legte dies dem Statistischen Amt dar. Er verwies auf die Ankündigung der Haushaltsbefragung ohne Unterschrift und schilderte die Zweifel des Petenten auch auf Grund der unzutreffenden Auskunft durch das örtliche Amt. Auch die Kritik an der kurzen Antwortfrist (zwei Wochen) wurde dargelegt. Für den Einzelfall wurde um eine Fristverlängerung gebeten. Der Petent sollte so die Möglichkeit erhalten, nach der Aufklärung über die tatsächliche Rechtslage, die recht umfängliche Auskunft geben zu können, ohne dass ein Zwangsgeld fällig wird.
Das Statistische Amt verteidigte in seiner Antwort den Ablauf im Einzelfall, räumte aber ein, dass die Zweifel an der Amtlichkeit des Ankündigungsschreibens ausgeräumt werden sollten. Diese würden zukünftig mit einer elektronischen Unterschrift versehen. Hinsichtlich der Frist wurde für den Einzelfall die Verlängerung gewährt. Einen generellen Änderungsbedarf bei der Wahl der Frist sah man aber nicht, diese sei zumutbar. Der jeweilige Bürger könne sich auf Grund der Vorgeschichte darauf einstellen, dass nach einer Auskunftsverweigerung eine Befragung per Bescheid erfolgen würde.
Der Petent erteilte dann die Auskunft. Er gab aber in seiner Rückmeldung an den Bürgerbeauftragten zu verstehen, dass man im Zeitalter oft krimineller Haustürgeschäfte von einem unangekündigten Besuch an der Wohnungstür absehen sollte. Er schlägt vor, dass Auskunftspflichtige mit der Post ein (erkennbar) amtliches Schreiben erhalten sollten, in dem der Sinn und Zweck des Vorhabens auch besser erläutert wird. Dort sollte die Möglichkeit eröffnet werden, Kontakt zu einem sachkundigen Mitarbeiter aufzunehmen. Nach wie vor sieht der Bürgerbeauftragte die Antwortfrist als zu kurz an.
Bewegliche Wahlvorstände: Lösung für den ländlichen Raum?
Zu den Wahlen im Jahr 2016 erreichten den Bürgerbeauftragten nur wenige Petitionen. Thematisiert wurden hierbei die sichere Aufbewahrung von Briefwahlunterlagen in den Kommunalverwaltungen sowie die Notwendigkeit von Wahlschablonen für Sehbehinderte bei einer Kommunalwahl.
Ende Juli beklagte sich ein Petent, dass es in seinem Dorf zur Landtagswahl kein Wahllokal mehr geben solle. Die Mehrheit der Einwohner sei hierüber empört und drohe mit einem Boykott der Wahl. Auch an der Briefwahl wollten sie nicht teilnehmen, weil diese zu kompliziert sei. Der Petent bat daher um Unterstützung, ob nicht wenigstens ein beweglicher Wahlvorstand gemäß § 12 Abs. 6 Landes- und Kommunalwahlordnung eingerichtet werden könne. Ein solcher Wahlvorstand sucht einen oder mehrere Orte auf, um dort für einen überschaubaren Zeitraum (ein bis zwei Stunden) die Möglichkeit zur Stimmabgabe zu bieten.
Der Bürgerbeauftragte wandte sich telefonisch an den Gemeindewahlleiter. Dieser sah keine Notwendigkeit für die Errichtung eines Wahlraums, da das Dorf nur ca. fünf Kilometer von der nächstgrößeren Siedlung entfernt liege, wo sich dann ein solcher Wahlraum befinden werde. Im Übrigen seien die Fristen für die Anmeldung der Wahlräume bereits abgelaufen. Eine Notwendigkeit für einen beweglichen Wahlvorstand sah er ebenfalls nicht.
Daraufhin richtete der Bürgerbeauftragten ein Schreiben an den Amtsvorsteher mit der Bitte um Prüfung, ob nicht ein beweglicher Wahlvorstand eingerichtet werden könne. Dies sei zulässig, wenn der Wahlraum nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erreichbar ist. Hierbei bat der Bürgerbeauftragte um eine bürgerfreundliche Ausnutzung des Beurteilungsspielraums.
Das Amt lehnte einen solchen Wahlvorstand ab. Zwar gebe es in der Gemeinde Fahrwege zum Wahlraum von 2 bis 15 Kilometern. Dies sei aber auch darin begründet, dass zur Wahrung des Wahlgeheimnisses keine Wahlräume eingerichtet werden sollten, bei denen voraussichtlich weniger als 70 Wähler ihre Stimme abgeben würden. Bei den betroffenen Gemeinden sei eine solche geringe Stimmenzahl aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit zu befürchten. Der bisherige Wahlraum sei nicht barrierefrei, zudem würden die Einwohner verstärkt die Briefwahl nutzen. Es werde auch immer schwieriger, ohne Zwang Wahlhelfer zu finden. Insgesamt gesehen sei die Nutzung der gegebenen Möglichkeiten für die Teilnahme an der Wahl zumutbar.
Das ebenfalls angeschriebene Innenministerium wies darauf hin, dass es in seiner Verwaltungsvorschrift zur Wahl empfohlen habe, bei der Bildung von Wahlbezirken die Möglichkeit von beweglichen Wahlvorständen sogleich mit zu berücksichtigen. Möglichkeiten der unmittelbaren Einflussnahme bestünden jedoch für das Ministerium nicht. Insofern blieb es letztlich dabei, dass in dem betroffenen Ortsteil weder ein Wahlraum eingerichtet noch ein beweglicher Wahlvorstand eingesetzt wurde.
Der Bürgerbeauftragte hält es für wichtig, allen Bürgern, auch denen im ländlichen Raum, zu ermöglichen, in annehmbarer Entfernung einen Wahlraum aufzusuchen. Allerdings ist die Zahl der Wahlräume seit der letzten Wahl um über 200 auf knapp 1.700 verringert worden. Gerade in kleineren Gemeinden gibt es sonntags kaum noch einen öffentlichen Personennahverkehr, was die Erreichbarkeit der Wahlräume im nächstgrößeren Ort beeinträchtigt, teilweise sogar verhindert. Die Briefwahl ist zwar eine Alternative, die aber aufgrund der notwendigen Anforderung der Unterlagen sowie der hierbei zu beachtenden Formvorschriften gerade für ältere Bürger eine Hürde darstellt. Deswegen sollten die Wahlleiter bei den kommenden Wahlen verstärkt bemüht sein, bewegliche Wahlvorstände einzurichten, wenn keine Wahlräume angeboten werden können. Der Bürgerbeauftragte begrüßt Ankündigungen, dass jedenfalls in einzelnen Amtsbereichen doch wieder mehr Wahlräume eingerichtet werden sollen.